Das Licht der Welt
16.10.2013 um 17:21
Tod und Leben
Nachdem wir so den „Strom“ vom 1. Buch Mose bis zur Offenbarung hin verfolgt haben,
wollen wir noch auf die Stellung Adams in Eden einen kurzen Blick werfen. Wir haben
ihn als ein Bild von Christus gesehen. Wir haben ihn jedoch nicht nur als ein treffendes
Bild von dem „zweiten Menschen vom Himmel“ zu betrachten, sondern auch in seiner
Stellung persönlicher Verantwortlichkeit. Mitten in der herrlichen Schöpfung richtete Gott
der HERR ein Zeugnis auf, und dieses Zeugnis war zugleich ein Prüfstein für das Geschöpf. Er redete vom Tod mitten im Leben. „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“
(V. 17). Eine ernste und feierliche, zugleich aber auch eine notwendige Stimme! Das Leben
Adams wurde abhängig gemacht von seinem Gehorsam. Das Band, das ihn mit Gott dem
HERRN verband, war der Gehorsam, der sich auf das Vertrauen zu dem gründete, der ihm
seine hohe Würde verliehen hatte, auf das Vertrauen zu seiner Wahrheit und seiner Liebe.
Wir werden die Wahrheit und Kraft hiervon deutlicher im nächsten Kapitel sehen.
Ich möchte hier auf den Gegensatz aufmerksam machen, der zwischen dem Zeugnis in Eden
und dem gegenwärtigen Zeugnis besteht. Damals, als sich überall das Leben zeigte, redete
Gott vom Tod, und jetzt wo im Gegenteil alles vom Tod gekennzeichnet ist, spricht Gott
vom Leben. Damals galt das Wort: „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“, und
jetzt heißt es: „Glaube und lebe!“ So wie in Eden der Feind das Zeugnis Gottes bezüglich der
Folgen der Übertretung des Gebots unglaubwürdig zu machen suchte, bemüht er sich jetzt,
das Zeugnis Gottes über die Ergebnisse des Glaubens an das Evangelium wirkungslos zu
machen. Als Gott einst sagte: „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“, sprach die
Schlange: „Ihr werdet durchaus nicht sterben“ (Kap. 3,4). Und wenn heute das Wort Gottes
erklärt, dass, „wer an den Sohn glaubt, ewiges Leben habe“ (Joh 3,36), so sucht dieselbe
Schlange die Menschen zu überreden, dass sie weder ewiges Leben haben, noch an so etwas
denken dürfen, bevor sie allerlei getan, gefühlt und erfahren haben.
Wenn du dem Zeugnis Gottes noch nicht von Herzen geglaubt hast, so lass dich dringend
bitten, die „Stimme des Herrn“ über das Gezisch der Schlange zu stellen. „Wahrlich, wahrlich,
ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges
Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen“
(Joh 5,24).
Der Sündenfall und dessen Folgen
Dieser Abschnitt unseres Buches schildert uns die Auflösung der ganzen bisherigen Szene.
Er ist reich an wichtigen Grundsätzen, und ist deshalb oft als Thema von denen benutzt
worden, die sich bemühten, das Verderben des Menschen und das Heilmittel Gottes ans
Licht zu stellen. Die Schlange tritt auf mit einer frechen Frage bezüglich der Anordnung
Gottes. Diese Frage ist Vorbild und Vorläuferin aller seitdem erhobenen ungläubigen Fragen
solcher, die leider nur zu sehr der Sache der Schlange in der Welt gedient haben. Solchen
Fragen kann nur durch die unumschränkte Autorität und göttliche Majestät der Heiligen
Schrift begegnet werden.
Die Täuschung der Schlange
„Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baum des Gartens?“ (V. 1).
So lautete Satans listige Frage, und hätte das Wort Gottes in dem Herzen Evas reichlich
gewohnt, so wäre ihreAntwort bestimmt und entschieden gewesen. Der einzig richtige
Weg, auf dem wir den Fragen und Einflüsterungen Satans begegnen können, ist der, dass
wir sie als von ihm kommend behandeln und durch das Wort zurückweisen. Lassen wir
sie auch nur für einen Augenblick dem Herzen nahe kommen, so verlieren wir die Kraft,
in der wir sie beantworten können. Der Teufel trieb sein undurchsichtiges Spiel. Er sagte
nicht: „Ich bin der Teufel, der Feind Gottes, und bin gekommen, ihn zu verleumden und
euch zu verderben“. Das wäre der Schlange nicht ähnlich gewesen. Und dennoch erreichte
er das Gleiche, indem er Fragen im Herzen des Geschöpfes wachrief. Wenn ich in dem
Bewusstsein, dass Gott gesprochen hat, der Frage: „Sollte Gott gesagt haben?“ einen Platz
einräume, so ist das wirklicher Unglaube und zeigt zugleich meine Unfähigkeit, der Schlange
entgegentreten zu können. Die Art Evas Erwiderung bewies klar und deutlich, dass sie die
listige Frage der Schlange in ihrem Herzen aufgenommen hatte. Anstatt sich an die klaren
Worte Gottes zu klammern, fügte sie in ihrer Erwiderung ihnen etwas hinzu.
