Ich will kurz einen Schritt zurückmachen und über die Wissenschaft des Klimawandels an sich sprechen. Das kann für die weitere Diskussion ganz nützlich sein, zudem findest vielleicht ein paar Kritikpunkte, wo ich zu sehr schludere
:DIn meinen Augen ist der größte Quell von Missverständnissen beim Klimawandel die Tatsache, das Klima gleichzeitig etwas sehr komplexes und etwas sehr simples ist. Diesen Punkt halte ich für sehr wichtig, also aufpassen und konzentrieren.
Normalerweise ist die Erde - und jeder andere Planet auch - immer im Strahlungsgleichgewicht. Energie kommt rein und genauso viel Energie kommt wieder raus. Muss ja so sein, schließlich würde jeder andere Zustand bedeuten, dass ein Planet immer mehr Energie abgibt oder immer mehr verliert.
Aber genau das passiert mit der Erde, und das kann man messen, mit Satelliten und Wetterballons. Seit dem Beginn der Industrialisierung ist die Erde im Ungleichgewicht - sie nimmt viel mehr Energie auf als dass sie welche abgibt. Diese zusätzliche Energie geht in die Schichten der Atmosphäre, in die Ozeane, in das Eis des Nordpols und der Gletscher der Erde.
Nebenbei hat Arrhenius vor über 100 Jahren herausgefunden, dass CO2 schon in winzigen Konzentrationen gewaltige Mengen an infraroter Strahlung aufnehmen kann. Gleichzeitig war klar, dass die Erde bei der Strahlung, die sie von der Sonne abbekommt eigentlich 30 Grad kälter sein müsste, wie du schon richtig erkannt hast. Nur die Treibhausgase sind in der Lage, diese gewaltige Diskrepanz zu erklären. Und der Zuwachs dieser Gase stammt fast ausschließlich vom Menschen.
Bis hierhin ist Klimawissenschaft einfach. Bis hierhin existieren eigentlich keine Kontroversen - selbst die prominenten Kontrahenten des Klimawandels, z. B. Vahrenholt, Svensmark, Lindzen, Spencer, Michaels - erkennen diese Umstände an.
Es ist die nächste Ebene - die
interne Variabilität des Klimas - die die Debatte so kompliziert macht. Svensmark & Co. argumentieren beispielsweise, dass mehr CO2 und mehr Erwärmung zu mehr Wolken führt, welche wiederrum für Abkühlung sorgen und so stets ein neues Gleichgewicht schaffen, welches sehr viel geringer als die Katastrophenszenarien sind. Fast alle Klimawissenschaftler und Physiker widersprechen dem, aber es ist immerhin eine echte wissenschaftliche Debatte.
Während der letzten 50 Jahre hat sich die Erde um gut 0,7°C erwärmt - während die Sonne sich (leicht) abkühlte und die kosmische Strahlung konstant blieb. Es bleibt nur CO2 als Erklärung. Viele Wissenschaftler sagen inzwischen, der Einfluss des Menschen auf das Klima beträgt gut 120% - ohne die zusätzlichen Treibhausgase hätte die Erde sich abgekühlt.
Das wollte ich nur mal so hinstellen, um den ganzen einen gewissen Rahmen zu geben, weil auch du interne Variabilität mit dem großen Gesamtbild verwechselst. Aber dazu mehr am Ende dieses Beitrages.
Outsider schrieb:ich sehe nur ein problem für den menschen und das auch nur weil mir das immer wieder durch die medien eingebläut wird, aber nicht für die natur. die natur ist viel zu komplex um wirklich sicher vorherzusagen was mit ihr passieren wird.
Es tut mir Leid, aber damit machst du es dir wirklich zu einfach. Hier reicht ein Bauchgefühl nicht aus. Überall auf der Welt finden momentan Experimente statt, wo Tiere und Pflanzen den Bedingungen ausgesetzt werden, die in 100 Jahren herrschen könnten, um ihre Anpassungsfähigkeit zu testen. Manchmal mit positiven Überraschungen, aber die meisten Arten haben mit so raschen Änderungen ein Problem.
Momentan bewegen sich die Klima- und Vegetationszonen mit rund 10-20 km pro Jahr nordwärds, zu den Polen hin. Salopp gesagt - so schnell kann ein Baum nicht rennen.
Der vorhergesagte Klimawandel hat einen ganzen Blumenstrauß an Konsequenzen - sowohl für Menschen, als auch für den Rest der Natur.
Ein anderes Beispiel: In den Tropen herrschen das ganze Jahr über die gleichen Temperaturen, deswegen hat auch die Ökologie des Regenwaldes nur ein kleines Temperaturfenster, auf das es sich spezialisiert hat. Im Vergleich dazu muss ein "deutscher" Wald von Sommer bis Winter +30°C bis -20°C aushalten - in den Tropen ist die Differenz zwischen den Monaten höchstens ein paar Grad.
Biologen sind sich noch uneinig, wie viel Erwärmung ein tropischer Regenwald dauerhaft aushält - vielleicht 2 bis 4 Grad Celsius in dem jeweiligen Gebiet. Hier sind die Vorhersagen für die Erde 2090 im A1F1-Szenario, welches inzwischen nicht einmal mehr als Worst Case-Szenario gilt. Man achte auf den Amazonas-Regenwald im nördlichen Brasilien:
Bis zu 12°C Erwärmung an der Stelle. Tropischer Regenwald? Keine Chance.
Outsider schrieb:gerade auch, weil dies jetzt der dritte winter in folge ist mit extremer kälte. das dürfte eigentlich nicht sein, weil wir ja im angeblichen klimawandel feststecken.
Hier muss ich deutlich protestieren.
1. Von extremer Kälte kann keine Rede sein! "Winter" sind die Monate Dezember, Januar und Februar. Erinnerst du dich daran, wie warm es den ganzen Dezember über war? Drei kalte Wochen im Februar sind zwar nervig, bringen den Winter aber gerade eben so wieder auf den Durchschnitt runter.
2. Keiner hat behauptet, ab jetzt müsse jedes Jahr wärmer sein als das vorherige. Chaos und natürliche Variabilität gibt es immer. Auch in 50 Jahren wird es noch kalte Winter geben. Aber sie werden sehr viel seltener, während heiße Sommer zunehmen.
3. Deutschland macht 0,06% der Erdoberfläche aus, selbst Europa als ganzes ist winzig. Man kann das Klima nur verstehen, wenn man den ganzen Planeten betrachtet. Und wir wissen auch, wo die fehlende Wärme ist - letzte Woche waren in Spitzbergen +7°C, auf Grönland +5°C und auf Island +10°C.
Bedenke immer: Das Wetter kann keine Energie erzeugen oder vernichten, es kann nur Energie von einem Ort der Erde zu einem anderen bringen. Ist es irgendwo auf der Erde besonders kalt, muss es woanders entsprechend warm sein.
Das krasseste kommt noch. Diese Bild zeigt die Barentsee nördlich von Russland, der Ort, wo unsere Kälte gerade herkommt (und dort dementsprechend fehlt). Links ist Spitzbergen. Das Lila ist die Eisbedeckung, jeweils am 11. Februar des jeweiligen Jahres.
Original anzeigen (0,2 MB)Es ist das erste Mal in der Geschichte der Satellitenmission, dass Nowaja Semlja (die lange Insel da) im Winter komplett eisfrei bleibt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das erste Mal seit dem Klimaoptimum im Mittelalter, und möglicherweise das erste Mal in der Geschichte der Menschheit. Das Foto wurde erst gestern veröffentlicht.