@Simowitsch Also bisher kam das schon ziemlich kinderfeindlich von dir rüber, muss man leider sagen.
Das ist doch kein Feminismus, wenn eine Frau auch arbeiten gehen will oder sogar arbeiten gehen muss, weil das Geld in der Familie sonst nicht reicht oder sie sogar alleinerziehend ist.
Das ist eine einfache Notwendigkeit unserer Zeit beziehungsweise eine Freiheit, welche die Frauen heute besitzen.
Den Grund darfst du gerne bei der Wirtschaftslobby und bei jenen suchen, denen es nur um eine permanente Steigerung ihrer persönlichen Gewinne geht.
Diese halten Löhne unten, lassen Preise steigen - der Spruch von Angebot und Nachfrage zur Preisbestimmung stimmt so schon lange nicht mehr, falls er das überhaupt je tat
;)Aber mit Feminismus hat das nun wahrlich nichts zu tun.
Wenn man will, dass mehr Frauen zu Hause bleiben und die Kinder erziehen, dann sollte man das auch von staatlicher Seite ermöglichen!
Indem entweder die Löhne für Familienväter entsprechend weit genug steigen, dass die Frau nicht arbeiten MUSS oder indem man zum Beispiel während einer gewissen Zeit der Kindheit die vollständige Versorgung der Frau staatlich garantiert.
Du kannst nicht in beide Richtungen zugleich gehen, wenn du einerseits praktisch eine komplette Abschaffung des Sozialstaates willst und andererseits möchtest, dass Frauen (oder gleich die ganze Familie?) zu Hause bleiben und sich um das Kind kümmern.
Wie sollen die das denn machen, vor allem Alleinerziehende? Von Luft und Liebe kann man nun leider nicht leben
:DAbgesehen davon, das Frauen auch die Freiheit haben sollten, wenn sie arbeiten MÖCHTEN, genau, wie zu sagen, sie MÖCHTEN gerne zu Hause die Zeit mit ihrem Kind verbringen, ist die aktive Mitarbeit von Frauen in der Gesellschaft auch eine Notwendigkeit geworden, die unter anderem für den von dir so gelobten Wohlstand mitverantwortlich ist.
Das wurde doch nicht alles nur von Männern erarbeitet
;)Und das kann man als moderner Mann auch akzeptieren, finde ich.
Als Alternative nur zu sagen:,,Ja dann sollen die Leute eben keine Kinder haben, wenn die Frau nicht zu Hause bleiben kann¨, ist verdammt zynisch und kalt, wenn man mich fragt.
Das hat schon etwas von dem Versuch der Geburtenkontrolle (was du ja mit deinem Spruch über die Unterschichten schon selbst gesagt hast).
Quasi:,,Die Armen sollen aussterben. Denn wenn es keine Armen mehr gibt, gibt es nur noch Reiche!¨
Denkfehler: Reich ist man immer nur im Verhältnis zu anderen Menschen! Wenn jeder Mensch in Deutschland 10 Millarden Euro besitzt, dann gibt es keine ,,Reichen¨.
Und es wäre für niemanden mehr was besonderes, was unterscheidendes in seinem Vermögen, wenn er sich Ferrarisammlungen leisten könnte oder Villen.
,,Reich¨ kann man nur sein, wenn andere ärmer sind.
Weiterhin muss man sich klar machen, dass der materielle Reichtum mancher Menschen immer auf der Mitwirkung anderer Menschen beruht. Selbst wenn man ein Vermögen erbt, haben andere Menschen zu seiner Anhäufung beigetragen. Diese anderen Menschen sind meistens deutlich ,,ärmer¨, als diejenigen, denen sie mit ihrer Arbeit ein materielles Vermögen verschaffen.
Ohne ,,ärmere Menschen¨ (ich setze das in Klammern, weil Armut relativ ist, genau wie Reichtum) würden also die materiell Reichen gar nicht erst reich. Ohne deren Leistungen könnte gar nicht erst Wohlstand entstehen!
;)Oder glaubst du, der Multimillionär und Firmenchef reinigt sein Büro und seine Toilette selbst?
Meinst du, Warren Buffet mauert seine Villa selbst und pflegt seinen Garten persönlich?
Snoop Dogg stellt höchstselbst seine schicken Sportwagen und Limos her?
Nein, das tun alles Menschen, die deutlich ärmer im Vergleich zu den Betreffenden sind.
,,Armut abschaffen¨ - schön. Aber dann hast du auch keinen Wohlstand mehr, jedenfalls nicht in der Definition, wie wir sie heute haben.
