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Russland das Buhland... aber warum?
04.09.2014 um 00:58Mal was zu den Urlaubern:
"Mit dem Panzer fahren wir zum Angeln"http://www.spiegel.de/politik/ausland/hilfskonvoi-sitzt-im-russischen-donezk-fest-a-986359.html
Donezk gibt es gleich zweimal: Die Großstadt im Osten der Ukraine wird von russischen Separatisten gehalten und seit Tagen von Kiews Armee bombardiert. Donezk heißt auch ein Flecken im Süden Russlands. Er liegt dicht an der Grenze zum umkämpften Nachbarland - und ist Schauplatz seltsamer Szenen.
Die Sonne brennt an diesem Freitagnachmittag heiß auf das kleine Städtchen. Da biegt in die staubige Karl-Marx-Straße ein Schützenpanzerwagen ein. Er hat keine Militärnummernschilder, nur einen Aufkleber der russischen Luftlandetruppen.
Aus der Luke schaut lässig ein Kerl mit nacktem Oberkörper. Das Fahrzeug verschwindet in einer Garage. "Der gehört uns privat. Den haben wir gekauft, um zum Angeln an den Fluss zu fahren", sagt ein junger Mann, der das Tor schließt. Ja, er komme aus Moskau. Dann bittet er noch freundlich, aber bestimmt darum, alle Fotos vom Handy zu löschen.
Ein paar Hundert Meter entfernt stehen 20 Männer im Schatten der Bäume am Straßenrand, einige davon tragen Camouflage. An ihren Autos kleben Aufkleber der "Terek-Kosaken" und der russischen Luftlandetruppen. Die Nummernschilder stammen von der Krim, jener jüngsten territorialen Neuerwerbung Russlands. Der etwa 50-jährige Kommandeur trägt ein Abzeichen mit einer stilisierten Fledermaus - es weist ihn als Mitglied einer Spezialeinheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU aus. Fragen beantwortet Batman aber nicht: "Scher dich zum Teufel."
Hinweise, dass russische Grenzorte zum Transit für Kriegsgerät, Waffen und Kämpfer in die Ostukraine dienen, gab es immer wieder. In Donezk sind sie heute nicht zu übersehen.
Am Donnerstagabend hatten Reporter des "Guardian" und des "Daily Telegraph" beobachtet, wie nach Einbruch der Dunkelheit eine Kolonne von russischen Militärfahrzeugen die Grenze durch eine Bresche im Zaun in Richtung ukrainisches Territorium überquerte. Am Freitagabend meldete die ukrainische Armee, er sei auf ukrainischem Gebiet angegriffen und teilweise zerstört worden. Moskau konterte prompt: Kein Militärkonvoi sei in die Ukraine gefahren, also könne dort auch keiner zerstört worden sein.
Jedenfalls ist auf den Straßen rund um das russische Donezk derzeit viel schweres Militärgerät unterwegs: Panzer und Luftabwehrgeschütze auf Tiefladern, Spezialfahrzeuge, Truppentransporter. Wohin sie transportiert werden, ist nicht herauszufinden. Außer an den offiziellen Übergängen dürfen sich Journalisten nicht im Grenzgebiet aufhalten.
Dort ist es derweil ruhig. In Donezk und dem südlicher gelegenen Gukowo beobachten seit Ende Juli Mitarbeiter der OSZE den Grenzverkehr. Immer wieder berichten sie von Männern in Camouflage, die in beide Richtungen den Grenzübergang überqueren. Kriegsgerät und Waffen gelangen jedoch offenbar über andere, weniger bewachte Posten über die Grenze. Die ist in der Gegend ohnehin kaum befestigt und ganz leicht zu passieren. Auf dem ukrainischen Territorium gegenüber stehen zudem schon seit Monaten keine Kiewer Truppen mehr, sondern prorussische Kämpfer.
Lebensmittel gebe es noch ausreichend, aber kein Geld
Über den Kontrollpunkt Donezk gelangen auch Flüchtlinge und Zivilisten nach Russland. Eine Gruppe Frauen ist gerade aus der Stadt Krasnodon gekommen: Die Verwaltung des Bergwerks, in dem sie arbeiten, überweist ihnen die Gehälter auf ein Konto in Russland, seit im Osten der Ukraine die Banken geschlossen sind. Die Stadt werde ständig von der ukrainischen Armee bombardiert, berichten sie. Erst an diesem Morgen hätten sie auf dem Weg nach Russland einen Luftangriff auf eine Fabrik beobachtet. Lebensmittel gebe es zwar noch genug, aber den Menschen gehe das Bargeld aus.
Der Kreml beklagt seit Wochen die sich verschlechternde humanitäre Situation, insbesondere in der Stadt Luhansk. Und schickte deshalb am Dienstagmorgen 287 weiß gestrichene Kamaz-Lastwagen von Moskau auf den Weg dorthin. Seit Donnerstag stehen sie nun etwa dreißig Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt auf einem staubigen Feld.
Unter welchen Bedingungen und vor allem wann werden sie die ukrainische Grenze queren dürfen? Darüber debattieren Kiew, Moskau, das Rote Kreuz und die OSZE. Immerhin ist nun ein Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes vor Ort, wie eine Sprecherin des IRK in Moskau bestätigte. Allerdings wartet die Hilfsorganisation noch immer auf eine genaue Liste der Hilfsgüter, die sie seit Montag von den Russen fordert.
Am Freitag erlauben Mitarbeiter des russischen Ministeriums für Katastrophenschutz "Emercom" Journalisten, einen Blick in einige der Lastwagen zu werfen. Dort liegen Mehlsäcke, Wasserflaschen und Konserven. Auf misstrauische Nachfragen der Journalisten, warum die Lkw nur zu einem Drittel beladen sind, erklärt ein Emercom-Sprecher: "Das ist die optimale Beladungsmenge für die Lkw, um technische Probleme auszuschließen."
Angeblich ist die ukrainische Seite mittlerweile bereit, den Konvoi durchzulassen und hat Zöllner in Marsch gesetzt. Sprecher des Emercom vor Ort wussten davon am Freitagnachmittag jedoch noch nichts. Zudem wird die Route der Hilfslieferungen derzeit von schweren Kämpfen heimgesucht. Das Rote Kreuz fordert Sicherheitsgarantien von beiden Seiten, bevor es die Verantwortung übernimmt.
Auch die Fahrer auf dem Feld bei Donezk haben inzwischen von der gefährlichen Lage auf dem Weg nach Luhansk gehört. Sie tragen brav ihre Pfadfinder-artigen Uniformen und werkeln zum Zeitvertreib an den Motoren ihrer Kamaz-Lastwagen herum. Wann es weitergeht? "Keine Ahnung", sagt Michail aus Sankt Petersburg. "Wenn die da oben alle Probleme gelöst haben." Das kann noch dauern.