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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

14 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Allmy, Demokratie, Clash ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

10.02.2012 um 19:29
Diesmal treten emodul und Branntweiner an, das Thema lautet: Was ist die grössere Demokratiegefährung, Linke oder Rechte?

emodul fängt an und meint, dass Linke die Schlimmeren sind, Branntweiner dagegen Rechte.

Euch Beiden viel Erfolg.

Infothread: CoA 2012 - Infothread

Clash-Haupthread: CoA 2012 -– Wer ist der/die Beste?

(Bitte nicht wundern wg. der Chronologie, das 1. Achtelfinalmatch startet um 20.00 Uhr heute)


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

10.02.2012 um 20:05
Zugegeben kein einfaches Thema, welches wir uns für Runde Zwei hier selber aufgebürdet haben, aber angeblich wächst man ja nur an schwierigen Aufgaben. Und nach dieser schwülstigen Einleitung, jetzt zum Thema ...

Da ich das Privileg habe, den ersten Post in den Thread zu stellen, versuche ich mal meinen Standpunkt grob zu umreissen. Dies auch in der Hoffnung, dass man sich später nicht gegenseitig mit Argumenten eindeckt, bei denen man eigentlich einer Meinung ist.

Und weil das Thema sehr breit ist, ist es einfacher zu erklären, worum es mir nicht geht: Es geht (mir) nicht -oder nur am Rande- um die extremen politischen Flügel ganz links und ganz rechts. Aber natürlich haben die extremen Positionen teilweise doch auch Strahlkraft auf politisch gemässigte Kreise und deshalb kann man die natürlich nicht völlig ausblenden. Und nur für den Fall, dass mein Kontrahent Bock auf Glatteis hat, liegen meine Schlittschuhe auf jeden Fall schon mal hier bereit.

Etwas Historie macht sich immer gut und deshalb mal ein paar Worte zu den Begriffen links und rechts, wie sie im politischen Kontext heute meistens Verwendung finden. Die Begriffe links und rechts stammen aus der Zeit der französischen Revolution, wo in der Französischen Nationalversammlung (bzw. dem Vorgänger davon) auf der linken Seite die Leute mit revolutionärem, republikanischem Gedankengut und auf der rechten Seite die Unterstützer der Monarchie sassen. Der Begriff wurde in der Folge auch in ganz Europa dazu verwendet, um den politischen Standpunkt zu beschreiben. Aber natürlich ist eine eindimensionale Bezeichnung, die lediglich Auskunft über eine politische Seite gibt, eigentlich nicht ausreichend, um eine Partei oder auch die Einstellung eines Politikers oder auch einer Person wirklich beschreiben zu können. Trotzdem hält man an dieser sehr bequemen Einteilung fest. Gut möglich, dass dieser Umstand hier noch zum Thema werden könnte.

Wodurch zeichnet sich also linke Politik aus? Ein linker Grundsatz ist die Erklärung, dass alle Menschen "gleich" sind. Diese Idee zeichnet praktisch alle linken Parteien aus. Dieser an und für sich hehre Grundsatz krankt aber natürlich daran, dass nicht alle Bürger eines Landes und schon gar nicht alle Menschen wirklich "gleich" sind und natürlich weder die gleiche Ausgangslage noch die gleichen Möglichkeiten haben. Um nun trotzdem "Gleichheit" herzustellen, versucht linke Politik die sozial schwachen Mitglieder der Gesellschaft zu stärken, indem sie einerseits Vorteile erhalten und anderseits dadurch, dass die sozial Starken Mitglieder stärker gefordert werden. Natürlich ist das nur eine sehr grobe Umschreibung, wie linke Politik funktioniert, aber für eine erste Standortbestimmung ist das ausreichend.

Kommen wir nun zur Charakterisierung rechter Politik. Rechte Politik kümmert sich primär um die Interessen und Rechte des Individuums. Der Grundsatz hier ist, dass wer mehr leistet, auch mehr erhalten soll. Fleissige und Tüchtige sollen also für ihre Mehrleistungen belohnt werden.

Nachdem linke und rechte Politik grob umschrieben worden sind, kommen wir zum eigentlichen Thema: Wer ist die grössere Gefahr für die Demokratie, Linke oder Rechte?

Meiner Ansicht nach ist es (momentan) die Linke. Das bedeutet jetzt nicht, dass die Linke generell "schlecht" wäre. Der Linken haben die meisten Bürger in der westlichen Welt sehr viel zu verdanken. Dass die Arbeiter heute Rechte haben und keine Leibeigenen sind, ist vor allem ein Verdienst der Linken. Das ist von mir unbestritten.

Aber im linken Bestreben, alle Ungerechtigkeiten dieser Welt beseitigen zu wollen und alle Bürger "gleich" zu machen, werden zu viele Leute bevormundet. Dies führt dann häufig dazu, dass sich talentierte Leute gar nicht mehr anstrengen wollen, weil überdurchschnittliche Leistung nicht honoriert, sondern bestraft wird, während "Minderleister" belohnt werden.

Mit diesem absichtlich kurz und eher allgemein gehaltenen Post eröffne ich hiermit den Clash.

Emodul


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

10.02.2012 um 21:20
Lieber @emodul - sei gegrüßt! Freut mich, mit dir diskutieren zu dürfen.

Das Thema ist ja "Was ist die grössere Demokratiegefährung, Linke oder Rechte?"

Da möchte ich mal in sechs Punkten definieren, was unter "Demokratie" wohl gemeint ist:

1. eine pluralistische Gesellschaft, welche versucht, in Fragen, welche das Gemeinwesen betreffen, den "Volkswillen" entscheiden zu lassen. Meist indirekt (Beauftragung auf Basis eines Programms), manchmal direkt (Volksabstimmungen).

2. ein Staat, dessen Macht kontrolliert ist, gegeben durch die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative

3. ein Staat, der auf Rechtsstaatlichkeit gründet, Rechtssicherheit bietet

4. ein Staat, der auf höherwertigen Grundrechten basiert, welche in einer Verfassung festgeschrieben sind

5. ein Staat, welcher Menschenrechte für unveräußerlich hält

6. ein Staat, welcher in einem gewaltlosen Ritual in bestimmten Zeiträumen Machtwechsel ermöglicht (meist: Wahlen)


"Demokratie" gefährdet, wer zumindest einen dieser sechs Eckpfeiler aushebeln will.


Die "extreme Linke" will dies traditionellerweise im Paket mit einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel, und damit diese Vergesellschaftung nicht rückgängig gemacht werden kann, braucht es eine "Diktatur des Proletariats" (Marx/Engels) bzw. einer "Partei neuen Typs" (Lenin) mit einem auf unbestimmte Zeit festgeschriebenen Machtmonopol.

Die "extreme Rechte" sieht meist einen beschränkten geographischen Raum für bedroht und ist der Ansicht, dass pluralistische Herangehensweise die Bedrohung erhöht. In der Regel sind es die Andersdenkenden, von denen die Bedrohung ausgeht, und am besten stopft man diesen das Maul, was der beschränkten Region zugute komme. Militär und Polizei sind wichtige Machtstützen extrem rechter, faschistischer Regierungen. Damit man seinen eigenen Standpunkt wirksam an Mann und Frau bringen kann, wird ideologisch gerne der eigene beschränkte Raum überhöht als "stolze Nation" oder gar "Nation von Übermenschen" verklärt.

