Der ALGII-/Bürgergeld-Thread
04.05.2005 um 04:35Anwaltstag in Dresden. Juristen diskutieren über »Hartz IV«, Abschiebungshaft, Menschenrechte und Rechtsextremismus. Kostenfreie Beratung auf dem Marktplatz
Der 56. Deutsche Anwaltstag wird von Donnerstag bis zum 7. Mai 2005 in Dresden unter dem Leitmotto: »Anwaltschaft – ein starker Beruf« stattfinden. Auf der Agenda stehen aber nicht nur Insider-Fragen wie der Stand der Justizreform oder das Rechtsdienstleistungsgesetz, berufsspezifische Themen wie »Der Anwalt als Unternehmer« oder diverse Workshops, sondern auch eine ganze Reihe allgemein interessierender Themen aus der Rechtspolitik.
Schwerpunkt Sozialrecht
So befassen sich die Juristen mit den Auswirkungen von »Hartz IV« und den Regelungen über Verbraucherinsolvenz. Gerade die praktische Umsetzung von »Hartz IV« hat viele Menschen in existentielle Nöte gestürzt. Jeder, der Antwort auf sozialrechtliche Fragen braucht, kann sich am 7. Mai von 10 bis 14 Uhr auf dem Altmarkt in Dresden kostenfrei von Rechtsanwälten beraten lassen. Dies betrifft nicht nur »Hartz IV«, sondern beispielsweise die Arbeitslosenversicherung, das Rentenrecht oder die gesetzliche Unfallversicherung – kurz gesagt, alle Bereiche des Sozialrechts. Fachkundige Auskunft wird erteilt von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Anwaltsverein DAV, in der sich bundesweit rund 640 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zusammengeschlossen haben.
Insgesamt werden 1500 Teilnehmer bei dem erstmals in Ostdeuschland stattfindenden Anwaltstag erwartet. Der Veranstaltungsort Dresden, wo die NPD im Landtag sitzt, und der Zeitpunkt unmittelbar vor dem 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus machen es unausweichlich, daß der Anwaltstag Position bezieht in der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. In einer vorweg veröffentlichen Pressemitteilung erklärt der Deutsche Anwaltverein, es mache aus anwaltlicher Sicht wenig Sinn, immer wieder über neue repressive Maßnahmen wie Parteiverbote oder Verschärfungen des Versammlungs- und des Strafrechtes nachzudenken. Aber gerade auch die Anwaltschaft müsse sich für Rechtsstaatlichkeit und Toleranz einsetzen und das Bewußtsein für diese Grundsätze wieder stärken. »Im vorpolitischen Bereich ist ausländerfeindliches, antisemitisches und staatlich-autoritäres Gedankengut weit verbreitet.«, betont der DAV.
Von höchster Aktualität ist die für Freitag nachmittag angekündigte kritische Analyse zum Thema »Abschiebungshaft und Rechtsstaat«. Es ist ein Skandal, daß sich nach sieben Jahren SPD/Grünen-Koalition die Situation in den Abschiebknästen um kein Jota entschärft hat. Alle diesbezüglichen Wahlversprechungen wurden gebrochen. In nächster Zeit steht eine neue Abschiebungswelle bevor, wenn die vom Hamburger Innensenator Udo Nagel vorbereiteten Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan bundesweit umgesetzt werden. Zudem ist laut einer Pressemitteilung von Pro Asyl am Dienstag erst jetzt bekannt geworden, daß ab Mai 2005 mit der »zwangsweisen Rückführung« von Minderheiten aus dem Kosovo, die bislang vor Abschiebung sicher waren, begonnen werden soll. Noch im März 2005 hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Sicherheitslage in der serbischen Provinz als »zerbrechlich und unberechenbar« bezeichnet.
Schwerpunkt Überwachung
Ein Beispiel für das wache Auge, das der Deutsche Anwaltverein auf die Politik richtet, ist seine soeben veröffentlichte Stellungnahme zur 3. Geldwäscherichtlinie der EU. Der DAV beobachte mit Sorge, daß durch die dort vorgesehenen verschärften Melde-, Identifizierungs- und Überwachungspflichten Rechtsanwälte automatisch zum »Spitzel gegen die Mandanten« werden. »Zu den wesentlichen Rechten des Bürgers gehört es, sich in vollem Umfang in einem unüberwachten, vertrauensvollen Gespräch mit einem Anwalt über rechtliche Situationen beraten zu lassen«, stellt der DAV klar. Es sei nicht hinnehmbar, daß unter dem Deckmantel der Geldwäschebekämpfung allgemeine polizeiliche Überwachungsinstrumentarien geschaffen werden sollen, um auch andere Straftaten besser ahnden zu können, kritisierte DAV-Vorstandsmitglied Ulrich Sommer.
Große praktische Bedeutung gerade für Tausende Frauen wird die geplante Reform des Unterhaltsrechts haben. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will auf grundlegende gesellschaftliche Veränderungen reagieren und gewandelte Wertevorstellungen aufgreifen. Dahinter verbirgt sich eine stärkere »Selbstverantwortung« der Ehepartner nach Trennungen oder Scheidungen. Was sich in der Theorie logisch anhört, könnte in der Praxis auf eine massive ökonomische Benachteiligung der Frauen aufgrund abgesenkter Unterhaltsbeträge hinauslaufen. Schon jetzt müssen nicht verheiratete Mütter spätestens ab dem dritten Lebensjahr des Kindes ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Der Anwaltstag befaßt vor allem mit dem Aspekt, ob die Kinder bei der bevorstehenden Reform draufzahlen werden.
