Lehrstunde in Geldangelegenheiten
Shia LaBeouf hat Wall Street verstandenShia LaBeouf ist seit seiner Kindheit in der Filmbranche. Er spielte in erfolgreichen Fernsehserien wie"Akte X" (2000) mit. Auch in kleineren Kinorollen war er hin und wieder zu sehen, so 2004 in "I, Robot - Fehler im System". Ein gemächlicher Karriereverlauf möchte man meinen. Und doch hat man von dem heute 24-Jährigen den Eindruck, dass er plötzlich da war. Zu verdanken hat der charismatische Schauspieler seinen Durchbruch dem Thriller "Disturbia". Danach folgten Rollen in Blockbustern wie "Transformers" und "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels". Zurzeit steht der Mann mit dem exotischen Namen an der Seite von Michael Douglas in "Wall Street: Geld schläft nicht" vor der Kamera.
Ricore: Haben Sie "Wall Street: Geld schläft nicht", gesehen?
Shia LaBeouf: Sicher. Ich bin ein großer Filmfan und liebe es, Filme zu schauen. "Wall Street" ist einer dieser Filme, die man gesehen haben muss. Er ist ein Klassiker und Oliver Stone ist einer der besten Filmemacher aller Zeiten.
Ricore: Die reale Wall Street stand in letzter Zeit sehr unter Beobachtung. Wie ist Ihre Beziehung zu den Finanzleuten?
LaBeouf: Ich bin so ziemlich aus jeder Schule geflogen. Aus diesem Grund ist meine Bildung hinsichtlich des Finanzwesens nicht besonders ausgeprägt. Aber ich stamme aus geldhungrigen Verhältnissen, wo man kein Geld hatte und unbedingt welches haben wollte. Ich habe meine Familie ans Geld verloren, insofern habe ich durchaus eine Beziehung zum Geld. Alle diese Wall-Street-Jungs haben auch diesen Hunger.
Ricore: Was halten Sie von Geld?
LaBeouf: Ich habe ein seltsames Verhältnis zu Geld. Ich habe niemals wirklich verstanden, was Geld ist. Daher ist "Wall Street: Geld schläft nicht" zur richtigen Zeit in mein Leben getreten. Ich brauchte den Film nicht nur, um mich über Geld zu informieren.
Ricore: Was meinen Sie damit?
LaBeouf: Geld ist Zeit, Freiheit und `verschaffte einem Optionen. Aber ich habe niemals verstanden, wer das Geld kontrolliert. Ich glaube, das habe ich erst durch den Film gelernt. Und ich sage Ihnen, was ich gelernt habe, ist nicht schön.
Ricore: Nach allem, was sie durch den Film gelernt haben, könnten Sie doch als Finanzberater arbeiten.
LaBeouf: Wir hatten einen Finanzberater auf dem Set. Er merkte schnell, dass ich ein paar Fehler machte. Am Ende der Dreharbeiten kam einmal Oliver Stone zu mir und befragte mich, wie es ein Finanzberater machen würde. Ich war gut vorbereitet. Ich weiß jetzt, wie man mit Aktien handelt.
Ricore: Wie gut sind Sie darin?
LaBeouf: Mein Charles-Schwaab-Konto betrug mal 20.000 Dollar, heute sind es mehr als 495.000 Dollar. Ich bin jetzt reich.
Ricore: Sie hatten einen großen Erfolg mit dem "Transformers"-Franchise. Hatten sie jemals das Gefühl, dass Sie von Hollywood benutzt werden?
LaBeouf: Machen Sie Witze? Natürlich weiß ich das. Sie rufen mich immer an, wenn Sie die Sitze vollkriegen wollen.
Ricore: Macht es Sie wütend, wenn die Wirtschaftsmanager Millionen an Boni kassieren? Oder hat sich ihre Einstellung geändert, nachdem Sie Zeit in der Wall Street verbracht haben?
LaBeouf: Es ist leicht, mit den Fingern auf jemanden zu zeigen. Es ist nicht die Verantwortung von wenigen. Es gibt strukturelle Probleme im Finanzsystem. Das weiß ich jetzt. Es gibt heute einfach keine Möglichkeit, um unsere Staatsschulden zu begleichen.
Ricore: Klingt sehr trostlos, vor allem für Ihre Generation.
LaBeouf: Das ist trostlos. Wir sind die Ninja-Generation. Keine Investitionen, keine Jobs, keine Anlagen. Das erwartet meine Generation: Null, nichts und eine schrumpfende Wirtschaft. Unser Land ist in einer Krise.
Ricore: Welche Möglichkeiten haben junge Leute heute?
LaBeouf: Ein junger Mensch, der aus der Wirtschaftsschule kommt, hat heute zwei Möglichkeiten. Er kann entweder den Weg der Regulierung gehen, der ihm nicht viel einbringen wird. Oder er geht den Weg eines Investmentbankers, wo seine Träume in Erfüllung gehen werden.
