@conita1946Eine Neuverhandlung des Falles stellt den absoluten Ausnahmefall dar. Üblich ist es, dass die Anklage nur die Anwendung rechtlicher Prinzipien auf Richtigkeit überprüfen lassen kann. Es ist also ziemlich sicher davon auszugehen, dass keine (neuen) Zeugen aufgerufen werden, sondern die Aufzeichnungen des Prozesses als Bewertungsgrundlage dienen.
Mit Frank als Zeugen hätte ich allerdings auch im Falle einer Neuverhandlung nicht gerechnet – er steht ja offenbar immer noch in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Pistorius-Familie und hat sicher kein Interesse daran, Oscar Pistorius zu belasten. Insofern ist nicht anzunehmen, dass er von seiner Aussage, wonach er von dem ganzen Tatgeschehen nichts mitbekommen hat, abweichen würde.
Die NPA`s legal papers befassen sich wie erwartet in einem Schwerpunkt mit Fragen zum Eventualvorsatz – insbesondere in Kombination mit dem error in objecto/persona.
Zusätzlich wird aber auch auf einige weitere interessante Fragen eingegangen, z.B. auf solche, die sich damit befassen, unter welchen Voraussetzungen die Version des Angeklagten noch durch das Gericht akzeptiert werden kann.
Sehr irritierend war für mich in dem Zusammenhang z.B., dass der Angeklagte ein buntes Potpourri an Defences präsentieren konnte, die sich hinsichtlich ihrer Voraussetzungen widersprachen und daher gegenseitig ausschloßen, ohne dass sich dieser eindeutige Nachweis für Unglaubwürdigkeit bei der Bewertung durch das Gericht negativ für ihn auswirkte. Es kann eigentlich nicht sein, dass sich der Beschuldigte auf Defences, denen er selbst ausdrücklich widersprochen hat, hilfsweise berufen kann, weil seine erste Wahl an Entschuldigung für die Tat nicht vom Gericht akzeptiert, sondern als Lüge entlarvt wurde.
Auch die Vorgehensweise des Gerichtes, OPs Aussage, nicht schießen zu wollen, nicht zu akzeptieren (somit von einer Lüge seinerseits auszugehen), dann aber bei der Bewertung des identischen Sachverhaltes zu akzeptieren, dass er niemanden töten wollte, macht einen sehr willkürlichen Eindruck.
Darüber hinaus wird auch auf die ungenauen (unzutreffenden) Ausführungen Masipas zur Putativnotwehr eingegangen.
Nach einer ersten groben Durchsicht der Papiere denke ich nicht, dass Masipa den Appeal nicht zulassen wird.