Unruhen in der Ukraine - reloaded
22.09.2014 um 14:05Ukrainische Medien geben ungeprüfte Informationen als Tatsachen aus – „Die Welt“
Kiews zweifelhafter Umfang mit der Wahrheit wirft Fragen auf, denn Verlautbarungen der Armee übernehmen ukrainische Medien meist ungeprüft, berichtet „Die Welt“ am Montag.
So hatte etwa der ukrainische Militärsprecher Andrej Lyssenko im August behauptet, die Armee hätte einen russischen Militärkonvoi in der Ostukraine zerstört. Beweise lieferte er nicht, so die Zeitung.
Anfang September schrieb die regierungsnahe Website Euromaidanpress, Russland habe die Stadt Lugansk annektiert und verteile dort russisches Geld und russische Pässe. Man berief sich auf eine deutsche Bundestagsabgeordnete, die angeblich vor Ort war. Auf Nachfrage der "Welt am Sonntag" erklärte diese: "Ich war nie in Lugansk."
Viele Militärnachrichten kommen von Dmitri Timtschuk, einem ukrainischen Ex-Militär, den auch westliche Medien häufig zitieren, führt „Die Welt“ weiter aus. Woher allerdings Timtschuk seine Informationen beziehe, sei unklar. Die Vermutung liege nahe, dass Timtschuk von Kiew benutzt werde, um Informationen an die Öffentlichkeit zu lancieren.
Die Zeitung geht auch auf eine Erklärung des ukrainischen Präsidenten Pjotr Poroschenko von Anfang September ein, die „im Westen für Verwunderung sorgte und den Kreml aufhorchen ließ“. Einige Nato-Staaten würden bald "Präzisionswaffen" in die Ukraine liefern, sagte Poroschenko in einem BBC-Interview. Die Nato-Länder dementierten umgehend.
Auch die Redefreiheit wird in der Ukraine nicht so strikt eingehalten, heißt es ferner. „Medien, die kritischer über die Vorgänge in der Ostukraine berichten, geraten zunehmend unter Druck.“
Als Beispiel wird der Überfall auf das Redaktionsbüro der Zeitung „Vesti“ angeführt, das maskierte und mit Baseballschlägern bewaffnete Männer Anfang Juli verwüstet haben. Erwähnt wird auch eine Durchsuchung der Büros der Zeitung, die der ukrainische Geheimdienst SBU vor zwei Wochen vorgenommen hat und bei der Computer beschlagnahmt wurden. „Als Grund für die Durchsuchung vermuten die Redakteure einen Artikel über die Tochter von Geheimdienstchef Valentin Naliwaitschenko.“
"Nachrichten sind in bewaffneten Konflikten ein Mittel zur Kriegsführung", zitiert die Zeitung Dušan Reljić, Büroleiter der Stiftung Wissenschaft und Politik in Brüssel. Journalisten seien nicht in der Lage, Militärinformationen zu prüfen, erklärt Reljić. "Sie machen sich mitschuldig, wenn sie Erklärungen der Regierung einfach so übernehmen."