Ricore: Wie verführerisch finden Sie die Investition in eine Aktie?
LaBeouf: Ja, damit beschäftige ich mich schon. Ich liebe es.
Ricore: Glauben Sie, dass die Leute die Auswirkungen der augenblicklichen Rezession spüren?
LaBeouf: Nein, das glaube ich nicht. Die Krise wird uns noch viel schlimmer treffen. Richtig spüren werden es die Leute, wenn die Post nur noch einmal in der Woche aufmacht. Oder wenn wir nur an Montagen zur Schule werden gehen können. Ich bin da überhaupt nicht zuversichtlich.
Ricore: Ihre Filmfigur begegnet Gordon Gekko (Michael Douglas). Er ist für Sie eine Art Mentor. Hatten Sie selbst jemals einen Mentor in Ihrem Leben?
LaBeouf: Sicher, Robert Downey Jr. zum Beispiel. Auch John Voight war für mich ein Samurai. Steven Spielberg und Oliver Stone gehören sicher dazu. Es gab also so einige Mentoren in meinem Leben.
Ricore: Wie sehen Sie Hollywood heute.
LaBeouf: Hollywood ist Indien. Bollywood macht zwei Mal so viel Geld wie Hollywood. Wir müssen mehr "Twilight" machen, und zwar so schnell wie möglich.
Ricore: Glauben Sie, dass Sie irgendwann aus diesem Geschäft sind?
LaBeouf: Wenn mein tägliches Brot und Butter in der ganzen Sache investiert wäre, wäre ich sicher bald aus dem Geschäft. Aber heute bin ich reich und muss keine Filme nur des Geldes wegen machen.
Ricore: Wie steht es bei Ihnen mit dem Geld.
LaBeouf: Ich habe immer in meinem Verhältnissen gelebt. Ich investiere auf vernünftig und ich muss mir keine Lamborghinis zulegen.
Ricore: Wie gehen Sie mit Ihrem Prominenten-Status um?
LaBeouf: Solange ich wegen meiner Arbeit berühmt bleibe, ist das ok. Wenn ich Mist baue, dann bin ich dafür berühmt, dass ich Mist baue. Ich gebe zu, dass es eine Nachricht wert wäre, wenn etwa Robert Pattinson eine Bank ausrauben würde. Ein Vampir raubt eine Bank aus, das ist schon lustig. Ich bin 24 Jahre alt und ein normaler Mensch. Ich hatte nie die Bestrebung, ein Adonis oder ein Brad Pitt zu sein. Mein Ziel ist es, mit den Besten zusammenzuarbeiten. Ich weiß meine Position zu schätzen und ich bin nicht bereit, sie für einen Drink aufs Spiel zu setzen. Wissen Sie, was ich meine?
Ricore: Haben Sie etwas von Michael Douglas lernen können?
LaBeouf: Ich habe keinen Michael Douglas getroffen. Vielmehr einen gebrochenen Mann. Ich traf einen Mann, der Schmerzen hatte, jemanden, der in der Scheiße saß. Ich traf einen Michael Douglas, der am Rande des Zusammenbruchs war.
Ricore: Was meinen Sie damit?
LaBeouf: Er hat sein Kind verloren. Sein Sohn sitzt im Knast. Er besuchte ihn regelmäßig im Gefängnis und kam zurück zum Set. Das war hart. Genauso ist aber auch Gordon Gekko. Auch er ist ein gebrochener Mann, der keine Familie hat. Oliver war sehr einfühlsam, trotzdem musste er einen Film drehen. So hart es auch gewesen ist, Michael Douglas Leiden zu sehen, für Kuscheleinheiten gab es keine Zeit. Das war hart.
Ricore: Glauben Sie, die Fortsetzung ist besser als der erste Teil?
LaBeouf: Ja, das glaube ich. Die ganze Finanzlandschaft ist dieses Mal viel konfuser. Es ist eine ganz andere Welt. Der erste Teil handelte vom Dilemma einer Familie, der zweite von einem Haufen Haien, die sich gegenseitig auffressen wollen.
Ricore: Was waren ihre Eindrücke von der Markthalle in der Wall Street?
LaBeouf: Dort arbeiten viele in meinem Alter. Ich habe mit einer Million Dollar am Tag gehandelt. Vier von fünf Männern, die mir bei der Vorbereitung des Films geholfen haben, sitzen heute im Gefängnis.
Ricore: Wie bitte?
LaBeouf: Sie sind im Gefängnis. Sie wurden wegen Insider-Geschäften verhaftet, und zwar zu dem Zeitpunkt, als ich neben ihnen saß.
Ricore: Können Sie sich noch an ihren ersten kleinen Scheck erinnern?
LaBeouf: Was meinen Sie? Ich hatte niemals einen kleinen Scheck (lacht).
Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
http://www.filmreporter.de/stars/interview/2786;Shia-LaBeouf-hat-Wall-Street-verstanden