Branntweiner schrieb:Willst du über das Thema diskutieren oder nicht?
In meinem ersten Posting ist eigentlich klar ersichtlich, wohin meine Argumentation zielt und worüber ich diskutieren will. Das Thema lautet eben nicht, "Rechtsextreme Parteien auf dem Vormarsch", sondern "Was ist schlimmer, Linke oder Rechte?". Das Thema muss sich folglich eben nicht nur um die extremen Bereich links oder rechts auf dem Politspektrum drehen.
Und weil ich befürchtete, dass sich die Diskussion erst um die NPD und die Linke, dann um Skinheads und die RAF und irgendwann nur noch um Hitler und Stalin dreht und die Frage, welches dieser totalitären Regime nun mehr Opfer gefordert hätte, wollte ich die Extremisten eigentlich aus der Diskussion raus haben. Deshalb mein Versuch, die extremen politischen Positionen, die sich entweder nur schwer oder gar nicht mit demokratischen Prozessen vereinbaren lassen, gleich am Anfang schon mal auszuklammern. Denn totalitäre Systeme sind keine Gefahr für die Demokratie, sondern ein Indikator für die Abwesenheit für die Demokratie.
Dass ich Parteien mit extremen Ansichten (seien diese nun extrem rechts oder extrem links) zudem als nicht demokratisch erachte, ist dort auch zu lesen.
Trotzdem kam dann aber von dir ein Posting, das sich nur mit dem Thema rechtsextreme Parteien befasste. Auf das Eingangsposting wurde keinerlei Bezug genommen. Dass ich nicht das Thema vorgeben kann und auch keine Themen von der Diskussion ausklammern kann, ist klar.
Das bedeutet aber nicht, dass ich es mir gefallen lassen muss, in die Rolle des Verteidigers von rechtsextremen Ansichten drängen zu lassen. Und wenn du dann trotzdem Themen aufgreifst, die im ersten Post von mir eigentlich als indiskutabel deklariert wurden, sollte man dann zumindest erklären, weshalb man jetzt gerade trotzdem nur über Extremisten diskutieren will.
Um die Diskussion nicht gleich sterben zu lassen, bzw. um überhaupt eine Diskussion zu haben, bin ich auf die Argumente eingegangen und habe meinen Standpunkt nochmals verdeutlicht. Denn eine Diskussion, bei der die jeweiligen Standpunkte der Teilnehmer unklar sind, wäre ja ziemlich sinnlos.
Die alleinige Anwesenheit rechtsextremer Parteien in den politischen Prozessen ist kein Beleg dafür, dass die Demokratie in Gefahr wäre. Es ist doch primär ein Beleg dafür, dass Demokratie "lebt" und zudem ein guter Indikator für die Unzufriedenheit vieler Wähler über ihre aktuellen Regierungen.
Um den bisher eher unglücklich verlaufenen Diskussionsverlauf mal etwas überzeichnet wiederzugeben:
emodul: Extremisten ob links oder rechts würde ich gerne etwas ausklammern, um eine sinnvolle Diskussion zu ermöglichen. Eine Erläuterung, wodurch sich linke Politik auszeichnet und weshalb sie eine (unterschätzte) Gefahr für demokratische Werte darstellt.
Branntweiner: Überall machen sich die Faschisten breit. Faschisten überall.
emodul: Ja, Rechtsextreme sind teilweise wieder salonfähig geworden, aber eigentlich wollte ich jetzt nicht nur über Extreme Standpunkte diskutieren.
Branntweiner: Du gibst mir also Recht!? Die Diskussion kann damit geschlossen werden.
....Das Thema ist aber weitaus komplexer, als du hier suggerierst und vor allem ist die Demokratie weitaus weniger in Gefahr durch rechtsextreme Parteien, als du uns hier glauben machen willst. Gerade weil Europa durch die Geschichte gelernt hat, wie gefährlich "Rattenfänger" sind, stufe ich die Gefahr durch die extreme Rechte als relativ überschaubar ein. Auch das Gefahrenpotential durch die extreme Linke für die Demokratie würde ich übrigens etwa im gleichen Rahmen ansiedeln. Und auch wenn einige rechtsextreme Parteien starken Zulauf haben, muss man doch mal festhalten, dass sie in Westeuropa nicht an der Macht sind.
Und dass die rechtsextremen Parteien Zulauf haben, weil diese Leute mit der aktuellen (Links- oder Mitte-Links-) Politik nicht zufrieden sind und aus Protest einem Rechtspopulisten ihre Stimme geben, halte ich eigentlich für einen Fakt. Denn dass nur asoziale Glatzköpfe rechtsextreme Politik unterstützen, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Und um mal konkret zu werden und ein Beispiel anzuführen: Wenn jemand seine Arbeit verliert, weil ein Ausländer den Job für weniger Lohn ausübt, dann gewinnt die NPD einen Neuwähler, weil sie solche Themen eben aufgreift.
