Flüchtlinge und Migration allgemein
01.09.2015 um 16:44
Das ist schon lustig. Da wollte ich vor einiger Zeit schon so einen Thread erstellen und habe extra bei der Moderation angefragt, ob das klar geht und wurde abgekanzelt. Nein, böse bin ich nicht. Aber ich muss doch zugeben, dass ich erwartet hatte, dass so ein Thread erstellt wird.
Nun, ich empfinde die derzeitigen Debatten häufig auch zu stark ideologie-geprägt. Die Diskurse verlieren an Sachlichkeit. Auf der einen Seite sind die Überverständnisvollen, die offensichtlich jeden 'Flüchtling' hier nach Deutschland reinlassen wollen und auf der anderen Seite die Rechtsextremen, die Gewalt und Terror gegen Menschen einsetzen, vor Asylheimen demonstrieren und den Mob gezielt aufwiegeln.
Was fehlt, ist häufig, wie erwähnt, Sachlichkeit. Die Flüchtlingsproblematik ist ein globales Thema und hat verschiedene Ursachen - dahinter stehen teils komplexe Kausalketten. Das langfristig-strategische Ziel muss natürlich sein, in den Herkunftsländern Frieden zu schaffen. Dass aber kann nur langfristig und global gelöst werden. Außerdem ist der Einfluss eines einzelnen Staates und selbst der EU begrenzt, sodass das nur ein nebenherlaufender Prozess sein kann, der aktuell keine Probleme löst. Selbstverständlich ist dieses utopische Ziel dennoch auch das mit Abstand wichtigste.
Konzentrieren wir uns auf die Maßnahmen, die eher taktischer Natur sind, dann bleibt festzuhalten, dass die EU umgehend hart durchgreifen muss. Die Mitgliedsstaaten müssen sich an Regeln halten. Es müssen verbindliche Verteilungsschlüssel gelten, z.B. nach Größe und Wirtschaftskraft des jeweiligen Staates. Zudem müssen die Peripherie-Staaten besonders stark unterstützt werden, denn dort betreten die Flüchtlinge die EU.
Sollte das alles nicht geschehen, können nur die Nationalstaaten selbst durchgreifen. Ob man dann wieder Grenzkontrollen einführt oder Asyl -und Abschiebeverfahren schneller umsetzt, bleibt dabei die Frage. Letzteres befürworte ich ausdrücklich. Es kann nicht sein, dass Menschen teilweise 15 Monate hier in Deutschland weilen, bevor sie dann abgeschoben werden oder den Asylstatus erhalten. Das ist für niemanden gut. Zumal abgelehnte Flüchtlinge in Deutschland sogar noch vor's Gericht ziehen können, weswegen das alles noch länger dauern kann.
Niemand lebt gerne in Lagern und gammelt Monate lang rum, ohne arbeiten gehen zu können und darauf zu warten, ob er hier bleiben kann oder nicht. Gerade für Familien ist das eine Odyssee. Auf der anderen Seite werden eben auch viele Ressourcen für diejenigen verbraucht, die kein Asylgrund haben. Das kann einfach nicht Sinn der Sache sein.
Auf der individuellen Ebene halte ich es für ehrbar, wenn man sich aktiv für Flüchtlinge einsetzt. Denen mit Hass und Ablehnung zu begegnen die u.U. vor Krieg geflüchtet sind, wird der Bevölkerung eines demokratischen Rechtsstaates nicht gerecht. Deshalb sind diejenigen, die Hetze verbreiten und Straftaten begehen mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu verfolgen - aber auch mit Mitteln des friedlichen Protestes. Selbstverständlich gelten diese Regeln des Rechtsstaates für alle - für Flüchtlinge ebenso wie für Linke, Rechte, Mittlere oder sonst wen. Das muss klar sein.
Was mich persönlich an manchen Diskussionen stört, ist, dass man versucht, einen Keil zwischen West und Ost zu hauen. Das hilft in dieser Situation nicht weiter. Der Osten hat in der Tat größere Probleme mit Rechtsextremismus, jedoch gibt es hier im Westen ebenfalls Anschläge auf Asylheime oder Wohnungen von Asylanten. Es gibt auch hier rechtsextreme Szenen und Hochburgen. Man sollte sicher diese Unterschiede miteinbeziehen, aber man sollte nicht irgendwie versuchen, so eine Art Gutes Deutschland - Schlechtes Deutschland in die Köpfe zu ballern. Ist meine Meinung.
Ich bin momentan leider wenig optimistisch, dass diese Problematik sinnvoll angegangen wird. Es gibt zwar hier und da vernünftige Forderungen, aber ich befürchte, dass die Nationalstaaten immer mehr selbst entscheiden werden - und das kann man beispielsweise im Fall von Griechenland auch nachvollziehen. Die Konflikte scheinen auch nicht abzukühlen, sondern im Gegenteil: Aufzuflammen. Und das wird zukünftig durch viele Entwicklungen auch nicht weniger werden.
Man muss jetzt Nägeln mit Köpfen machen, sonst wird die EU durch die Flüchtlingsproblematik sowie durch andere Krisen wie die Euro-Krise weiter auseinanderfallen.