@canales Die Regelung, dass neu Eingereiste nur für 3 bis 6 Monate Sozialhilfe beziehen können, gibt es erst seit Anfang des Jahres und nur für danach angekommene. Davor konnte man nach drei Monaten unbegrenzt Sozialhilfe beantragen. Es kann sein, dass das gegen EU Recht verstößt.
Die 4-Jahres-Sperrfrist war nur für bestimmte Sozialleistungen (etwa "Hartz 4 Aufstockung für Geringerverdiener") gedacht. Cameron hat das durchsetzen wollen, um damit das Referendum zu gewinnen. Die EU hat das aber auch nur teillweise bewilligt, statt dessen soll phasenweise bezahlt werden (im ersten Jahr keine Zusatzhilfe, ab dem zweiten Jahre etwas weniger als Standard). Rechtsgrundlage war die emergency brake Klausel. Es war eine temporäre Maßnahme, die (ich glaube) auf 7 Jahre befristet war.
Da das Referendum verloren ging, ist der Deal durchgefallen. Mein Eindruck ist, die EU ist jetzt zu etwas mehr Zugeständnissen bereit, zumal England bei dem wahrscheinlichen Norwegen-Deal das Mitspracherecht verliert. Also das wäre keine attraktive Option für andere EU-Länder. Aber alles was denkbar ist (und es kann wirklich nur um Sozialhilfeleistungen für neu Hinzugekommene gehen) kann nur temporär sein. Wie Norwegen kann England aber das Recht bekommen, Sozialhilfe erst dann zu zahlen, wenn man mind. 1 Jahr in England gearbeitet hat.
Mehr wird nicht drin sein, und das UK steht mit dem Rücken zur Wand. Das Referendum war ein Beinschuss. Sollte Norwegen nicht einverstanden sein (zumindest sind sie derzeit etwas zickig), kann man auch von einem Kopfschuss reden.
@Dogmatix MW ist es in Europa schwierger, in Drittländern herzustellen, da die rules of origin viel strenger sind und die CE Normen erfüllt werden müssen. Letztere regelt die EU. Nicht immer geschickt ("Gurkenregel"). Selbst wenn England komplett rausfliegt, müssen sie sich aber weiterhin daran halten, zumindest bei den Exportprodukten (und die EU ist der größte Abnehmer, Australien viel zu klein, und China und Indien haben kein Interesse an teuren Produkten).
Die Leute, die für den Brexit gestimmt haben, haben alle keine Ahnung, was sie da angekreuzt haben. Für die einen ging es um Lohndumping bei niedrig qualifizierten Jobs, für viele aber unbestimmt Angst vor ISIS Terrorismus. Die wissen in aller Regel nicht, dass das UK gar nicht Teil von Schengen ist, haben vielleicht noch nie die Insel verlassen. Sie sind dann gegen offene Grenzen, wissen aber nicht, dass das UK keinen Einfluss auf Schengen hat. Andere finden, es gibt zuviele Einwanderer (überwiegend nicht-EU Einwanderung). Wieder andere finden Brüssel diktatorisch und bürokratisch. Sie wissen aber nicht, dass sie da eh nicht rauskommen und nur die Mitsprache abgeben. Andere sehnen sich zurück in die 50er, als es noch Industrie gab. Oder noch weiter zurück, als das UK noch Kolonien hatte. Für die meisten war es einfach eine Protestwahl (unbestimmte Aufzählung von Dingen, die mit der EU nicht das geringste zu tun haben.) Der Bildungsgrad ist in UK generell niedriger als z.B. in Deutschland.
Die Leavers haben durch einzelne, großenteils unverbindliche Parolen, wie "Take back control" und "We want our country back" solche grundsätzlichen Ängste geschickt kanalisiert. Eine offene Diskussion um Vor- und Nachteile oder eine Aufklärung darüber, was die EU eigentlich ist, fand nie statt.