subgenius schrieb:aber was für eine Art Information soll schon ein Datensatz meiner Evolutionärenwürmer sein ?
Ich habe gerade mal einen kurzen Durchlauf auf Deinem Blog durchprobiert - es sieht sehr hübsch aus.
:)Den Datensatz hattest Du ja im Vorfeld programmiert - einschließlich der Modalitäten, wie Veränderungen stattfinden und angezeigt werden. Als Zuschauer kann man für sich daraus Informationen bezüglich Farbe, Länge, Anordnung, Bewegungsmuster usw. ableiten. Da die Spielregeln einschließlich des Kontextes bereits feststehen, bewirkt allein die Zufälligkeit der "Mutationen" Variationen im "Verhalten" und im "Aussehen" der Würmer.
Bei Organismen ist das alles komplexer und weniger eindeutig, sowohl was den Kontext wie auch die interne Beschaffenheit betrifft. Das Prinzip der Selektion ist simpel, aber es ist nicht numerisch zu quantifizieren, weil die jeweiligen Selektionsdrücke wiederum das Resultat komplexer Wechselwirkungen sind. Man kann zwar allgemein feststellen, dass pro Elternpaar im Durchschnitt zwei Nachkommen übrig bleiben, wenn die Population langfristig stabil bleibt, aber welche Mutationen sich bei welchem konkret vorliegenden Selektionsdruck als vorteilhaft für die Gesamtpopulation erweisen, lässt sich vorab nicht bestimmen.
Rein theoretisch könnte man pro Generation den Genpool einer Population bestimmen und den Mutationenverlauf rekonstruieren. Da aber die jeweils aktuell gewesenen Selektionsdrücke nicht reproduzierbar sind, lässt sich aus diesem Ablauf keine generalisierende Schlussfolgerung ziehen, die sich aus dem Vorliegen des Mutationen-Musters ergibt. Man hätte dann zwar eine Rekonstruktion der zeitlichen Veränderung der Genom-Sequenzen, käme dann aber doch nur auf die bereits oben erwähnte rein statistische Feststellung, dass eben infolge des Zusammenwirkens von Mutation und Selektion die Populationsgröße im Wesentlichen stabil geblieben ist.
Für einen Beobachter ergibt sich also tatsächlich kein Informationszuwachs, der über die Struktur der gewonnenen Daten hinausgeht.
subgenius schrieb:Das besondere ist das die DNA Information von Lebewesen ist das auch die Gesammtheit der Reproduktion dabei ist.
Ja, wobei Reproduktion sowohl Selbsterhaltung wie auch Fortpflanzung sein kann. Im Zuge der Selbsterhaltung wird seitens des Proteoms auf das Genom zugegriffen (sogenannte "Realisierung der Erbinformation" - also Proteinbiosynthese, wenn man diversen Lehrbüchern der Biologie folgt). In den DNA-Sequenzen sind u.a. auch Proteinsequenzen enthalten, aber eben nicht in der eindeutigen Weise, wie es manchmal immer noch zu lesen ist. Wie ich am Beispiel des alternativen Spleißens erläutert hatte, entscheidet sich erst außerhalb der DNA, ob eine DNA-Sequenz ein bestimmtes Protein "bedeutet" oder eben ein anderes oder noch ein ganz anderes.
subgenius schrieb:Wie ist das mit Viren (biologischen) ?
Das ist auch ein schönes Beispiel. Viren selber tun ja gar nichts. Sie docken an Zellen an, wenn die Hüllproteine zur Struktur der Zellmembran passend sind. Anderenfalls passiert gar nichts. Wenn sie andocken, dann gelangt die DNA (oder RNA bei Retroviren) in das Zellinnere und wird im Rahmen der Proteomaktivität in das Genom der Zelle integriert.
Danach erfolgt genau das, was in einer Zelle immer geschieht: Transkription und Translation (Proteinbiosynthese) - nur, dass die entstehenden Makromoleküle den Zellstoffwechsel nach und nach lahmlegen, weil nun nur noch Viruspartikel produziert werden, die sich von selbst zu kompletten Viren zusammenfügen. Die Zelle wird Opfer des in ihr ablaufenden Automatismus, der - wenn keine gegenläufigen Prozesse ablaufen, die die Virenproduktion hemmen könnten - zum Zerplatzen der Zelle führt, nachdem der Innenraum mit Viren gefüllt ist.
Fremde und neue DNA-Sequenzen führen zu veränderten Proteinen, die ihrerseits das Proteom so strukturieren, dass der Zugriff auf das Genom auf veränderte Art und Weise erfolgt, so dass die Proteinproduktion fast nur noch auf Virusbestandteile hinausläuft. Entscheidend sind hier Konzentrationsgefälle, die einen veränderten Stoffwechsel nach sich ziehen. Dadurch verändern sich die Zugriffsraten auf bestimmte Teile des Genoms, so dass sich das metabolische Fließgleichgewicht auf ein verändertes Level einstellt.
Das Ganze ist jetzt stark vereinfacht dargestellt, aber ich denke, man kann daraus ersehen, dass Information in Bezug auf biologische Prozesse nichts an Erkenntnis hinzufügt, als wenn man auf diesen Begriff verzichten würde.