Simowitsch schrieb:Außerdem ist gerade der Bereich Kinderbetreuung etwas, was nicht dem Staat gehören darf. Die Kinder dürfen ja nicht dem Staat gehören. Das wäre doch faschistisch.
Wieder mal ein schönes Beispiel für die Entwertung des Begriffs ,,Faschismus¨.
Genauso sinnfrei, wie ein Türke, der einen Deutschen als Nazi beschimpft, weil der ihm keine Zigaretten kaufen will, da er Nichtraucher ist.
Ist zwar ein nettes Schlagwort, aber wird heute so inflationär verwendet, dass sein Gewicht zu einem Nichts zusammenschrumpft und seine ursprüngliche Bedeutung verschwindet.
Ich würde es besser finden, wenn du solche Begriffe nicht unqualifiziert und unpassend verwendest.
Weiter:
Kinder gehören auch nicht dem Staat! Wie kommst du darauf? Kinder ,,gehören¨ überhaupt niemandem, wir haben doch keine Leibeigenschaft mehr (auch, wenn das manchem in der Wirtschaft und Politik und Gesellschaft wohl gefallen würde).
Der Staat, die Gemeinschaft, ermöglichen Kinderbetreuung. Und das nicht nur, damit die Eltern arbeiten gehen können. Der Sinn dahinter ist zusätzlich, dass Kinder schon früh mit anderen Kindern in Kontakt kommen.
Mit Kindern anderer Ethnien etwa und sie merken:,,Oh, guck mal, der Junge ist ja ganz dunkelhäutig. Aber ansonsten genauso, wie ich. Aha, Aische spricht mit ihrer Mama eine andere Sprache, aber mag Seilspringen genauso, wie ich, toll!¨
Kinder lernen in einer guten Kinderbetreuung auch Toleranz, ebenso, wie Selbstbewusstsein, wie Gemeinschaftssinn, sie lernen etwas über andere Religionen und Menschen, sie bewegen sich und spielen zusammen, entwickeln ihre Motorik, sie lernen grundsätzliche Dinge über ihre Umwelt.
Das sind Mehrwerte, die ihnen keine Heimerziehung bieten kann.
Hinzu kommt noch: Es werden gemeinsame Werte vermittelt, die Gemeinschaft kontrolliert in gewissem Ausmaß, was die Kinder lernen und wie sie sich entwickeln!
Das mag dir als ,,Anti-Staatler¨ vermutlich nicht passen, da du ja anscheinend auch die Kinderbetreuung privatisieren möchtest, Wettbewerb, yeah, höchste Qualität, weil die Kindergärten und Schulen am besten auch um ihre Schüler kämpfen müssen...
Damit gibt die Gemeinschaft aber jegliche Kontrolle darüber auf, was die Kinder lernen und wie!
Im Kapitalismus geht es vor allem darum, Kohle zu machen, es würde versucht werden, einerseits möglichst viele Kinder anzuziehen und die Eltern wohl dafür auch kräftig zahlen zu lassen, andererseits erhöht man von vornherein die Gefahr, dass die Kinder frühzeitig zu braven, kleinen Konzernsklaven herangezogen werden.
Sowas wie unabhängiges Denken ist doch da wirklich nur hinderlich, es reicht doch völlig, wenn die Kinder das wissen, was sie brauchen, um später mal wertvolle (im monetären Sinne) Arbeiter zu werden. Ein paar besonders clevere und treue Kids dürfen auch in die Führungsetagen.
Und das ist noch ein positives Beispiel.
Was, wenn die Idee einfach nur lautet, Kinder mit Videospielen und Burgern zu versorgen, was diese ganz großartig finden und deshalb unbedingt in den coolen Kindergarten möchten, weshalb die Eltern dafür kräftig zahlen müssen?
Was, wenn Neonazis ,,arische Kindergärten¨ einrichten, wo minderwertigen Rassen, Ausländern, Linken, Juden etc. der Zutritt verboten ist und wo die Kinder ,,deutsche Ideologie¨ lernen, wie bei der HJ?
Was, wenn radikale Muslime ihre eigene Kinderbetreuung aufmachen (du willst ja staatliche Vorgaben und Eingriffe abschaffen, also können sie das ohne weiteres) und dort die Kleinen schon früh darauf vorbereiten, gegen die ungläubigen Schweine zu kämpfen?
Von den Schulen und Universitäten will ich jetzt gar nicht erst anfangen
;)Das würde passieren, wenn sich der Staat komplett aus Erziehung und Betreuung der Kinder heraushalten soll, wie von dir gefordert.
Simowitsch schrieb:Tatsächlich wächst schon heute eine Generation heran, die mit mehr Eigenverantwortung und weniger Staat nichts anfangen kann.