"Extrem linke" Regierungen gibt es gegenwärtig in China, Vietnam, Kuba und Nordkorea. Also ziemlich weit weg von uns und wenig stilbildend (ein paar Kim-Fans gibt es in Deutschland noch, aber die fallen eher durch lustige Internetseiten auf und durch nützliche Vermittlung von Reisen nach Nordkorea).

In Europa kann man sie seit dem politsichen Untergang der Sowjetunion vergessen. Die wohl einzige relevante Nachfolgepartei einer kommunistischen Machtpartei ist die PDS in Deutschland, aber ich kann nicht erkennen, dass sie die Diktatur des Proletariats wieder einführen möchte.

Anders sieht es da schon in Europa auf Seiten der "extremen Rechten" aus. In den 90ern noch als grenzdebile vollgefressene Haarlose mit Springerstiefeln belächelt, feiert rechtsextremes Gedankengut grade auf der Anti-EU-Welle, die ja sowas von en vogue ist, fröhliche Urständ, und belächelte Randparteien bekommen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Stimmenanteile, dass einem die Spucke wegbleibt.

Österreich: 2000 wurde ein Kanzler verhindert (vermutlich vom Bundespräsidenten), der die Arbeitspolitik der NSDAP bejubelte und den Staat Österreich als "Missgeburt" bezeichnete.

Österreich: eine Partei, die sich mit Gaddafi-Geldern versorgte, gegen islamische Mitbürger hetzt und "Mut für Wiener Blut" einfordert, liegt derzeit bei 25% der Stimmenanteile (Umfragenwerte)

Deutschland: die NPD kämpft ja noch gegen das Dummheits-Image, deren Wahlplakate zeugen aber davon, dass der Kampf noch nicht gewonnen ist. Besser gestellt sind da schon einige Internet-Recken. Während der Krise konnte der Kampf gegen das "Finanzkapital" und die "Zinsknechtschaft" (Punkt 11 des NSDAP-Parteiprogramms) sehr gut in die Diskussion eingebracht werden. Ich möchte nicht wissen, wieviele der Leute, die das Wort "Zinsknechtschaft" verwenden, wissen, dass sie NS-Propagandaterminologie verwenden. Ich schätze 1-2 Prozent. Nur der "arme" Horst Mahler und andere alten "Recken" müssen im Augenblick aus gesiebter Luft zusehen.

Ungarn: eine Partei, die sich auf die Terrororganisation "Pfeilkreuzler" als historische Vorbilder beruft, eine paramilitärische Garde unterhält (mehrfach verboten, mehrfach neu gegründet) und offen rassistisch und antisemitisch auftritt (antisemitische Demos in Budapest, Belagerung von Roma-Dörfern), hat ein augenblickliches Stimmenpotenzial von 15-20%. Bei den EU-Wahlen konnte sie dieses Potenzial voll ausschöpfen, bei den Parlamentswahlen nicht ganz (wegen Orbán).

Niederlande: Die rasenden Rassisten Fortuyn und Wilders sind ja bestens bekannt.

Belgien: die protofaschistische Vlaams Belaang ist sowas von etabliert. Die kann werkeln, wie sie will - unter anderem Wahlbündnisse mit der wallonischen Front National (Hauptsache gegen "Ausländer").

Italien: die Lega Nord ist ja auch "etabliert". Dass sie mit den "Grünhemden" auch eine paramilitärische Parteigarde haben, wissen die wenigsten. Dafür ist Mario Borghezio in VT-Kreisen recht beliebt, obwohl (weil?) er eigenhändig ein Roma-Zeltlager angezündet hat.

Frankreich: die Tochter von LePen tourt derzeit als Diva der Front National durch die Medien. Mal schauen, ob es was hilft. Die Mussolini-Dame in Italien war da nicht sehr erfolgreich.

Soweit mal eine nicht sehr vollständige Einführung ins Gruselkabinett aktueller rechtsextremer Politik in Europa. Interessant auf alle Fälle ist, dass der letzte Akt von Imagebildung ein Schulterschluss rechtspopulistischer und rechtsextremer Politiker/Parteien mit einer "Jerusalemer Erklärung" war. Ja! Die waren dort. Der Grund ist klar: mit Antisemitismus ist keine Wahl zu gewinnen, mit Angst vor Muslimen schon (der Verkaufserfolg von Sarrazins Buch kann nicht lügen!). Aber sie werden sich schwer tun damit, der Schulterschluss der Rechten mit den Muslimen der Levante ist seit Hitler unumstößlich gewesen. Aber letztlich egal: Populismus wird bei den Rechtsextremen als politische Propaganda groß geschrieben - heute so, morgen so. Wie's grade passt.

Lieber @emodul ... von der linken Seite kann ich leider keine Zombieshow vorweisen, aber vielleicht kannst du ja mit einer auffahren. Aber wenn die oben Genannten so richtig an die Machttöpfe kommen, na dann gute Nacht, Europa.

Faschismus ist im Augenblick unter uns, Kommunismus nicht.


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

10.02.2012 um 23:23
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Lieber @emodul - sei gegrüßt! Freut mich, mit dir diskutieren zu dürfen.
Die Grüsse erwidere ich gerne. Ich freue mich auf eine (hoffentlich) interessante Diskussion.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Das Thema ist ja "Was ist die grössere Demokratiegefährung, Linke oder Rechte?"

Da möchte ich mal in sechs Punkten definieren, was unter "Demokratie" wohl gemeint ist:

1. eine pluralistische Gesellschaft, welche versucht, in Fragen, welche das Gemeinwesen betreffen, den "Volkswillen" entscheiden zu lassen. Meist indirekt (Beauftragung auf Basis eines Programms), manchmal direkt (Volksabstimmungen).

2. ein Staat, dessen Macht kontrolliert ist, gegeben durch die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative

3. ein Staat, der auf Rechtsstaatlichkeit gründet, Rechtssicherheit bietet

4. ein Staat, der auf höherwertigen Grundrechten basiert, welche in einer Verfassung festgeschrieben sind

5. ein Staat, welcher Menschenrechte für unveräußerlich hält

6. ein Staat, welcher in einem gewaltlosen Ritual in bestimmten Zeiträumen Machtwechsel ermöglicht (meist: Wahlen)


"Demokratie" gefährdet, wer zumindest einen dieser sechs Eckpfeiler aushebeln will.
Keine Widerrede meinerseits.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Die "extreme Linke" will dies traditionellerweise im Paket mit einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel, und damit diese Vergesellschaftung nicht rückgängig gemacht werden kann, braucht es eine "Diktatur des Proletariats" (Marx/Engels) bzw. einer "Partei neuen Typs" (Lenin) mit einem auf unbestimmte Zeit festgeschriebenen Machtmonopol.
Eigentlich habe ich ja extreme politische Positionen in meinem ersten Posting absichtlich etwas ausgeklammert. "Ismen" sind -meiner Meinung nach- abzulehnen. Natürlich nicht nur die extreme Linke, sondern auch die extreme Rechte.

