Unruhen in der Ukraine - reloaded
09.08.2014 um 11:35@nocheinPoet
nocheinPoet schrieb:Was genau schmerzt da in Europa? Volk freut sich, wird alles billiger, die Sanktion von Putin treffen sein Volk, Europa hat da kein großes Problem.Ich frage mich woher diese Realitätsleugnung kommt. Ich nehme nur mal Griechenland:
In blanken Zahlen sieht die Abhängigkeit Griechenlands zunächst nicht so dramatisch aus. Aus der ElStat -Statistik erschließt sich das Exportvolumen. Die Exporte Griechenlands nach Russland sehen demnach wie folgt aus:http://www.heise.de/tp/news/Russischer-Gegenschlag-und-die-Folgen-fuer-Europatient-0-2289485.html
Pelzwaren 87,45 Millionen Euro
Kiwis 25,70 Millionen Euro
Pfirsiche 24,50 Millionen Euro
Erdbeeren 23,50 Millionen Euro
Elektrische Aufzüge 16,60 Millionen Euro
Farben und Lacke 12,01 Millionen Euro
Aprikosen und Kirschen. 12,01 Millionen Euro
Nektarinen 10,0 Millionen Euro
Olivenöl 8,05 Millionen Euro
Fruchtgelee und Marmeladen 6,39 Millionen Euro
Fisch 5,26 Millionen Euro
Alkohole 5,04 Millionen Euro
Gurken 5,04 Millionen Euro
Metallprodukte 4,87 Millionen Euro
Oliven 4,87 Millionen Euro
Insgesamt machte 2013 das in dieser Statistik erfasste direkte Exportvolumen mit Russland also 251,29 Millionen Euro aus. Das entspricht knapp 2,3 Prozent des von der ElStat gemeldeten Gesamtvolumens und klingt nicht sehr bedrohlich. In dieser Statistik sind jedoch die über Drittstaaten nach Russland geschickten Exporte nicht erfasst. Ebenfalls nicht erfasst sind zum Beispiel die Ikonenmaler, die außer dem unter Finanznot leidenden Inland nur die Russen und Serben als Hauptabnehmer haben. Laut aktuellen Presseberichten beträgt das Exportvolumen nach Russland 401 Millionen Euro, 41 Prozent der Waren sind Agrarprodukte.
Die Statistik von 2013 sagt ebenfalls nichts darüber aus, dass die Griechen in der Krise vermehrt auf Agrarproduktion gesetzt haben und dass diese Branche mittlerweile den Hauptteil der Exporte liefert. Mit dem Ruf, die Griechen zurück auf die Felder zu schicken, wollte die Politik das Land retten.
Während der seit mehr als sechs Jahren anhaltenden Rezession waren Ackerbau und Viehzucht die einzigen Wachstumsbranchen der nahezu komplett brach liegenden griechischen Wirtschaft. Der Anteil am BIP stieg nach dem zwischenzeitlichen Tiefsstand von 1,7 Prozent zu Beginn der Krise wieder auf 4,5 Prozent.
Der russische Markt ist - bzw. war - zudem der Boom-Markt für die griechischen Exporte. 2012 sandte die nördliche Provinz Pieria knapp 53 Prozent ihrer Pfirsiche und Pfirsichprodukte nach Russland. 2014 waren durch Bestellungen mehr als 60 Prozent für Russland reserviert. Ausgerechnet jetzt, ironischerweise pünktlich zum Beginn des Embargos, ist die verderbliche Ware fertig für den Versand zum Kunden.
Insgesamt sind die vor allem im Norden, in der Region Zentralmakedonien, beheimateten Pfirsichbauern zu knapp 41 Prozent von Russland abhängig. Die Region hat beständig, aktuell mit 28,1 Prozent, die höchste Arbeitslosenquote im Land. Die regionale Abhängigkeit vom Agrarsektor beträgt mehr als zwanzig Prozent.
Dass Putins Embargo mit einer Ausnahmegenehmigung die Importe griechischen Olivenöls zulässt, hilft dem Norden des Landes nicht unbedingt. Olivenöl wird vor allem auf Kreta und auf dem Peloponnes, in der Heimatregion von Ministerpräsident Samaras gewonnen.