Für mich stellt sich die Geschichte des wiedervereinigten Deutschlands so dar, dass es drei Wellen ausländerfeindlicher Anschläge gab und dazwischen *relativ* ruhige Phasen, in denen unterdurchschnittlich viele Nicht-Biodeutsche verprügelt und totgeschlagen wurden.
Die 3 Phasen schwerer rechtsextremer Gewalttaten lassen sich aus meiner Sicht so einordnen:
• 1991–1993 - Brandanschläge auf Häuser, in denen Asylanten oder andere Ausländer lebten (Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen u.a.) und rassistische Morde
• 2005–2009 - überdurchschnittlich häufige und sehr brutale rechtsextremistische Gewalttaten, auch Morde
• 2015–… Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Flüchtlinge, vorerst noch keine Morde.
Desweiteren lässt sich feststellen, dass es eine zunehmende "Ostverlagerung" der rechtsextremen Gewalttaten gibt, und im gleichen Maße rechtsextremer Anschauungen. War die erste Gewaltwelle noch relativ gemischt zwischen West- und Ostdeutschland, so war die zweite Welle schon überwiegend ein ostdeutsches Phänomen. Die Gewalt gegen die Flüchtlinge und die Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sind ebenfalls ein primär ostdeutsches Phänomen, auch wenn es im Westen einige Regionen gibt, die sich quasi "veröstlichen" (Duisburg Maxloh, Dortmund besonders im Norden, etc.). In Sachsen erfolgte bisher ein Viertel aller fremdenfeindlichen Straftaten, obwohl die Bevölkerung nur 1/16 oder so der ganzen BRD ausmacht, d.h. bezogen auf die Bevölkerungszahl gab es dort 4x so viele neonazistische Gewalttaten wie im Durchschnitt der Republik.
Die Gidas sind ein fast ausschließlich, also typisch ostdeutsches Phänomen. Auch scheint ausländerfeindliches Gedankengut im Osten fast schon zur "Kultur" zu zählen, während es im Westen eher verpönt ist. "National befreite Zonen" gibt es meiner Kenntnis nach auch nur im Osten.
Das heißt unterm Strich: Mir scheint, dass sich der Osten immer weiter nach rechts radikalisiert und dass die Bevölkerung im Großen und Ganzen das stillschweigend toleriert.
Wenn heute Wahlen wären, käme die AfD im Osten auf 16%, im Westen "nur" auf 6 oder 7 Prozent. Da sich die Bevölkerung seit den letzten Bundes- und Landtagswahlen durch die "Flüchtlingswelle" eher weiter radikalisiert hatte, dürfte auch der Anteil der NPD-Wähler eher weiter gestiegen als zurückgegangen sein, auch wenn sich das durch den Kannibalisierungseffekt mit der AfD wiederum etwas neutralisiert. So kann man wohl feststellen, dass mindestens ein Fünftel, eher aber wohl ein Viertel der ostdeutschen Bevölkerung sehr weit rechts bis rechtsextrem tickt und damit markant höher als im Westen.
@Aldaris Aldaris schrieb:Tendenziell ist der Osten also 'islamkritischer', jedoch sind die Unterschiede zum Westen wirklich nur marginal.
Damit dürfte dein "marginales" Argument wohl für die Tonne sein.
Aldaris schrieb:Unlängst ging es beispielsweise um Zigeuner
Benutzt du den Ausdruck immer noch, sogar noch ohne Anführungszeichen?
@Fierna Fierna schrieb:Ist aber wie gesagt von 2010.
2010 war eine ziemlich "ruhige" Phase, da hatte da Land andere Probleme (Bankenkrise, Wirtschaftskrise). Aber selbst in dieser Zeit äußerten sich mehr als 3/4 der Ostdeutschen "islamkritisch" – und das 4 Jahre vor Pegida:
"Erstmals gefragt wurde, ob die Religionsausübung für Muslime in Deutschland erheblich eingeschränkt werden sollte. 58,4 Prozent stimmten dieser Aussage zu, mit dem Grundgesetz ist sie freilich nicht vereinbar. Im Westen mit 53,9 Prozent etwas weniger, im Osten mit 75,7 Prozent deutlich mehr - obwohl dort deutlich weniger Muslime leben.
Bemerkenswert ist, dass dieser Aussage selbst 55,5 Prozent derjenigen zustimmen, die rechtsextremen Aussagen ansonsten überwiegend ablehnend gegenüberstehen. Die Autoren der Studie sprechen deswegen von einem "modernen Rassismus", der an kulturellen Unterschieden ansetzt und nicht an vermeintlichen genetischen Merkmalen."
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextremismus-studie-fanatismus-auf-dem-vormarsch-a-722751.html