Und nur um das nochmals klar zu stellen, meine Aufgabe hier sehe ich nicht darin, irgendwelche extremen rechten Exponenten und ihr Tun zu verteidigen. Und natürlich gehe ich auch davon aus, dass du hier nicht gleich Stalin und Mao loben und preisen willst.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Die "extreme Rechte" sieht meist einen beschränkten geographischen Raum für bedroht und ist der Ansicht, dass pluralistische Herangehensweise die Bedrohung erhöht. In der Regel sind es die Andersdenkenden, von denen die Bedrohung ausgeht, und am besten stopft man diesen das Maul, was der beschränkten Region zugute komme. Militär und Polizei sind wichtige Machtstützen extrem rechter, faschistischer Regierungen. Damit man seinen eigenen Standpunkt wirksam an Mann und Frau bringen kann, wird ideologisch gerne der eigene beschränkte Raum überhöht als "stolze Nation" oder gar "Nation von Übermenschen" verklärt.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:"Extrem linke" Regierungen gibt es gegenwärtig in China, Vietnam, Kuba und Nordkorea. Also ziemlich weit weg von uns und wenig stilbildend (ein paar Kim-Fans gibt es in Deutschland noch, aber die fallen eher durch lustige Internetseiten auf und durch nützliche Vermittlung von Reisen nach Nordkorea).
Wobei die Unterschiede zwischen den von dir hier aufgelisteten Ländern ziemlich gross sind. China und Nordkorea kann man fast nicht miteinander vergleichen.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:In Europa kann man sie seit dem politsichen Untergang der Sowjetunion vergessen. Die wohl einzige relevante Nachfolgepartei einer kommunistischen Machtpartei ist die PDS in Deutschland, aber ich kann nicht erkennen, dass sie die Diktatur des Proletariats wieder einführen möchte.
Also dass es keine extremen linken Strömungen in Europa gibt, würde ich jetzt nicht unbedingt unterschreiben wollen. Aber wie bereits geschrieben, die extremen Positionen sind jetzt nicht unbedingt das, was ich hier verteidigen will. Meist disqualifizieren sich die Extremisten beider Seiten ja mit ihren Äusserungen ja selbst.
Aber deine letzte Bemerkung kann ich nicht unkommentiert stehen lassen: "Die Überwindung des Kapitalismus" ist nämlich selbst bei gemässigten linken Parteien noch immer ein Thema.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Anders sieht es da schon in Europa auf Seiten der "extremen Rechten" aus. In den 90ern noch als grenzdebile vollgefressene Haarlose mit Springerstiefeln belächelt, feiert rechtsextremes Gedankengut grade auf der Anti-EU-Welle, die ja sowas von en vogue ist, fröhliche Urständ, und belächelte Randparteien bekommen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Stimmenanteile, dass einem die Spucke wegbleibt.
Dass extreme rechte Parteien teilweise auf dem Vormarsch sind, das ist unbestritten. Allerdings basiert der Erfolg dieser Parteien meist eher auf der Enttäuschung der Wähler mit der aktuellen Politik und nicht auf dem Umstand, dass der Normalbürger plötzlich zum "Nazi" mutiert wäre.

Der Rechtsrutsch ist also zu einem grossen Teil auf Protestwähler zurückzuführen, die damit die Regierenden abstrafen wollen. Dass die Protestwähler rechte Parteien bevorzugen, liegt ganz einfach am Umstand, dass eher linke Parteien (Mitte-links-Regierungen) an der Macht sind. Die gleichen Protestwähler würden sehr wahrscheinlich linksextreme Parteien wählen, wenn rechte Parteien aktuell an der Macht wären.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Österreich: 2000 wurde ein Kanzler verhindert (vermutlich vom Bundespräsidenten), der die Arbeitspolitik der NSDAP bejubelte und den Staat Österreich als "Missgeburt" bezeichnete.
Als ich von Glatteis schrieb, hatte ich solche Aussagen im Hinterkopf. Im ersten Posting hätte ich das jetzt aber nicht unbedingt erwartet.

Wie auch immer, ich sehe keine Veranlassung, Aussagen irgendwelcher österreichischer Politiker hier irgendwie schön zu reden.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Österreich: eine Partei, die sich mit Gaddafi-Geldern versorgte, gegen islamische Mitbürger hetzt und "Mut für Wiener Blut" einfordert, liegt derzeit bei 25% der Stimmenanteile (Umfragenwerte)
Die Behauptung, dass eine österreichische Parteien von Gaddafi Geldern profitieren würde, habe ich interessanterweise erst kürzlich bei einem Besuch in Österreich von eher rechts eingestellten Leuten gehört. Die besagte Theorie war, dass die Grünen von Gaddafi in der Vergangenheit Geld erhalten hätten, damit sie alternative Energiequellen mit dem Vorwand des Umweltschutzes verhindern würden. Diese "Verschwörungstheorie" glaube ich übrigens nicht und noch weniger glaube ich die von dir hier vorgebrachte Theorie, dass Gaddafi eine Partei unterstützt hätte, die anschliessend Stimmung gegen islamische Mitbürger gemacht hat. Hört sich ziemlich wirr an.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Deutschland: die NPD kämpft ja noch gegen das Dummheits-Image, deren Wahlplakate zeugen aber davon, dass der Kampf noch nicht gewonnen ist. Besser gestellt sind da schon einige Internet-Recken. Während der Krise konnte der Kampf gegen das "Finanzkapital" und die "Zinsknechtschaft" (Punkt 11 des NSDAP-Parteiprogramms) sehr gut in die Diskussion eingebracht werden. Ich möchte nicht wissen, wieviele der Leute, die das Wort "Zinsknechtschaft" verwenden, wissen, dass sie NS-Propagandaterminologie verwenden. Ich schätze 1-2 Prozent. Nur der "arme" Horst Mahler und andere alten "Recken" müssen im Augenblick aus gesiebter Luft zusehen.
Und schon sind wir wieder bei den Extremisten ...

Aber dass der Kampf gegen die Finanzelite nur von rechts geführt würde, stimmt so sicher nicht. Diese "Auswüchse" des Kapitalismus sind eigentlich klassisches Territorium der linken Parteien.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Ungarn: eine Partei, die sich auf die Terrororganisation "Pfeilkreuzler" als historische Vorbilder beruft, eine paramilitärische Garde unterhält (mehrfach verboten, mehrfach neu gegründet) und offen rassistisch und antisemitisch auftritt (antisemitische Demos in Budapest, Belagerung von Roma-Dörfern), hat ein augenblickliches Stimmenpotenzial von 15-20%. Bei den EU-Wahlen konnte sie dieses Potenzial voll ausschöpfen, bei den Parlamentswahlen nicht ganz (wegen Orbán).

Niederlande: Die rasenden Rassisten Fortuyn und Wilders sind ja bestens bekannt.

Belgien: die protofaschistische Vlaams Belaang ist sowas von etabliert. Die kann werkeln, wie sie will - unter anderem Wahlbündnisse mit der wallonischen Front National (Hauptsache gegen "Ausländer").

Italien: die Lega Nord ist ja auch "etabliert". Dass sie mit den "Grünhemden" auch eine paramilitärische Parteigarde haben, wissen die wenigsten. Dafür ist Mario Borghezio in VT-Kreisen recht beliebt, obwohl (weil?) er eigenhändig ein Roma-Zeltlager angezündet hat.