Der 56. Deutsche Anwaltstag wird von Donnerstag bis zum 7. Mai 2005 in Dresden unter dem Leitmotto: »Anwaltschaft – ein starker Beruf« stattfinden. Auf der Agenda stehen aber nicht nur Insider-Fragen wie der Stand der Justizreform oder das Rechtsdienstleistungsgesetz, berufsspezifische Themen wie »Der Anwalt als Unternehmer« oder diverse Workshops, sondern auch eine ganze Reihe allgemein interessierender Themen aus der Rechtspolitik.
Schwerpunkt Sozialrecht
So befassen sich die Juristen mit den Auswirkungen von »Hartz IV« und den Regelungen über Verbraucherinsolvenz. Gerade die praktische Umsetzung von »Hartz IV« hat viele Menschen in existentielle Nöte gestürzt. Jeder, der Antwort auf sozialrechtliche Fragen braucht, kann sich am 7. Mai von 10 bis 14 Uhr auf dem Altmarkt in Dresden kostenfrei von Rechtsanwälten beraten lassen. Dies betrifft nicht nur »Hartz IV«, sondern beispielsweise die Arbeitslosenversicherung, das Rentenrecht oder die gesetzliche Unfallversicherung – kurz gesagt, alle Bereiche des Sozialrechts. Fachkundige Auskunft wird erteilt von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Anwaltsverein DAV, in der sich bundesweit rund 640 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zusammengeschlossen haben.
Insgesamt werden 1500 Teilnehmer bei dem erstmals in Ostdeuschland stattfindenden Anwaltstag erwartet. Der Veranstaltungsort Dresden, wo die NPD im Landtag sitzt, und der Zeitpunkt unmittelbar vor dem 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus machen es unausweichlich, daß der Anwaltstag Position bezieht in der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. In einer vorweg veröffentlichen Pressemitteilung erklärt der Deutsche Anwaltverein, es mache aus anwaltlicher Sicht wenig Sinn, immer wieder über neue repressive Maßnahmen wie Parteiverbote oder Verschärfungen des Versammlungs- und des Strafrechtes nachzudenken. Aber gerade auch die Anwaltschaft müsse sich für Rechtsstaatlichkeit und Toleranz einsetzen und das Bewußtsein für diese Grundsätze wieder stärken. »Im vorpolitischen Bereich ist ausländerfeindliches, antisemitisches und staatlich-autoritäres Gedankengut weit verbreitet.«, betont der DAV.
Von höchster Aktualität ist die für Freitag nachmittag angekündigte kritische Analyse zum Thema »Abschiebungshaft und Rechtsstaat«. Es ist ein Skandal, daß sich nach sieben Jahren SPD/Grünen-Koalition die Situation in den Abschiebknästen um kein Jota entschärft hat. Alle diesbezüglichen Wahlversprechungen wurden gebrochen. In nächster Zeit steht eine neue Abschiebungswelle bevor, wenn die vom Hamburger Innensenator Udo Nagel vorbereiteten Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan bundesweit umgesetzt werden. Zudem ist laut einer Pressemitteilung von Pro Asyl am Dienstag erst jetzt bekannt geworden, daß ab Mai 2005 mit der »zwangsweisen Rückführung« von Minderheiten aus dem Kosovo, die bislang vor Abschiebung sicher waren, begonnen werden soll. Noch im März 2005 hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Sicherheitslage in der serbischen Provinz als »zerbrechlich und unberechenbar« bezeichnet.
Schwerpunkt Überwachung
Ein Beispiel für das wache Auge, das der Deutsche Anwaltverein auf die Politik richtet, ist seine soeben veröffentlichte Stellungnahme zur 3. Geldwäscherichtlinie der EU. Der DAV beobachte mit Sorge, daß durch die dort vorgesehenen verschärften Melde-, Identifizierungs- und Überwachungspflichten Rechtsanwälte automatisch zum »Spitzel gegen die Mandanten« werden. »Zu den wesentlichen Rechten des Bürgers gehört es, sich in vollem Umfang in einem unüberwachten, vertrauensvollen Gespräch mit einem Anwalt über rechtliche Situationen beraten zu lassen«, stellt der DAV klar. Es sei nicht hinnehmbar, daß unter dem Deckmantel der Geldwäschebekämpfung allgemeine polizeiliche Überwachungsinstrumentarien geschaffen werden sollen, um auch andere Straftaten besser ahnden zu können, kritisierte DAV-Vorstandsmitglied Ulrich Sommer.
Große praktische Bedeutung gerade für Tausende Frauen wird die geplante Reform des Unterhaltsrechts haben. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will auf grundlegende gesellschaftliche Veränderungen reagieren und gewandelte Wertevorstellungen aufgreifen. Dahinter verbirgt sich eine stärkere »Selbstverantwortung« der Ehepartner nach Trennungen oder Scheidungen. Was sich in der Theorie logisch anhört, könnte in der Praxis auf eine massive ökonomische Benachteiligung der Frauen aufgrund abgesenkter Unterhaltsbeträge hinauslaufen. Schon jetzt müssen nicht verheiratete Mütter spätestens ab dem dritten Lebensjahr des Kindes ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Der Anwaltstag befaßt vor allem mit dem Aspekt, ob die Kinder bei der bevorstehenden Reform draufzahlen werden.