@FabianoDu fragst nach dem Beweis für Wahrheit, ohne erklärt zu haben, wie es zu deinem bereits vorhandenen Wahrheitsempfinden gekommen ist und welcher Beweis dich zufriedenstellt. Du selbst hast die Prüfkriterien für wahr und unwahr bereits erschaffen und benutzt sie ständig. Und indem du das tust, wird für dich alles wahr, was deinen Prüfkriterien entspricht.
Bevor du zu einer Wahrheitsfindung kommst, tust du Folgendes:
Du lehnst die bezeugenden Aussagen Anderer zunächst als Wahrheitsbeweis ab. Die Erfahrungen eines Anderen sind für dich zunächst bedeutungslos. Du lehnst zunächst sämtliche Rückschlüsse ab, auch wenn diese von einer Unmenge an Beobachtern übereinstimmend gemacht wurden. Es liegt also bei dir, zu erklären, welcher Beweis für Wahrheit dich zufriedenstellt.
Deine Frage "Was ist Wahrheit?" ist ähnlich wie die Frage "Beweise, dass das weiße Zeug in der Dose wirklich süßer Zucker ist. Erst dann werde ich es in meinen Kaffee geben!". Der Beweis für die Süße des Zuckers befindet sich nicht im Zucker, sondern in DIR, indem du eine Sinneserfahrung mit deinem Mund machst und sie "süß" nennst.
Bei der Findung nach Wahrheit beginnst du damit, zu hinterfragen "Ist es auch wirklich Zucker? Ist es süß?" und dir bleibt nichts anderes übrig, als mir zu vertrauen und meine Bestätigung "Ja, es ist Zucker" zu akzeptieren, so lange du "das weiße Zeug" nicht selbst probiert hast.
Erst bei einer persönlichen Erfahrung werden alle deine Zweifel verschwinden und eine Gewissheit wird sich einstellen, die durch nichts zu erschüttern ist.
Ich sage nicht, dass du mir zustimmen sollst. Vertraue mir einfach in dem Ausmaße, in welchem du mich als vertrauenswürdig empfindest. Wenn du mich beispielsweise für einen Lügner hälst, kann ich sagen "Ja, es ist Zucker" und du wirst es trotzdem nicht als wahr empfinden. Jeder diese Schritte, ob Vertrauen oder eine persönliche Erfahrung, sind Schritte zum Finden deiner Wahrheit.
Es scheint, als wärst du davon überzeugt, dass es tatsächlich irgendwelche Kriterien gibt, welcher der Wahrheit vorangehen und welche eine Wahrheit erst nach dem Anwenden dieser Kriterien entstehen lassen. Spätestens hier zeigt sich, dass du dich ständig im Kreis drehst. Um dieser vergeblichen Suche ein Ende zu bereiten, mußt du eine Stoppstelle einbauen, an der du aufhörst nach dem Beweis für Wahrheit zu fragen. An dieser Stelle entscheidet du, ob du jemandem vertraust, was er sagt und es damit als wahr übernimmst, oder ob du eine eigene Erfahrung benötigst.
Es ist nicht wirklich entscheidend, ob etwas wahr oder unwahr ist. Die Wahrheit mag Gott sein, oder du, oder ich. Für dich aber, und damit meine ich für jeden Einzelnen von uns, gilt: In allen Fällen ist man stets selbst Derjenige, der etwas akzeptiert oder ablehnt. In den meisten Fällen akzeptieren wir etwas als wahr, unabhängig von einer persönlichen Erfahrung und nicht wissend, wie Andere zu dieser Überzeugung gelangt sind. Nämlich auf dieselbe Weise, wie ich es hier aufzeige.
Das gilt auch für die Wissenschaften. In den Wissenschaften gilt etwas als wahr, wenn etwas durch eine experimentelle Herangehensweise und Durchführung wiederholt und bestätigt werden kann. Doch schaut man genau hin, wie es zu dem kommt, was man als Erkenntnis bezeichnet, wird man feststellen müssen, dass jedes Experiment bei den Sinneserfahrungen endet. Wissenschaft bedarf persönlicher Erfahrungen, und jede Erfahrung ist nunmal subjektiv. Es gibt keine zwei Personen welche dieselbe Erfahrung machen können. Jede Person macht eine eigene Erfahrung, denn es gibt keine Erfahrung ohne einen Erfahrenden. Die Ähnlichkeit der persönlich gemachten Erfahrungen kommt dann in Worten oder vereinbarten mathematischen Symbolen zum Ausdruck.