Frankreich: die Tochter von LePen tourt derzeit als Diva der Front National durch die Medien. Mal schauen, ob es was hilft. Die Mussolini-Dame in Italien war da nicht sehr erfolgreich.
Noch mehr extreme Exponenten von rechts.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Soweit mal eine nicht sehr vollständige Einführung ins Gruselkabinett aktueller rechtsextremer Politik in Europa. Interessant auf alle Fälle ist, dass der letzte Akt von Imagebildung ein Schulterschluss rechtspopulistischer und rechtsextremer Politiker/Parteien mit einer "Jerusalemer Erklärung" war. Ja! Die waren dort. Der Grund ist klar: mit Antisemitismus ist keine Wahl zu gewinnen, mit Angst vor Muslimen schon (der Verkaufserfolg von Sarrazins Buch kann nicht lügen!). Aber sie werden sich schwer tun damit, der Schulterschluss der Rechten mit den Muslimen der Levante ist seit Hitler unumstößlich gewesen. Aber letztlich egal: Populismus wird bei den Rechtsextremen als politische Propaganda groß geschrieben - heute so, morgen so. Wie's grade passt.
Also wer gegen Muslime ist, der ist eigentlich automatisch ein Antisemit. Nicht wenige Muslime gehören ja zu den Semiten. Aber eigentlich lohnt es sich in diesem Zusammenhang jetzt nicht, über irgendwelche Begrifflichkeiten zu streiten. Tatsache ist aber natürlich, dass rechtsextreme Parteien in Europa an Boden gewinnen. Und die aktuellen Regierungsparteien, häufig Mitte-links-Regierungen, sind daran alles andere als unschuldig.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Lieber @emodul ... von der linken Seite kann ich leider keine Zombieshow vorweisen, aber vielleicht kannst du ja mit einer auffahren. Aber wenn die oben Genannten so richtig an die Machttöpfe kommen, na dann gute Nacht, Europa.
Hier sind wir jetzt eigentlich langsam beim Thema angelangt. Viele Wähler sind mit den aktuellen Regierungen unzufrieden und tun ihr Missfallen dadurch kund, indem sie ihre Stimme gerade auch extremen Exponenten des rechten Spektrums geben. Wer die Anliegen seiner Bürger nicht ernst nimmt, der fordert dieses Phänomen doch geradezu herauf.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Faschismus ist im Augenblick unter uns, Kommunismus nicht.
Und in diesem Zusammenhang stellt sich doch automatisch die Frage, weshalb das so ist. Wer einfach alle Wähler rechtsextremer Parteien für unmündig erklären möchte, der kann dies natürlich tun. Allerdings läuft man dann halt Gefahr, den Draht zu diesen Leuten irgendwann völlig zu verlieren. Gerade linke Politiker beweisen in dieser Hinsicht häufig kaum Fingerspitzengefühl und sorgen so indirekt für den guten Zulauf bei den rechtsextremen Parteien.

Wer die Anliegen seiner Bürger nicht ernst nimmt, der gefährdet die Demokratie dadurch, dass er extremen Strömungen Vorschub leistet. Und wenn aktuell Mitte-links-Regierungen an der Macht sind und dieser Entwicklung nur mit unpassenden Massnahmen begegnen, dann ist die Demokratie wirklich in Gefahr.

Emodul


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 00:15
Lieber @emodul, nun ist es sehr schwer für mich, irgendwo anzuknüpfen, da du meine Position bestätigst: den Anklang rechtsextremer Politik in Europa. Und dass du diesen in nicht demokratiegefährdender linksliberaler Politik siehst, da fällt mir nur ein Slutwalk-Slogan ein:
DONT'T TELL US HOW TO DRESS, TELL THEM NOT TO RAPE!
Selbstverständlich diskutiere ich jetzt nicht über linksliberale Politik. Diese ist legitimer Teil einer demokratischen Gesellschaft, und wenn sie vom Wählerwillen für eine Legislaturperiode legitimiert ist, dann ist das wohl eine demokratische Entscheidung. Bei Unzufriedenheit wird sie bei den nächsten Wahlen wieder abgewählt, ein ganz normaler demokratischer Vorgang. So wie es sein soll. Brandt - Schmidt - Kohl - Schröder - Merkel. Völlig normal.

Linksliberaler Politik jedoch vorzuwerfen, sie würde der Radikalisierung der Rechten und deren Popularisierung Vorschub leisten, da sie nicht auf "die Bürger" (TM) halte ich für unverschämt.

Und wenn du schreibst
Zitat von emodulemodul schrieb:Tatsache ist aber natürlich, dass rechtsextreme Parteien in Europa an Boden gewinnen.
frage ich mich, worüber diskutieren wir eigentlich? Wir sind einer Meinung.




Post Scriptum:
Zitat von emodulemodul schrieb:Also wer gegen Muslime ist, der ist eigentlich automatisch ein Antisemit. Nicht wenige Muslime gehören ja zu den Semiten
Einserschmäh. Du weißt genau, wie das Wort /Antisemitismus/ im deutschen Sprachraum konnotiert ist.
Zitat von emodulemodul schrieb:noch weniger glaube ich die von dir hier vorgebrachte Theorie, dass Gaddafi eine Partei unterstützt hätte, die anschliessend Stimmung gegen islamische Mitbürger gemacht hat.
Die österreichische Staatsanwaltschaft glaubt das sehr wohl:
http://www.profil.at/articles/1041/560/279853/haider-millionen-was-bundesnachrichtendienst (Archiv-Version vom 13.06.2012)

Das mit den Grünen ist auch bekannt, aber sehr lange her und diese Leute sind nicht mehr in der Politik aktiv:
http://www.profil.at/articles/1110/560/291268/revolutionaere-spinner-wie-gruene-tripolis-gaddafi (Archiv-Version vom 28.09.2011)


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11.02.2012 um 00:23
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Linksliberaler Politik jedoch vorzuwerfen, sie würde der Radikalisierung der Rechten und deren Popularisierung Vorschub leisten, da sie nicht auf "die Bürger" (TM) halte ich für unverschämt.
Fehlerkorrektur, ich habe ein Verb vergessen:

Linksliberaler Politik jedoch vorzuwerfen, sie würde der Radikalisierung der Rechten und deren Popularisierung Vorschub leisten, da sie nicht auf "die Bürger" (TM) hört, halte ich für unverschämt.



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11.02.2012 um 02:16
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Lieber @emodul, nun ist es sehr schwer für mich, irgendwo anzuknüpfen, da du meine Position bestätigst: den Anklang rechtsextremer Politik in Europa. Und dass du diesen in nicht demokratiegefährdender linksliberaler Politik siehst, da fällt mir nur ein Slutwalk-Slogan ein:
Da liegt nun ein klitzekleines Missverständnis vor. Bestätigt von mir wurde nicht deine Position, sondern die Tatsache, dass rechtsextreme Parteien in Europa in den letzten Jahren an Boden gewonnen haben.

Da ich aber in meinem ersten Posting extremistische Parteien ja eigentlich explizit ausgeschlossen habe, weil sich Demokratie und extreme Standpunkt nicht wirklich vertragen, kann ich jetzt nicht erkennen, wo du hier Land gewonnen haben willst.

