ich gehöre zu denen, dessen vorfahren erst durch die wirren des krieges zu einander fanden. daher käme ein mordanschlag auf hitler bei mir einem selbstmord gleich. blick ich jedoch auf all die schrecken, die dieser mann in die wege leitete, und würde ich mich vorab vollpumpen mit eindrücken allen elends und mit den zeugnissen der grausamkeiten affektieren, wäre ich vielleicht tatsächlich bereit dazu. und vielleicht bestünde ja trotzdem ein funken hoffnung, dass meine vorfahren sich trotzdem auf wundersame weise finden und ich mich nicht aus der geschichte tilge.
doch es gibt 2 wesentliche gewissensbisse, die mich einhalten lassen, diese "verletzung der hauptdirektive" trotz meiner eventuellen aufopferungsbereitschaft durchzuführen. nummer eins ist mein löchriges geschichtswissen, in dessen spielraum ich die möglichkeit nicht ausschliesse, dass wenn nicht hitler dann jemand anderes und möglicherweise viel schlimmeres die welt ins chaos stürzen gekonnt haben könnte. dabei schwirrt mir kästner's "schule der diktatoren" im hinterkopf herum (
Wikipedia: Die Schule der Diktatoren ) sowie der gedanke daran, dass addi die letzten kriegsjahre angeblich unter hochdosierten psychopharmaka stand und eh nicht ganz er selbst war.
die zweite sache ist die, dass ich mir auch vorstellen kann, dass die welt wider aller schandmauligkeit tatsächlich aus der geschichte gelernt hat und dass, wenn ich diesen krieg mit der auslöschung hitlers wirklich verhindern würde, die welt eben diese lektion nicht lernen würde und die gegenwart dadurch grausamer, feindseeliger und scheinheiliger aussehen könnte.
aus anderer perspektive heraus ist eine der lektionen des krieges ja gerade auch der faschismus und den mag ich nicht und ich frag mich, ob der nicht klammheimlich mit mussolini untergegangen und vergessen worden wäre, wenn nicht deutschland ihn ins nächste extrem getrieben hätte.
da ich aber ohnehin nicht wirklich die sehnsucht verspüre, überhaupt jemanden zu töten, würde ich vielleicht eher die möglichkeit vorziehen, hitler hinsichtlich seiner kunst bestätigung zu geben und ihn dahingehend zu animieren, sein leben einem guten zweck zu widmen. wenn ich gut vorbereitet wäre, könnte ich vermutlich seine neurosen therapieren, ihn als geläuterten, weltoffenen mann in die politik geleiten und dort von all den bösen schritten abhalten. und genau hier vermute ich aber die sollbruchstelle dieses vorhabens meiner "hitler-korrektur", denn der mann war zum teil ein zeichen seiner zeit. man zeigt heute zu gerne mit dem finger auf ihn und streift alle verantwortlichkeit von sich ab auf die manipulation durch einen angeblichen psychopathen im überforderten taumel größenwahnsinnigen machtwahns. wir glauben wir kennen ihn, unseren pappenheimer.
doch die wahrheit sieht wahrscheinlich aber eher so aus, dass diese ganze generation diesen krieg und diese eskalation aller menschenverachtung ausgebrütet hat.
aus selbsthass, zivilisationsängsten, verantwortungsflucht. und all das mit falschen etiketten drauf.