Um eine wissenschaftliche Theorie auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, verlagert man die Wahrheit auf ein Experiment und einigt sich darüber, welche Sinneserfahrungen man dabei gemacht hat.
Für das gesamte bisher Gesagte gilt jedoch noch etwas ganz Entscheidendes, welches kaum beachtet wird, und zwar Folgendes:
Der so genannte Wachzustand, den man auch als die Gegenwart bezeichnet, kommt nur deswegen zustande, weil man den wahren Zustand des Seins ignoriert. Diese Gegenwart befindet sich zudem unabhängig von jeglichem Zeitempfinden. Man befindet sich ständig im JETZT. Aus diesem Erlebniszustand ist die Frage "Was ist Wahrheit?" entstanden. Das wahre Sein benutzt diese sinnlichen und mentalen Zustände in dem was wir Bewußtsein nennen, und dort in einem Gültigkeitsbereich, der nur für das ICH gilt, das JETZT-Empfinden.
Die wahre Realität hingegen, also die des reinen Vorhandenseins des Seins ist jedoch unabhängig von jeglichem ICH, von jeglichem Bewußtsein, von jeglicher Erfahrung. Man kann es vielleicht so sagen: Die wahre Realität befindet sich VOR jeglichem Unterschied, VOR jedem Gedanken, VOR jeder Überzeugung, VOR jeglichem Sinneseindruck.
Wir empfinden die Dualität als derart wahr und real, dass wir unseren reinen Seinszustand nicht bemerken. Wir stellen uns die Realität gerne als etwas vor, was unabhängig von uns vorhanden ist, und damit beginnt die Trennung, die Dualität. Es bedarf dieser Vorstellung, um den Eindruck zu bekommen, dass uns diese Realität irgendwie geschieht, dass wir bei der Geburt irgendwie hinzugeraten, als wäre sie schon vorher da und wir gelangen auf irgendeine Weise hinzu und sind dann lediglich jemand, der sie zur Kenntnis nimmt. Man trennt die eigene Existenz vom Rest der Realität, um sie als "getrennt von sich" zu bemerken. Das Erschaffen dieser Trennungs-Überzeugungen ist die Quelle aller Irrtümer.
Das Suchen nach einer Wahrheit setzt eine Wahrheit voraus, die gefunden werden will. Hier haben wir bereits die nächste Trennung. Wir stellen uns vor, es gäbe etwas, das wahr ist und auch etwas, das nicht wahr ist. So entsteht die Dualität. Die einzige "echte" Wahrheit ist die, die sich VOR jeglicher Trennung in etwas Wahres und Unwahres befindet.
Anstelle des Suchens nach dem Beweis für Wahrheit, den es so nicht gibt, empfehle ich stattdessen, herauszufinden, welche bestehenden Beweise man bereits benutzt, um etwas Wahres von etwas Unwahrem zu unterscheiden. Du wirst herausfinden, dass es nichts gibt, was du wirklich als wahr bezeichnen könntest, was für dich eine Gewissheit ist, außer einem: Deiner Fähigkeit Aufmerksamkeit auf all diese Geschehnisse ausüben zu können. Nur dieser Fähigkeit kannst du dir gewiss sein. Alles andere sind vollkommen individuelle einzigartige Erfahrungen, die du machst und die du mit keinem anderen teilen kannst, außer in Form vom Beschreibungen. Doch die Beschreibung ist nicht die Erfahrung selbst.
Wo ist Wahrheit zuhause? Wo mußt du hingehen, um sie zu finden? Und wie wirst du feststellen, dass du sie gefunden hast? Welche Prüfsteine bringst du mit, um sie zu testen? Was ist der Beweis für Wahrheit?