Bei einer Diskussion ist immer auch Interaktion gefragt und dem Gegner selbst einen Standort zuweisen zu wollen, den er zuvor eigentlich ausgeklammert hat, zeugt nicht unbedingt von Geschick. Sich auf etwas vorbereiten ist gut, aber man sollte das Thema schon etwas variieren können, sonst wird es ziemlich schnell ziemlich fad.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:DONT'T TELL US HOW TO DRESS, TELL THEM NOT TO RAPE!
Ein guter Spruch. Schade nur, dass er hier nicht wirklich passt.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Selbstverständlich diskutiere ich jetzt nicht über linksliberale Politik. Diese ist legitimer Teil einer demokratischen Gesellschaft, und wenn sie vom Wählerwillen für eine Legislaturperiode legitimiert ist, dann ist das wohl eine demokratische Entscheidung. Bei Unzufriedenheit wird sie bei den nächsten Wahlen wieder abgewählt, ein ganz normaler demokratischer Vorgang. So wie es sein soll. Brandt - Schmidt - Kohl - Schröder - Merkel. Völlig normal.
Selbstverständlich entscheidet nicht einer alleine, worüber hier diskutiert wird.

Und trotzdem ist hier jetzt ein Guter Punkt, um anzuknüpfen. Das gleiche Verhalten, auf irgendwelche Anliegen gar nicht erst einzutreten oder sie so zu interpretieren, wie es einem gerade passt, beobachtet man nur zu häufig in der Politik.
Linksliberaler Politik jedoch vorzuwerfen, sie würde der Radikalisierung der Rechten und deren Popularisierung Vorschub leisten, da sie nicht auf "die Bürger" hören (TM) halte ich für unverschämt.
Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass rechtsextreme Parteien, die vor einigen Jahren noch eine Randerscheinung waren, teilweise massiv Wähler gewonnen haben. Und die Annahme, dass die aktuellen Regierungen nicht auch dazu beigetragen haben, dass diese Parteien überhaupt so stark an Stimmen zulegen konnten, ist doch einfach nur naiv. An den tollen Parteiprogrammen der Rechtsextremen liegt es meistens nicht, bleibt also noch der Protest gegen die amtierende Regierung als Grund für den Erfolg.
Und wenn du schreibst
emodul schrieb:
Tatsache ist aber natürlich, dass rechtsextreme Parteien in Europa an Boden gewinnen.
frage ich mich, worüber diskutieren wir eigentlich? Wir sind einer Meinung.
Leider wurde die Diskussion in den letzten beiden Posting -für meinen Geschmack- etwas zu stark in Richtung Rechtsextremismus getragen. Das ist schade, denn das Thema ist nicht nur, ob Rechtsextremismus (oder auch Linksextremismus) eine Gefahr für die Demokratie darstellen würde. Wie schon ganz am Anfang geschrieben, halte ich "ismen" und Demokratie eigentlich sowieso für unvereinbar.

Die Gefahren für die Demokratie sehe ich deshalb auch nicht nur bei extremen Parteien, denn die mit den extremen Parteien verknüpften Gefahren, sind für eine Mehrheit der Wähler meist ohnehin klar erkennbar und mit den Protestwählern alleine, bekommt man meist (noch) keine regierungsfähige Mehrheiten.

Die Gefahren für die Demokratie sehe ich deshalb vor allem dort, wo der Bürger immer stärker bevormundet wird und andere für ihn die Entscheide treffen, weil die Zusammenhänge für den Bürger angeblich zu kompliziert geworden sind.

Dem Bürger wird also zunehmend die Fähigkeit abgesprochen, über sein "Schicksal" selbst bestimmen zu dürfen, stattdessen übernehmen Politiker diese Aufgabe. In dieser Entwicklung sehe ich tatsächlich eine Gefahr für die Demokratie, weil die Politiker natürlich sehr häufig "übergeordnete Interessen" einfliessen lassen müssen und es zu Entscheidungen kommt, die ganz anders aussehen würden, wenn der Bürger dazu befragt worden wäre.

Hier orte ich nun wahren Gefahren für die Demokratie und nicht bei ein paar Dummköpfen, die ihr Parteiprogramm von der NDSAP übernommen haben ...

Emodul


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11.02.2012 um 02:21
Zitat von emodulemodul schrieb:Da ich aber in meinem ersten Posting extremistische Parteien ja eigentlich explizit ausgeschlossen habe, weil sich Demokratie und extreme Standpunkt nicht wirklich vertragen, kann ich jetzt nicht erkennen, wo du hier Land gewonnen haben willst.
Willst du über das Thema diskutieren oder nicht?
Zitat von emodulemodul schrieb:Bei einer Diskussion ist immer auch Interaktion gefragt und dem Gegner selbst einen Standort zuweisen zu wollen, den er zuvor eigentlich ausgeklammert hat
Aber sicher nicht, wenn der Diskussionspartner nicht über das gegebene Thema diskutieren will.
Zitat von emodulemodul schrieb:Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass rechtsextreme Parteien, die vor einigen Jahren noch eine Randerscheinung waren, teilweise massiv Wähler gewonnen haben
Da ich nun zum zweiten Mal bestätigt wurde, beende ich die Diskussion und erkläre meinen ersten Beitrag gleichzeitig zum Schlussstatement.

@emodul
Danke für die Diskussion.


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 02:37
Ich habe alles zum Thema geschrieben.

Nur um keinen Regel-Formfehler zu begehen.


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11.02.2012 um 13:43
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Willst du über das Thema diskutieren oder nicht?
In meinem ersten Posting ist eigentlich klar ersichtlich, wohin meine Argumentation zielt und worüber ich diskutieren will. Das Thema lautet eben nicht, "Rechtsextreme Parteien auf dem Vormarsch", sondern "Was ist schlimmer, Linke oder Rechte?". Das Thema muss sich folglich eben nicht nur um die extremen Bereich links oder rechts auf dem Politspektrum drehen.
Und weil ich befürchtete, dass sich die Diskussion erst um die NPD und die Linke, dann um Skinheads und die RAF und irgendwann nur noch um Hitler und Stalin dreht und die Frage, welches dieser totalitären Regime nun mehr Opfer gefordert hätte, wollte ich die Extremisten eigentlich aus der Diskussion raus haben. Deshalb mein Versuch, die extremen politischen Positionen, die sich entweder nur schwer oder gar nicht mit demokratischen Prozessen vereinbaren lassen, gleich am Anfang schon mal auszuklammern. Denn totalitäre Systeme sind keine Gefahr für die Demokratie, sondern ein Indikator für die Abwesenheit für die Demokratie.

Dass ich Parteien mit extremen Ansichten (seien diese nun extrem rechts oder extrem links) zudem als nicht demokratisch erachte, ist dort auch zu lesen.

Trotzdem kam dann aber von dir ein Posting, das sich nur mit dem Thema rechtsextreme Parteien befasste. Auf das Eingangsposting wurde keinerlei Bezug genommen. Dass ich nicht das Thema vorgeben kann und auch keine Themen von der Diskussion ausklammern kann, ist klar.

Das bedeutet aber nicht, dass ich es mir gefallen lassen muss, in die Rolle des Verteidigers von rechtsextremen Ansichten drängen zu lassen. Und wenn du dann trotzdem Themen aufgreifst, die im ersten Post von mir eigentlich als indiskutabel deklariert wurden, sollte man dann zumindest erklären, weshalb man jetzt gerade trotzdem nur über Extremisten diskutieren will.

