Mittelmeerflüchtlinge und Schleuser
23.04.2015 um 18:02
Nochmal zum Thema, weil mich ein User fragte, was uns (in Europa/Deutschland) Mittelmeerflüchtlinge angingen, möchte ich auch hier eine Antwort schreiben, vielleicht interessiert das auch andere:
Ich denke, es gibt mehrere Gründe, warum wir nicht so tun sollten, als könnten uns die Flüchtlinge egal sein:
Zu entscheidenden Teilen sind europäische, deutsche und generell ,,westliche Unternehmen" und Regierung, ebenso in einem gewissen Maße auch die ,,gewöhnlichen Bürger", mitschuldig an den Gründen für die Flucht der Menschen. Seien die Gründe nun Armut, Korruption, Krieg oder Verfolgungen.
Warum? Unser Wohlstand basiert entscheidend auf der Armut und Übervorteilung in anderen Teilen der Welt, auch Afrikas. Die Unternehmen interessiert vor allem Gewinn. Die Verbraucher in Deutschland und Europa interessiert vor allem, dass sie möglichst viele Produkte möglichst billig bekommen.
Die Unternehmen lösen diesen scheinbaren Widerspruch, indem sie den Arbeitern in XY-Land in Afrika für ihre Arbeit oft sehr geringe Löhne zahlen. Indem sie sich nicht um Arbeitsschutzmaßnahmen, Schutz vor Kinderarbeit, Umweltauflagen oder sonstwas kümmern, wie sie es in Europa machen müssten, senken sie extrem ihre Kosten. Sie wenden auch Maßnahmen wie Bestechung lokaler und nationaler Machthaber an, damit die schön wegschauen bei geringen Löhnen oder miesen Verhältnissen für die Arbeit.
Die Arbeiter in vielen Ländern erhalten für harte, anstrengende Arbeit Löhne, bei denen würde man in Deutschland die Arbeitgeber verklagen wegen Beleidigung und keinen Finger rühren.
Damit aber nicht genug, hinzu kommen schwere, körperliche Folgen, Umweltschäden, die sich ebenfalls negativ auf das Umfeld der Menschen auswirken. Weiterhin kommen andere Unternehmen auf die Idee, in einer ganzen Reihe afrikanischer Länder die lokale Konkurrenz aus dem Geschäft zu drängen, was zum Beispiel Lebensmittel angeht, indem sie Lebensmittel zu Dumpingpreisen einführen.
Früher konnten sich die Menschen selbst versorgen, ebenso, wie ihr Land. Heute ist es billiger, Reis oder Weizen oder Fleisch aus dem Ausland einzuführen, als es im Land selbst produzieren.
Auch das steigert wieder Armut und Abhängigkeit der Bevölkerung, Abhängigkeit vom Ausland und von Europa und Amerika.
Ein anderer Punkt ist die Tatsache, die bekannt sein dürfte, wenn man am Lauf der Welt interessiert ist und die sicher keine Verschwörungstheorie, sondern erwiesen ist, dass es für die westliche Welt ziemlich relativ ist, wer einen gemeinen Diktator darstellt, Menschenrechtsverletzungen begeht, korrupt und autoritär ist usw.
Gaddafi, Saddam Hussein, Idi Amin, die Taliban und zahlreiche, weitere Herrscher waren mal gute Kumpels diverser, europäischer Staaten und Amerikas. Solange es ,,unseren Interessen" diente, interessierte es die europäischen und die Vereinigten Staaten von Amerika herzlich wenig, wenn diese Herrscher ihr Volk knechteten.
Das gilt auch heute noch, auch heute stützt der Westen zweifelhafte Regime aus unterschiedlichen Gründen, man denke nur an Saudi-Arabien und Katar.
,,Wir" halten also die Verfolger, die Diktatoren, oftmals ziemlich direkt an der Macht, muss man leider zugeben.
Schließlich will ich an diesem Punkt noch den Waffenhandel nennen: Wusstet ihr, dass Deutschland seit Jahrzehnten in der allerersten Liga der weltweiten Waffenhändler mitspielt? Nummer 3 im internationalen Waffenhandel ;)
Offiziell darf zwar nicht in Krisenregionen oder an Staaten, die Menschenrechte verletzen, verkauft werden, aber das sieht man nicht so eng, wenn die Kunden zahlungskräftig sind. Oder es wird nach der Maxime verfahren:
,,Ist doch nicht mein Problem, wenn der saudische Kunde Waffen an SEINEN Kunden XY verkauft, dem ICH nichts verkaufen darf...".
Zusammengefasst also, so weit:
Der Westen, Europa, Deutschland, wir, sind zu bedeutenden Teilen für die Fluchtgründe schwere Armut, Krieg, Gewalt, Ausbeutung, Unterdrückung mitverantwortlich.
Die Gründe, weshalb diese zahlreichen Flüchtlinge kommen. Sie fliehen vor etwas, wo wir ordentlich unsere Finger drin haben.
Die andere Seite, die ich sehe, ist:
Wir schwingen in unseren Landen immer so große Reden. Je nach Orientierung sind wir so stolz auf Humanismus, Menschenrechte oder christliches Erbe/christliche Kultur.
Grade wenn es darum geht, uns in Gegensatz zu ,,dem Islam" zu setzen, sind auf einmal alle Christen oder es ist ihnen ganz wichtig, sich auf die Grundrechte und die Menschenrechte zu berufen.
Weshalb wir keine verschleierten Frauen wollen, keine Scharia, keine Moscheen oder sonstige, islamische Inhalte.
Aber wenn es um Bedürftige geht, um Flüchtlinge - über deren Fluchtgründe habe ich ja schon geschrieben - dann gibt es ganz plötzlich sehr viel weniger Christen, sehr viel weniger Verfechter von Grund- und Menschenrechten.
Dann wird plötzlich gerufen, das Boot sei voll, die Asylanten nehmen uns die Jobs weg oder sind einfach nur faule Abzocker.
Man kann nicht Christ oder Humanist sein, wenn`s um Islam geht und eiskalt sich selbst der Nächste, wenn es darum geht, sich um Flüchtlinge und arme Menschen zu kümmern ;)
Um das so am Ende nochmal zusammenzufassen:
Ja, ich denke, wenn wir so stolz sind auf christliche oder humanistische Kultur und wenn wir in Deutschland und Europa elementar an den Gründen für die Flucht vieler Menschen beteiligt sind, dann gehen uns diese Mittelmeerflüchtlinge allerdings was an!