Damit sind wir zurück bei der Eingangsfrage und wir erkennen, dass etwas mit der Fragestellung nicht stimmen kann, weil man sie ständig und überall stellen kann. Warum fragst du nicht zunächst nach der Beschaffenheit deiner Prüfmittel, mit denen du feststellen wirst, was wahr und unwahr ist? Es ist nicht so, dass du die Wahrheit nicht längst wüßtest und du die Befürchtung hast, sie ist dir irgendwie abhanden gekommen und du müßtest sie jetzt wiederfinden. Es ist vielmehr so, dass du annimmst, es gäbe etwas, welches den Begriff "Wahrheit" trägt und dass es vorteilhaft wäre, es zu besitzen in der Annahme es wäre etwas Einzigartiges.
Du hast Angst, an der Nase herumgeführt worden zu sein, weil du glaubst, dir hat jemand den Beweis für Wahrheit weggenommen und du müßtest ihn jetzt wiederfinden. Du bist auf einem Einkaufsbummel nach dem Produkt Wahrheitsbeweis, aber du vertraust keinem der Verkäufer. Du befürchtest Fälschungen, Raubkopieren und Nachahmungen.
In Wirklichkeit führst du dich selbst an der Nase herum, weil du deine eigenen Wahrheitsbeweise ignorierst. Du fragst, was Wahrheit ist, aber in Wirklichkeit suchst du nach etwas, das bis in alle Ewigkeit Gültigkeit haben und das du erst beim Auffinden als "Beweis" bezeichnen könntest.
In Wirklichkeit gibt es nichts, was in einem Bewußtsein für immer Bestand hat. Es hängt davon ab, wie lange du deine Aufmerksamkeit darauf richtest. In diesem Bewußtsein gibt es die Anschauungen von Zeit und Raum, aber alles Zeitliche und Räumliche ist befristet. In der Zeitlosigkeit des reinen Seins jedoch haben Begriffe wie "immer" oder "ständig" keine Bedeutung. Dasselbe gilt für einen Beweis für Wahrheit.
Im Bereich der Nicht-Dualität ist bereits alles vollkommen, ist bereits alles sein eigener Beweis, seine eigene Bedeutung und sein eigener Verwendungszweck. Wo alles bereits in dieser Form vorhanden ist, bedarf es keiner Hilfe oder Unterstützung. Du stellst dir vor, dass Wahrheit etwas mit Beständigkeit zu tun hat. Je länger etwas beständig ist, umso wahrer muß es sein. Damit hast du eines der Prüfkriterien für Wahrheit. Zeit ist für dich eines der Prüfkriterien. Und weil jedes Zeitempfinden Aufmerksamkeit bedarf, machst du sie zum alleinigen Schiedsrichter bei dem Spiel genannt "Wahrheitssuche".
Wahrheit ist kein Ergebnis einer Bemühung. Sie ist nichts, was man am Ende eines Weges finden könnte, nichts, auf das man mit dem Finger zeigen und sagen könnte "Schau her, hier ist die Wahrheit".
Wahrheit ist bereits hier und im Jetzt. Sie ist näher als alles Körperliche und sämtliche geistigen Verschiedenheiten. Sie ist unabhängig von einem ICH. Du erkennst es deswegen nicht, weil du dich zu weit von deinem Selbst entfernt hast, zu weit von deinem natürlichsten Zustand des reinen Seins. Du machst Wahrheit zu einem Objekt, indem du nach ihr fragst und darauf bestehst, dass es etwas gäbe wie einen Beweis für Wahrheit. Jeder mögliche Beweis kann jedoch nur eine Reflexion des Geistigen sein. Im Bewußtsein gibt es lediglich verschiedene Erlebnisphasen, wach oder träumen, welche jedoch nur dann entstehen, wenn du deine Aufmerksamkeit über die Inhalte deines Bewußtseins bewegst und es somit überhaupt erst zu dem Eindruck einer Bewegtheit kommt.
Du selbst bist die Wahrheit, nach der du suchst. Aber du schaust immer von dir weg und vermutest, es gäbe ein Außerhalb, in dem du noch etwas Besseres als dich selbst finden könntest. Sei dir darüber im Klaren: Etwas Besseres als dich als reine Seele wirst du nirgendwo finden.