Um die Diskussion nicht gleich sterben zu lassen, bzw. um überhaupt eine Diskussion zu haben, bin ich auf die Argumente eingegangen und habe meinen Standpunkt nochmals verdeutlicht. Denn eine Diskussion, bei der die jeweiligen Standpunkte der Teilnehmer unklar sind, wäre ja ziemlich sinnlos.

Die alleinige Anwesenheit rechtsextremer Parteien in den politischen Prozessen ist kein Beleg dafür, dass die Demokratie in Gefahr wäre. Es ist doch primär ein Beleg dafür, dass Demokratie "lebt" und zudem ein guter Indikator für die Unzufriedenheit vieler Wähler über ihre aktuellen Regierungen.

Um den bisher eher unglücklich verlaufenen Diskussionsverlauf mal etwas überzeichnet wiederzugeben:

emodul: Extremisten ob links oder rechts würde ich gerne etwas ausklammern, um eine sinnvolle Diskussion zu ermöglichen. Eine Erläuterung, wodurch sich linke Politik auszeichnet und weshalb sie eine (unterschätzte) Gefahr für demokratische Werte darstellt.

Branntweiner: Überall machen sich die Faschisten breit. Faschisten überall.

emodul: Ja, Rechtsextreme sind teilweise wieder salonfähig geworden, aber eigentlich wollte ich jetzt nicht nur über Extreme Standpunkte diskutieren.

Branntweiner: Du gibst mir also Recht!? Die Diskussion kann damit geschlossen werden.

....


Das Thema ist aber weitaus komplexer, als du hier suggerierst und vor allem ist die Demokratie weitaus weniger in Gefahr durch rechtsextreme Parteien, als du uns hier glauben machen willst. Gerade weil Europa durch die Geschichte gelernt hat, wie gefährlich "Rattenfänger" sind, stufe ich die Gefahr durch die extreme Rechte als relativ überschaubar ein. Auch das Gefahrenpotential durch die extreme Linke für die Demokratie würde ich übrigens etwa im gleichen Rahmen ansiedeln. Und auch wenn einige rechtsextreme Parteien starken Zulauf haben, muss man doch mal festhalten, dass sie in Westeuropa nicht an der Macht sind.

Und dass die rechtsextremen Parteien Zulauf haben, weil diese Leute mit der aktuellen (Links- oder Mitte-Links-) Politik nicht zufrieden sind und aus Protest einem Rechtspopulisten ihre Stimme geben, halte ich eigentlich für einen Fakt. Denn dass nur asoziale Glatzköpfe rechtsextreme Politik unterstützen, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Und um mal konkret zu werden und ein Beispiel anzuführen: Wenn jemand seine Arbeit verliert, weil ein Ausländer den Job für weniger Lohn ausübt, dann gewinnt die NPD einen Neuwähler, weil sie solche Themen eben aufgreift.

Die Demokratie sehe ich aber dadurch noch nicht in Gefahr. Denn um am politischen Prozess teilzunehmen, müssen sich politische Parteien an die Spielregeln halten. Tun sie dies nicht, werden sie vom demokratischen Prozess ausgeschlossen. Demokratie ist kein statischer Zustand, sondern ein Prozess und Änderungen in der "Politlandschaft" deuten nicht auf einen Umsturz hin, sondern zeugen eher von gelebter Demokratie.

Damit möchte ich jetzt aber die Gefilde der Rechtsextremen eigentlich langsam hinter mir lassen.

Denn die Politflügel, sowohl links wie auch rechts, bestehen nur zu einem kleinen Teil aus Extremisten, auch wenn der Medienfokus sehr häufig natürlich nur auf diese extremen Meinungen ausgerichtet ist. Die Politik wird aber primär von Leuten gemacht, die sich nicht an den extremen Flügeln befinden.

Und wie schon in meinem ersten Posting erläutert, gibt es einige Punkte, worin sich nun rechte und linke Politik grundlegend unterscheiden. Der Einfachheit halber führe ich das nochmals in ganz groben Zügen aus.

Linke Politik geht von dem Grundsatz aus, dass eigentlich alle "gleich" sind und allenfalls doch vorhandene Unterschiede nur auf das soziale Umfeld zurückzuführen sind. Das Ziel linker Politik ist es in der Folge, solche Unterschiede bzw. Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Zu diesem Zweck werden einerseits die sozial Schwachen unterstützt und die sozial Starken stärker zur Kasse gebeten. Es ist klar, dass es bei diesem System einen starken Staat braucht, der diese "Umverteilungsmassnahme" auch durchsetzen kann.

Rechte Politik geht von dem Grundsatz aus, dass das Individuum möglichst wenig in seiner Freiheit eingeschränkt werden sollte. Und wer durch Fleiss/Talent (oder auch Glück) Überdurchschnittliches leistet, der soll das auch geniessen können. Rechte Politiker fordern daher generell eher weniger Staat und weniger Bevormundung des Einzelnen durch den Staat.

In der Realität ist es nun aber natürlich so, dass wir eine Mischung aus beiden Systemen haben, die sich im andauernden Wettstreit um die Wählergunst befinden.

Und man darf sicher davon ausgehen, dass beide politischen Systeme für sich alleine nicht oder nur schlecht funktionieren.

Damit kommen wir jetzt eigentlich erst zum Thema, weshalb ich die Demokratie eher durch linke Politik in Gefahr sehe. Die Intention der linken Politik, dass alle Bürger gleiche Chancen haben sollten, ist eigentlich löblich, negiert aber den unumstösslichen Fakt, dass eben nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben und dass Unterschiede eben nicht nur auf soziale Einflüsse zurückzuführen sind. Diese Unterschiede nun aber trotzdem um jeden Preis zu überwinden, dafür setzen sich Linke ein. Das an und für sich gute System, also das sozial Starke die sozial Schwachen unterstützen, wird zunehmend so umgebaut, dass "Gleichheit" herrscht. Man will damit -so ganz salopp gesagt- soziale Spannungen vermeiden.

Allerdings führt dies dazu, dass immer weniger für immer mehr ebenfalls die "Zeche" zahlen dürfen. Mehrleistungen lohnen sich für viele nicht mehr, weil sie sich ganz einfach nicht mehr auszahlen. Es geht hier übrigens nicht um Sozialschmarotzer, sondern um Anreize, die vorhanden sein müssen, damit jemand mehr leistet. Aber nur solange es diese Anreize gibt, wird man hier auch zusätzliche Einnahmen generieren können, um die sozial Schwachen weiterhin unterstützen zu können. Greift hier der Staat -mit der Absicht alle möglichst gleich zu machen- zu stark ein, dann fehlen diese notwendigen Mehreinnahmen irgendwann, weil die Leute in Länder abwandern, wo die Umgebungsbedingungen für sie besser sind. Bisher wird dieses Problem mit immer noch mehr Staat zu lösen versucht. Die gegenwärtige Krise in der Euro ist natürlich nicht nur darauf zurückzuführen, aber es ist Bestandteil davon.

Und die Eurokrise liefert nun ein weiteres Stichwort. Hier ist momentan zu sehen, wie mit einer Umverteilungsmassnahme von gigantischen Ausmass, verhindert werden soll, dass die EU auseinanderbricht. Diese Umverteilung ist nur möglich, weil die Bürger hier gar nicht mitreden dürfen. Die Bürger dürfen also die Fehler der Politik bezahlen und haben nicht einmal ein Mitspracherecht.

