Unruhen in der Ukraine - reloaded
28.03.2015 um 08:57Und hier noch ein Artikel zu den Osnabrücker Friedensgesprächen:
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44519/1.html
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44519/1.html
Klitschko: "Wir gehören zum Westen""Verlierer des Tages" ist man also, wenn man die Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen anprangert... soweit sind wir nun schon, nicht ganz 70 Jahre danach...
Stefan Korinth 28.03.2015
Bei den Osnabrücker Friedensgesprächen ging es am Donnerstagabend um die Ukraine. Zu Gast war mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko ein genauso prominenter wie umstrittener Akteur
Bereits im Vorfeld hatte es Streit in der "Friedensstadt" gegeben. Die örtliche SPD kritisierte, dass Klitschko sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen dürfe, obwohl er mit ukrainischen Rechtsradikalen politisch zusammenarbeite. Die Bildzeitung ernannte den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Rathaus, Frank Henning, zur Strafe für diese Kritik zum "Verlierer des Tages".
...Gerade der letzte Teil, stellt das, was hier lapidar als "Meinung der allgemeinen Mehrheit" propagiert wird doch sehr in Frage... die Mehrheit scheint da wohl eher geteilter Meinung zu sein.
Veranstaltung ist kein "Tribunal"
Rund 1100 Interessierte waren in die Osnabrück-Halle zu der abendlichen Debatte gekommen. Der emeritierte Theologie-Professor und Moderator Reinhold Mokrosch betonte mit Blick auf Klitschko zu Beginn, dass die Osnabrücker Friedensgespräche kein Tribunal seien.
In seinem Eingangs-Statement erklärte Klitschko die militärischen Auseinandersetzungen in seinem Land zum Krieg zweier Zivilisationssphären: "Die Ukraine ist ein Bestandteil der westlichen Zivilisation." Der Krieg in seinem Land sei demzufolge eine Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen.
Klitschkos Priorität seien demokratische Reformen, doch Russland werde alles tun, eine demokratische Entwicklung der Ukraine zu verhindern. Dies wäre nämlich eine direkte Bedrohung für die "russische Diktatur", erklärte Klitschko. Russland setze im Gegenzug auf Propaganda. "Ich weiß, welche Wirkung Propaganda hat, ich habe das selbst in der Sowjetunion erlebt." Millionen Menschen würden dadurch gehirngewaschen.
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Maidan auch nationalistisch aufgeladen
Als entgegengesetzte Stimme saß Reinhard Lauterbach auf dem Podium. Der frühere ARD-Osteuropakorrespondent setzte bei seiner Analyse etwas früher an: Der Euromaidan war nur zum Teil ein pro-europäischer Aufstand der Zivilgesellschaft. Er sei auch sehr schnell nationalistisch und anti-russisch aufgeladen worden. Rechte Gruppen hätten polarisiert in Ukrainer und "Moskals" - eine Beleidigung für angeblich moskautreue Ost- und Südukrainer.
Lauterbach berichtete von Plakaten auf dem Maidan, die das Russische als "Sprache der Okkupanten" bezeichneten. "Solche Plakate habe ich nicht gesehen", wendete Klitschko ein. "Ich schicke Ihnen gern meine Fotos davon", bot Lauterbach im Gegenzug an.
Der Rechte Sektor hat sich nur wenige Tage nach dem Beginn des Euromaidan gegründet, erläuterte der Journalist. In der Folge gab es zahlreiche Angriffe der Rechtsradikalen auf Anhänger Janukowitschs. "Zu euch auf die Krim kommen wir auch noch", hätten sie dabei gedroht. Dies habe sich rumgesprochen und Abspaltungstendenzen auf der Krim bestärkt. Auch die schnell nach der Machtübernahme laut werdenden Drohungen von Rada-Abgeordneten, den Flottenvertrag mit Russland zu kündigen, hätten in diese Richtung gewirkt. "Nichts passiert ohne Grund und Anlass", sagte Lauterbach mit Blick auf den Anschluss der Halbinsel an Russland.
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In Deutschland wird auch oft der Fehler gemacht, Nazis nur in der Partei Swoboda zu vermuten, erläuterte Lauterbach - einer "widerlichen Partei", wie Pöttering anmerkte. Viele Rechtsextreme seien aber in anderen etablierten Parteien wie etwa der Volksfront von Regierungschef Jazenjuk vertreten.
"Jetzt im Parlament gibt es keine nationalistischen Parteien", behauptete Klitschko auf Nachfrage des Moderators. "Herr Klitschko wird sein Parlament schon kennen", quittierte Mokrosch das höhnische Gelächter aus dem Publikum.
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Die Ukraine habe nötige Reformen seit ihrer Unabhängigkeit 1991 nicht angepackt, kritisierte Pöttering. Das Land müsse sich nun entschlossen den westlichen Werten nähern. Es soll zwar auf "absehbare Zeit" nicht in die Nato kommen, aber langfristig solle die Ukraine EU-Mitglied werden, so der CDU-Politiker. Die EU gründe sich auf Werte und die Ukraine habe großes wirtschaftliches Potenzial.
Erneut kippte Lauterbach Wasser in den Wein: Die EU helfe der ukrainischen Wirtschaft mit dem Assoziierungsabkommen gar nicht. In der EU gebe es kein Interesse an neuen wirtschaftlichen Konkurrenten. So wird es keine EU-Wirtschaftshilfe für die potenziell leistungsstarke ukrainische Landwirtschaft oder den Flugzeugbau (Antonow-Werke) geben, sagte der in Polen lebende Korrespondent
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Anklagebank statt Podium?
In der Fragerunde des Plenums kam es durch die große Mehrheit der Fragesteller zu scharfer Kritik an Klitschko. Er habe mit Faschisten zusammengearbeitet und einen Staatsstreich mitorganisiert. Der Maidan sei schwerer Landfriedensbruch gewesen. Für die Tausenden von Toten in der Ostukraine sei er mitverantwortlich. Klitschko gehöre nicht auf dieses Podium, sondern auf die Anklagebank eines Gerichts, sagte eine Frau. "Dies hier ist kein Tribunal", betonte der Moderator erneut.
Klitschko ging auf die Vorwürfe nicht ein. Die Adenauer-Stiftung finanziere seine Partei UDAR nicht, erklärte er immerhin auf Nachfrage. "Ich finanziere meine Partei selbst." Die Stiftung zeige den Parteimitgliedern in Seminaren jedoch, wie man eine Partei bzw. ein Land aufbaut. Er wolle auch keine Mauer zwischen Russland und der Ukraine bauen, antwortete Klitschko einer anderen Fragestellerin.
Nach den zahlreichen kritischen Fragen in der Schlussrunde, zeigten sich auch die Anhänger des Kiewer Bürgermeisters. Nach Ende der Debatte stürmten Dutzende Zuhörer zur Bühne, um Klitschkos Hand zu schütteln und sich Autogramme geben zu lassen.