Mystery-Fantasy RPG (mit ein wenig Horror)
16.03.2014 um 20:10
Nach etwas über einer Stunde waren sie wieder im Hafen von Rio Lagartos. Noch schien die Sonne, aber bald würde sie endgültig untergehen. Natalie genoss die wärmenden Strahlen, während der Fahrtwind durch ihr Haar strich und sie einen verbeulten Emaillebecher mit heißem Kaffee in der Hand hielt und genüsslich trank.
Der alte Seebär hatte nicht zu viel versprochen! Im Hafen angekommen verließ sie das kleine Schiff und dankte ihrem Charterkapitän nochmals herzlich. Dann lief sie die Pier hoch, ihren Rucksack auf der Schulter und die Tasche umgehängt, bis sie am Büro des Hafenmeisters angelangt war und fragte freundlich, ob er ihr ein Taxi rufen könnte. Natürlich tat er das gerne, besonders bei einer so netten jungen Frau, die so gut Spanisch konnte… Lächelnd dankte sie dem Charmeur, wartete bis das Taxi da war und ließ sich in das kleine Hotel fahren, das ebenfalls Juan für sie gebucht hatte.
Natürlich hatte sie Geld, obwohl Juan zu stolz war um es anzunehmen. Aber sie hätte auch ihren Pass zur Anmeldung vorlegen müssen und vielleicht auch ihre Kreditkarte. All das waren Sachen die man aber zurück verfolgen konnte. Nicht nur Eric hatte ihr zuvor davon abgeraten… So jedenfalls bekam Ms. Smith höflich und anstandslos ihren Zimmerschlüssel ausgehändigt, obwohl der Blick des Portiers eindeutig verriet, das er nicht einmal im Ansatz glaubte das Ms. Smith wirklich Ms. Smith sei, es ihm aber letztendlich egal war, da alle Papiere ordnungsgemäß ausgefüllt waren.
Nat hatte sich geduscht und etwas Längeres angezogen, die Meeresbrise und die beginnende Dämmerung frischten langsam die Temperaturen auf. Nun saß sie unten in der Strandbar, hatte ihr Netbook aufgeklappt, recherchierte einige Dinge und nippte an einem kalten Beck’s Lime and Mint.
Eric’s Daten waren soweit korrekt gewesen. Es gab diesen Eingang auch. Nur war er zu. Ohne schweres Bergungsgerät kam sie da nicht rein. Und das war nicht nur exorbitant teuer und außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten, sondern außerdem noch mehr als auffällig. Sie nahm ihr Smartphone in die Hand, wählte seine Nummer und trank noch einen kleinen Schluck Beck’s.
Es hatte höchstens dreimal geklingelt, dann war er schon am Telefon. „Hi Nat! Wie geht’s? Hast du was gefunden?“ er war ganz aufgeregt. Natalie verneinte und sagte ihm, dass der Eingang zwar da, aber zu wäre. Als von ihm ein erstauntes „Hmmm“ in den Hörer gebrummt wurde, konnte sie sich nicht verkneifen ihn zu fragen, wie alt denn seine Informationen waren, gemessen an dem Alter des Ganges…
Ein beleidigtes Schnauben war zu hören. „Na komm schon, spucks aus!“ lockte sie ihn. „Diverse Fachzeitschriften und die Übersetzungen alter Texte.“ gab er zu. „Die scheinen aber leider etwas hinter dem Mond zu sein mein Guter. Haben wir noch einen anderen Ansatz?“ bohrte sie nach. Eric überlegte. „Möglicherweise… Möglicherweise.“ Sie rutschte ungeduldig auf ihrem Stuhl umher. „Mach‘s nicht so spannend G-man!“ Nat konnte ihn förmlich grinsen sehen. „Also, ok. Der Eingang wäre ohnehin nur ein Eingang gewesen. Laut diversen Überlieferungen sollen viele Cenoten mit dem Meer verbunden sein. Und manche Gänge sollen tief ins Land hineinführen. Sehr tief… Angeblich waren sie damals wohl angeblich auch trocken und normal begehbar, wofür auch immer. Manche behaupten sogar, ganz Yukatan wäre von einem ganzen Gangnetzwerk durchzogen und das die Cenoten quasi die Luftlöcher waren und Zugänge geboten hätten. Unter anderem. Außerdem soll an vielen dieser Stellen auch diverses von den alten Kultstätten zu finden sein. Tatsächlich konnten in einigen der Höhlen durchaus viele menschliche Reste geborgen werden, von damals noch. Forensischen Untersuchungen nach wurden sie hingerichtet. Oder geopfert. Was ja auf das gleiche rauskommt.“
Das musste Natalie erst einmal sacken lassen. „Ok. Aber wo soll ich jetzt anfangen? Gibt ja mehr als genug davon hier…“ Etwas entmutigt und missgestimmt lauschte sie seinen weiteren Worten. „Wohl wahr…“ meinte er zögerlich. „Aber den alten…Aufzeichnungen nach, verläuft ein Gang von Rio Lagatos landeinwärts, gerade durch. Der, wo dein Eingang nun zu ist.“ Ein leichter Triumph war in seiner Stimme zu hören. „Und wo führt dein alter Gang nun hin?“ äffte sie ihn nach. „Geradezu nach Valladolid.“ Ließ er die Katze aus dem Sack. Sie überlegte rasch und sah schnell auf einer Onlinekarte nach. „Chichen Itza? Chichen Itza!“ Er bestätigte ihr das. „Genau dahin. Und jetzt rate mal, wo, den alten Aufzeichnungen nach, damals das meiste los war? Und wo, selbst über die letzten Jahre, die Kriminalitätsrate, besonders Morde und Vermisste, mit am höchsten war?“
Nat tippte mit dem Finger auf den kleinen Bildschirm. „Valladolid und Umgebung?“ Eric brüllte sein Wissen geradezu heraus. „Genau! Also solltest du da suchen. Was immer es ist, wird wohl eher da oder in der Nähe zu finden sein. Jedenfalls führte der Gang genau dahin!“ Sie überlegte bereits und plante schon in Gedanken. Valladolid war um einiges im Landesinneren. Sie würde einen Wagen brauchen, vielleicht auch eine Tauchausrüstung, falls sie direkt über eine Cenote rein musste. Dann bedankte sie sich bei Eric für seine Hilfe, während er noch meinte, dass sie auf sich aufpassen solle. Sie versprach sich bald wieder zu melden und das er sich keine Sorgen machen sollte. Gleich nachdem sie aufgelegt hatte, rief sie noch bei Juan an. Carmen und die Kinder waren im Hintergrund zu hören und Nat bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn um einen weiteren Gefallen bat. Natürlich bekam sie die Diskussion mit. Carmen meinte es natürlich nicht böse, sie verstand sie ja auch. Als Juan sich wieder meldete, meinte er, er würde gleich losziehen. In spätestens einer Stunde wäre er da. Dann legte er auf.
Nat überlegte und trank noch einen kleinen Schluck von dem Beck’s, das aber langsam schal zu schmecken begann, während sie auf ihren Freund wartete