Nachdem mein Standort nun mehr als klar sein dürfte, hoffe ich, dass sich die Diskussion jetzt wieder in eine sinnvolle Richtung weiterentwickelt und harre gebannt auf die Argumente, die da kommen mögen.

Emodul


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 17:13
@emodul

Ich finde es ehrenwert, dass du mich in die Diskussion zurückholst. Aber was soll ich denn noch antworten?

Du siehst Mitte-Links-Regierungen als Gefahr für Demokratie.
Du siehst sozialstaatliche Maßnahmen als Gefahr für Demokratie.

Mir fehlt jedoch das "Fleisch" in deinen Aussagen:

- Welche Regierungen?
- Welcher Staat?
- Welche Maßnahmen?
- Wie soll gegen diese "demokratiefeindlichen Parteien" vorgegangen werden?
- Was sind deine Alternativen zu den "Demokratiefeinden"?

Du siehst nachwievor Mitte-Links-Parteien bzw. -Regierungen als Steigbügelhalter für Rechtsparteien. Ich halte das nachwievor für mehr als befremdend.

Ich lebe selbst in einem Land mit einer Mitte-Links-Regierung, und ich sehe diese Regierung als Schutzschild vor einer Partei, welche 25% Stimmenpotenzial hat und in Teilen die Aufhebung des NSDAP-Verbotsgesetzes verlangt.

Sollten deiner Meinung nach die österreichische Sozialdemokratie und die Volkspartei sich auflösen? Zwei Parteien, die aufgrund gemeinsamer Erfahrungen im KZ nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zueinandergefunden haben? Nachdem sie 1934 noch aufeinander geschossen hatten, als die Christlich-Sozialen putschten und einen faschistischen "Ständestaat" errichteten?

Oder soll ich nach Ungarn schauen? Dort regiert eine nationalkonservative Partei mit Zweidrittelmehrheit und ringt mit ganz schlechten Umfragewerten. Einzige relevante Oppositionskraft ist die protofaschistische Jobbik. Und was passiert in Ungarn? Aus Angst noch mehr nach Rechts zu verlieren, wird Demokratie abgebaut und auf die Schwächsten geprügelt. Nur eine kleine Auflistung:

- massive Medienkontrolle (auch privater Medien)
- Abbau der Rechte verfassungsmäßiger Kontrollorgane (Verfassungsgerichtshof)
- rückwirkende Gesetzgebung
- hoher Druck auf Minderheiten (Zwangsarbeit für dauerarbeitslose Roma)

Oder wenn du schreibst:
Zitat von emodulemodul schrieb:Rechte Politik geht von dem Grundsatz aus, dass das Individuum möglichst wenig in seiner Freiheit eingeschränkt werden sollte. Und wer durch Fleiss/Talent (oder auch Glück) Überdurchschnittliches leistet, der soll das auch geniessen können. Rechte Politiker fordern daher generell eher weniger Staat und weniger Bevormundung des Einzelnen durch den Staat.
Verwechselst du nicht Neoliberalismus und "Rechts"?

Ein Rundumschlag in die Parteiprogramme der europäischen Rechten ergibt ein völlig anderes Bild:

- Radikaler Wirtschaftsprotektionismus (Jobbik, Ungarn)
- Grundversorgung wird verstaatlicht (Jobbik, Ungarn)
- Lebenslange Haft für Wirtschaftstreibende, die Staatseigentum privatisieren wollen (Jobbik, Ungarn)
- Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit (NPD, Deutschland)
- Wiedereinführung der Todesstrafe (Front National, Frankreich)
- Zwangsarbeit für Arbeitslose (Ungarn, Realität unter der Fidesz-Regierung)
- Schulbücher von ausschließlich staatlichen Verlagen (Jobbik, Ungarn)
- Getrennte Erziehung von Roma (Jobbik, Ungarn)
- Getrennte Erziehung von "Ausländern" (NPD, Deutschland)
- Staatliche Medien mit dem Auftrag der "nationalen Identitätsstiftung" (Jobbik, Ungarn)
- jus sanguinis als Grundlage des Staatsbürgerschaftsgesetzes (FN, Frankreich)
- Pflichtabschiebung ausländischer Bürger (NPD, Deutschland)
- Einschränkung der Niederlassungs- und Versammlungsfreiheit von "Migranten" (FN, Frankreich)

Von "Freiheit des Individuums" kann ich da eigentlich wenig erkennen, eher einen massiven saatlicher Angriff auf sowohl Freiheit wie auch Individuen.

Oh nein, es sind nicht die Parteien der Mitte und der gemäßigten Linken, welche Demokratie gefährden. Es sind die Rechten. Die radikale Rechte fordert den Abbau von Demokratie direkt ein, die "gemäßigte Rechte" schreckt vor autoritären Machtformen nicht zurück, wenn sie an der Macht ist.

Aber bei Orbán und Berlusconi bin ich noch gar nicht. Bei Strache und Wilders auch noch nicht.


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 19:16
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb:Du siehst Mitte-Links-Regierungen als Gefahr für Demokratie.
Du siehst sozialstaatliche Maßnahmen als Gefahr für Demokratie.
Du vermischt da zwei von mir gemachte Aussagen miteinander. Die aktuellen Mitte-links-Regierungen bzw. ihre Politik sehe ich tatsächlich als Auslöser für die Erfolge der rechtsextremen Parteien. Eine Gefahr der Demokratie sehe ich hier aber insofern noch nicht, als sich die Grössen der rechtsextremen Parteien trotz Wählerzuwachs in bescheidenem Rahmen bewegen. Regional kann das natürlich anders aussehen.

Und die sozialstaatlichen Massnahmen sind dann eine Gefahr, wenn sie dazu führen, dass "gute" Leute in Scharen abwandern, um bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu finden. Dass die sozialstaatlichen Massnahmen an und für sich eine gute Sache sind, das ist unbestritten. Aber diese sozialstaatlichen Massnahmen muss man auch bezahlen können. Jemand muss diesen Mehrwert schaffen, damit man diese Massnahmen auch bezahlen kann.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: Du siehst nachwievor Mitte-Links-Parteien bzw. -Regierungen als Steigbügelhalter für Rechtsparteien. Ich halte das nachwievor für mehr als befremdend.
Wenn Anliegen vieler Leute nicht ernst genommen werden und von den Regierenden als diffuse Ängste weggeredet werden, dann führt dies zwangsläufig dazu, dass sich Leute nach Alternativen zu den etablierten Parteien umsehen. Dass man es nicht allen Leuten recht machen kann und es immer Leute geben wird, die mit der aktuellen Regierung unzufrieden sind, versteht sich von selbst.
Es geht hier also nicht um die Anliegen irgendwelcher Arier, die sich von der Mitte-links-Regierung nur schlecht vertreten fühlen, sondern z.B. um die Angst, den Job zu verlieren, weil ein Ausländer den gleichen Job billiger macht. Weil das Thema Ausländerzuwanderung bei den linken Parteien aber ein Thema ist, das grundsätzlich nur positiv gesehen wird, führt dies dazu, dass Parteien wie die NPD gratis Schützenhilfe bekommen, weil sie sich nicht zu schade dafür sind, dieses Thema aufzugreifen.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: Sollten deiner Meinung nach die österreichische Sozialdemokratie und die Volkspartei sich auflösen? Zwei Parteien, die aufgrund gemeinsamer Erfahrungen im KZ nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zueinandergefunden haben? Nachdem sie 1934 noch aufeinander geschossen hatten, als die Christlich-Sozialen putschten und einen faschistischen "Ständestaat" errichteten?
Die Auflösung einer Partei wurde von mir gar nicht gefordert. Wie käme ich dazu, die Auflösung irgendeiner österreichischen Partei zu fordern? Das ist kein Anliegen von mir. Im Gegenteil, politisches Engagement ist auf jeden Fall besser, als Trübsal zu blasen.