Achso.
Und das Problem lösen wir also, indem wir die Kinder ganz der mit unter sehr zweifelhaften (im Bildungssinne) Obhut der Eltern überlassen. Oder privater Unternehmen, so genannten Religionsgelehrten etc.
Wir also als Gesellschaft aufhören, zu kontrollieren und zu modellieren, was Kinder lernen, nicht nur rein im Bildungssinne, sondern auch politisch, religiös, ideologisch.
Wow. Aber wie lautet das FDP-Mantra?
,,Privat geht vor Staat, privat geht vor Staat, privat geht vor Staat...¨.
Simowitsch schrieb:Aber genau das brauchen wir doch, weil die Marktwirtschaft hat uns doch erst überhaupt unseren Wohlstand ermöglicht, und deshalb wär ich dafür weiter auf die bewährten Rezepte zu setzen.
Wenn du Menschen willst, die selbstständig denken und selbstbewusst sind, dann solltest du nicht ihren Bildungsweg in die Hände von privaten Ideologen und Gewinnstrebenden geben.
Denn da lernen sie nur, was der Ideologe sagt oder was gut für die Firma ist.
Der ideale Arbeiter ist versiert in seinem Gebiet, absolut loyal und genügsam. Ein selbstbewusster, kritischer, selbstdenkender Arbeiter dagegen ein Risikofaktor, denn es besteht immer die Möglichkeit, dass er mehr Gehalt fordert (was den Gewinn schmälert), nicht alles tut, was der Vorgesetzte will (was den Gewinn schmälert), sich eventuell nach einem neuen, besseren Job umsieht (was...).
Nicht die Marktwirtschaft hat Wohlstand ermöglicht, sondern die MENSCHEN, die diesen Wohlstand der Gesellschaft erarbeitet haben!
Und dieser Wohlstand ist heute vor allem durch die grenzenlose Gier und den Egoismus einzelner Unternehmen und Personen sowie der Denkweise des ,,immer mehr, mehr, mehr!!!¨ bedroht!
Sicherlich nicht durch einen ,,ausufernden Sozialstaat¨!
Simowitsch schrieb:Weil wir uns dann hier wieder Vollbeschäftigung näheren würden.
Was du propagierst, nützt ausschließlich der kapitalistischen Wirtschaft oder noch konkreter: Denjenigen, die ohnehin schon materiell sehr vermögend sind.
Warum?
Weil bei deinem Weg zur ,,Vollbeschäftigung¨ die Arbeitnehmer praktisch Sklaven ohne Rechte und die Unternehmer die Sklavenhalter sind, die alleine bestimmen, was für Löhne es gibt, was für Arbeitszeiten und Vergünstigungen und Arbeitsbedingungen.
Der Sozialstaat ist unter anderem eine Form, die Arbeitnehmerrechte zu stärken!
Indem die einfacheren Arbeiter und Angestellten nämlich nicht gezwungen sind, allein schon zum puren Überleben jeglichen Job und jegliche Bezahlung anzunehmen, der ihnen angeboten wird, sondern auch sagen können:,,Moment, das ist unter meiner Würde, sowas ist absolut inakzeptabel!¨
Die Marktwirtschaft ist nicht von sich aus sozial und menschenfreundlich. Sondern ein Modell, dass ständige Leistung fordert und vor allem den Starken und Stärksten nützt, wenigen, während selbst diejenigen mit Potenzial, richtig gut gebildet und erfinderisch und leistungsstark zu werden, ausgegrenzt werden.
Den gleichen Kram hat die FDP während der vergangenen Jahre blindlings immer wiederholt und dabei die Realität schlicht und ergreifend ignoriert und verneint.
Eine für alle aus sich selbst heraus funktionierende, gute, faire Marktwirtschaft erfordert ein derartig hohes, moralisches Niveau, wie es zumeist nicht vorhanden ist. Guck dir an, wer in der Marktwirtschaft vor allem profitiert - es sind die Haie, die Starken, die Gerissenen, die Skrupellosen (wobei nicht jeder gleich viel ist)
;)Der kapitalistische Unternehmer tut idealerweise alles, um seine Gewinne zu maximieren und seine Ausgaben zu minimieren.
Dazu würden auch Löhne zählen oder erzwungener Konsum und eben die Abschaffung eines Sozialstaates.
Wenn du für Soziale Marktwirtschaft bist, das unterstütze ich.
Aber ich unterstütze mit Sicherheit keinen unsozialen Marktradikalismus, auch nicht, wenn er versucht, sich gelb anzumalen und verklärte Bilder als Deckmantel benutzt
;)