Die Demokratie sehe ich aber dadurch noch nicht in Gefahr. Denn um am politischen Prozess teilzunehmen, müssen sich politische Parteien an die Spielregeln halten. Tun sie dies nicht, werden sie vom demokratischen Prozess ausgeschlossen. Demokratie ist kein statischer Zustand, sondern ein Prozess und Änderungen in der "Politlandschaft" deuten nicht auf einen Umsturz hin, sondern zeugen eher von gelebter Demokratie.
Damit möchte ich jetzt aber die Gefilde der Rechtsextremen eigentlich langsam hinter mir lassen.
Denn die Politflügel, sowohl links wie auch rechts, bestehen nur zu einem kleinen Teil aus Extremisten, auch wenn der Medienfokus sehr häufig natürlich nur auf diese extremen Meinungen ausgerichtet ist. Die Politik wird aber primär von Leuten gemacht, die sich nicht an den extremen Flügeln befinden.
Und wie schon in meinem ersten Posting erläutert, gibt es einige Punkte, worin sich nun rechte und linke Politik grundlegend unterscheiden. Der Einfachheit halber führe ich das nochmals in ganz groben Zügen aus.
Linke Politik geht von dem Grundsatz aus, dass eigentlich alle "gleich" sind und allenfalls doch vorhandene Unterschiede nur auf das soziale Umfeld zurückzuführen sind. Das Ziel linker Politik ist es in der Folge, solche Unterschiede bzw. Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Zu diesem Zweck werden einerseits die sozial Schwachen unterstützt und die sozial Starken stärker zur Kasse gebeten. Es ist klar, dass es bei diesem System einen starken Staat braucht, der diese "Umverteilungsmassnahme" auch durchsetzen kann.
Rechte Politik geht von dem Grundsatz aus, dass das Individuum möglichst wenig in seiner Freiheit eingeschränkt werden sollte. Und wer durch Fleiss/Talent (oder auch Glück) Überdurchschnittliches leistet, der soll das auch geniessen können. Rechte Politiker fordern daher generell eher weniger Staat und weniger Bevormundung des Einzelnen durch den Staat.
In der Realität ist es nun aber natürlich so, dass wir eine Mischung aus beiden Systemen haben, die sich im andauernden Wettstreit um die Wählergunst befinden.
Und man darf sicher davon ausgehen, dass beide politischen Systeme für sich alleine nicht oder nur schlecht funktionieren.
Damit kommen wir jetzt eigentlich erst zum Thema, weshalb ich die Demokratie eher durch linke Politik in Gefahr sehe. Die Intention der linken Politik, dass alle Bürger gleiche Chancen haben sollten, ist eigentlich löblich, negiert aber den unumstösslichen Fakt, dass eben nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben und dass Unterschiede eben nicht nur auf soziale Einflüsse zurückzuführen sind. Diese Unterschiede nun aber trotzdem um jeden Preis zu überwinden, dafür setzen sich Linke ein. Das an und für sich gute System, also das sozial Starke die sozial Schwachen unterstützen, wird zunehmend so umgebaut, dass "Gleichheit" herrscht. Man will damit -so ganz salopp gesagt- soziale Spannungen vermeiden.
Allerdings führt dies dazu, dass immer weniger für immer mehr ebenfalls die "Zeche" zahlen dürfen. Mehrleistungen lohnen sich für viele nicht mehr, weil sie sich ganz einfach nicht mehr auszahlen. Es geht hier übrigens nicht um Sozialschmarotzer, sondern um Anreize, die vorhanden sein müssen, damit jemand mehr leistet. Aber nur solange es diese Anreize gibt, wird man hier auch zusätzliche Einnahmen generieren können, um die sozial Schwachen weiterhin unterstützen zu können. Greift hier der Staat -mit der Absicht alle möglichst gleich zu machen- zu stark ein, dann fehlen diese notwendigen Mehreinnahmen irgendwann, weil die Leute in Länder abwandern, wo die Umgebungsbedingungen für sie besser sind. Bisher wird dieses Problem mit immer noch mehr Staat zu lösen versucht. Die gegenwärtige Krise in der Euro ist natürlich nicht nur darauf zurückzuführen, aber es ist Bestandteil davon.
Und die Eurokrise liefert nun ein weiteres Stichwort. Hier ist momentan zu sehen, wie mit einer Umverteilungsmassnahme von gigantischen Ausmass, verhindert werden soll, dass die EU auseinanderbricht. Diese Umverteilung ist nur möglich, weil die Bürger hier gar nicht mitreden dürfen. Die Bürger dürfen also die Fehler der Politik bezahlen und haben nicht einmal ein Mitspracherecht.
Nachdem mein Standort nun mehr als klar sein dürfte, hoffe ich, dass sich die Diskussion jetzt wieder in eine sinnvolle Richtung weiterentwickelt und harre gebannt auf die Argumente, die da kommen mögen.
Emodul