Mein Punkt ist nur der, dass den Bürgern zunehmend die Möglichkeit entzogen wird, überhaupt noch in das politische Geschehen eingreifen zu können. Der Bürger wird faktisch für unmündig erklärt und der Staat regelt alles zu seinem "Besten". Das darf durchaus auch als Kritik an der repräsentativen Demokratie verstanden werden, wo man jemanden wählt, in der Hoffnung, dass diese Person anschliessend die richtigen Entscheidungen trifft.
Und ich stelle im übrigen fest, dass wir schon wieder bei der NS-Zeit angelangt sind ...
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: Verwechselst du nicht Neoliberalismus und "Rechts"?
Der Begriff Neoliberalismus ist aber jetzt nicht unbedingt eine linke Erfindung. Ganz im Gegenteil, kommt die Kritik am Neoliberalismus doch eigentlich von links, die mit dem Begriff Neoliberalismus eine unsoziale Marktwirtschaft meint. Meine Erläuterungen sollten nur aufzeigen, dass man kein Geld verteilen kann, wenn niemand mehr da ist, der auch (überdurchschnittlich) Steuern zahlt. Faktisch geschieht das natürlich trotzdem und auch deshalb verschulden sich die westlichen Staaten momentan so stark. Dass daran nur die linken Regierungen schuld sind, das ist nicht meine Aussage.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: Ein Rundumschlag in die Parteiprogramme der europäischen Rechten ergibt ein völlig anderes Bild:
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: - Radikaler Wirtschaftsprotektionismus (Jobbik, Ungarn)
- Grundversorgung wird verstaatlicht (Jobbik, Ungarn)
- Lebenslange Haft für Wirtschaftstreibende, die Staatseigentum privatisieren wollen (Jobbik, Ungarn)
- Wiedereinführung der Militärgerichtsbarkeit (NPD, Deutschland)
- Wiedereinführung der Todesstrafe (Front National, Frankreich)
- Zwangsarbeit für Arbeitslose (Ungarn, Realität unter der Fidesz-Regierung)
- Schulbücher von ausschließlich staatlichen Verlagen (Jobbik, Ungarn)
- Getrennte Erziehung von Roma (Jobbik, Ungarn)
- Getrennte Erziehung von "Ausländern" (NPD, Deutschland)
- Staatliche Medien mit dem Auftrag der "nationalen Identitätsstiftung" (Jobbik, Ungarn)
- jus sanguinis als Grundlage des Staatsbürgerschaftsgesetzes (FN, Frankreich)
- Pflichtabschiebung ausländischer Bürger (NPD, Deutschland)
- Einschränkung der Niederlassungs- und Versammlungsfreiheit von "Migranten" (FN, Frankreich)
Eine lange Liste von Forderungen rechtspopulistischer Parteien (Mehr als die Hälfte betreffen Ungarn). Weshalb sich diese Parteien überhaupt profilieren können, habe ich ja schon an anderer Stelle ziemlich detailliert geschildert. Und es ist ja nicht so, dass der Rechtsrutsch in Ungarn völlig unbemerkt geblieben wäre. Das Problem ist also erkannt und die Gefahr, dass von Ungarn aus nun ganz Europa über Nacht mit rechtsnationalen Tendenzen infiziert würde, sehe ich als relativ gering an.
Von "Freiheit des Individuums" kann ich da eigentlich wenig erkennen, eher einen massiven staatlicher Angriff auf sowohl Freiheit wie auch Individuen.
Das liegt an dem Umstand, dass die von dir gebrachten Argumente sich konsequent nur auf extremistische Parteien beziehen, die keine rechte Politik machen, sondern primär mit rechtspopulistischen Äusserungen für Aufsehen sorgen. Das Beschneiden und Einschränken von Freiheiten des Einzelnen ist nämlich eher linkes Territorium, auch wenn das natürlich gerade von Linken leidenschaftlich bestritten wird.

Und dass Probleme mit Einwanderern von rechten Parteien so fleissig beackert werden, hängt auch -wie schon einmal geschrieben- damit zusammen, dass linke Parteien das Thema gerne völlig ausblenden oder aber schön reden. Die Folge ist, dass sich viele Menschen von der aktuellen Regierung nicht mehr ernst genommen fühlen und dann zu Protestwählern werden.
Zitat von BranntweinerBranntweiner schrieb: Oh nein, es sind nicht die Parteien der Mitte und der gemäßigten Linken, welche Demokratie gefährden. Es sind die Rechten. Die radikale Rechte fordert den Abbau von Demokratie direkt ein, die "gemäßigte Rechte" schreckt vor autoritären Machtformen nicht zurück, wenn sie an der Macht ist.
Das Problem ist ja gerade, dass die Forderungen nach mehr Regulierung und damit mehr Staat von einigen Leuten gar nicht als Einschnitt in ihre persönliche Freiheit wahrgenommen wird.

Aber vielen Bürgern sind diese Einschnitte sehr wohl bewusst und sie ziehen für sich die Konsequenzen daraus. In den letzten Jahren sind viele Leute aus Deutschland weggezogen, weil sie z.B. in der Schweiz bessere Rahmenbedingungen vorfanden. Primär emigrieren gut ausgebildete Fachleute, weil sie und ihre Arbeit im Ausland besser geschätzt (und besser bezahlt) werden. Auf lange Sicht ist diese Entwicklung fatal, denn mit den gut ausgebildeten Fachleuten gehen immer auch Mehreinnahmen verloren, die im sozialen System dringend benötigt werden. In der Folge müssen noch weniger "Mehrleister" für noch mehr Leute aufkommen und die Anreize, überhaupt Mehrleistung zu erbringen, werden dadurch natürlich noch kleiner.

Emodul


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 19:29
Zitat von emodulemodul schrieb:Die aktuellen Mitte-links-Regierungen bzw. ihre Politik sehe ich tatsächlich als Auslöser für die Erfolge der rechtsextremen Parteien.
Danke. Jetzt weiß ich, wo ich die "Schuldigen" zu suchen habe. Bei den Regierungsmitgliedern von Island, Belgien, Österreich, Dänemark, Norwegen und Portugal.

Ich habe fertig.


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CoA 2012 - 2. Achtelfinale - Was ist schlimmer, Linke o. Rechte?

11.02.2012 um 19:32
Zeitlimit ist abgelaufen, vielen Dank für eure Diskussion. Hier gehts zur Umfrage: CoA 2012 - 2. Achtelfinal-Match: Wer hat das Rennen gemacht?


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