Ob ich dem Wort Gottes etwas hinzufüge oder etwas von ihm wegnehme, beides beweist,
dass dieses Wort weder in meinem Herzen wohnt, noch mein Gewissen leitet. Wenn ein
Mensch seine Freude am Gehorsam findet, wenn das seine Speise und sein Trank ist, wenn
er lebt durch jedes Wort, das aus dem Mund des HERRN hervorgeht, so wird er gewiss auch
sein Wort kennen und auf das Wort achten. Unmöglich wird er gleichgültig gegen dieses
Wort sein können. Der Herr Jesus wandte in seinem Kampf mit Satan das Wort genau an,
weil Er darin lebte und es höher schätzte als die Speise, die Er für seinen Leib brauchte.
Er konnte es weder falsch anführen oder verkehrt anwenden, noch gleichgültig gegen das
Wort sein. Nicht so Eva. Sie fügte dem, was Gott gesagt hatte, etwas hinzu. Sein Gebot
lautete einfach. „Ihr sollt nicht davon essen“. Aber Eva fügte ihre eigenen Worte hinzu: „und sie nicht anrühren“ (V. 3). Das waren die Worte Evas und nicht die Worte Gottes. Er
hatte nichts von Anrühren gesagt, so dass ihre falsche Anführung (mochte sie nun aus
Unwissenheit, oder aus Gleichgültigkeit, oder aus dem Wunsch, Gott in dem Licht eines
Tyrannen darzustellen, oder gar aus allen drei Gründen zugleich hervorgehen) deutlich
zeigte, dass sie den Boden des einfältigen Vertrauens auf das heilige Wort Gottes und der
Unterwerfung unter das Wort verlassen hatte. „So habe ich mich durch das Wort deiner
Lippen bewahrt vor den Wegen des Gewalttätigen“ (Ps 17,4).
Die Autorität des Wortes Gottes
Nichts ist von größerem Interesse als die Art und Weise, wie das Wort und der erforderliche
unbedingte Gehorsam gegen dieses Wort überall in den Büchern der Schrift in den
Vordergrund gestellt werden. Wir sind dem Wort Gottes einfach darum Gehorsam schuldig,
weil es sein Wort ist. Wir nehmen den Platz des Geschöpfes ein. Er ist der Schöpfer. Er
kann deshalb mit Recht Gehorsam von uns fordern. Der Unglaube mag das einen „blinden“
Gehorsam nennen, aber der Christ nennt es einen „einsichtsvollen“ Gehorsam, weil er weiß,
dass es das Wort Gottes ist, dem er gehorcht. Wenn ein Mensch das Wort Gottes nicht
kennt, so kann mit Recht von ihm gesagt werden, dass er sich in Blindheit und Finsternis
befindet, denn die einzige Quelle göttlichen Lichtes in dieser dunklen Welt ist das reine
und ewige Wort Gottes. Alles, was wir wissen müssen ist, dass Gott gesprochen hat. Dann
wird der Gehorsam zur höchsten Art einsichtsvollen Handelns. Wenn die Seele sich zu
Gott erhebt, hat sie die höchste Quelle der Autorität erreicht. Kein Mensch oder irgendeine
menschliche Gesellschaft kann für ihr Wort Gehorsam fordern, weil es das ihrige ist. Wenn
z. B. eine kirchliche Gemeinschaft Gehorsam gegen ihre Verordnungen und Satzungen
fordert, so reißt sie dadurch das Vorrecht Gottes an sich, und alle, die ihnen Gehorsam
leisten, berauben Gott seiner Rechte. Eine solche Gemeinschaft stellt sich zwischen Gott
und das Gewissen, und wer kann dies ungestraft tun? Wenn Gott spricht, ist der Mensch
verpflichtet zu gehorchen. Glückselig, wenn er es tut! Wehe ihm, wenn er es versäumt! Der
Unglaube fragt, ob Gott überhaupt gesprochen hat, der Aberglaube stellt eine menschliche
Autorität zwischen mein Gewissen und das, was Gott gesprochen hat – in beiden Fällen
beraube ich mich des Wortes und, als natürliche Folge, des Segens des Gehorsams.
Keine Handlung des Gehorsams bleibt ungesegnet, aber sobald die Seele zögert, gewährt sie
dem Feind einen Vorteil, den er ganz bestimmt benutzen wird, um sie weiter und weiter von
Gott zu entfernen. Das vor uns liegende Kapitel liefert den Beweis dafür. Auf die Frage: „Hat
Gott wirklich gesagt?“ folgte die Zusicherung. „Ihr werdet durchaus nicht sterben“ (V. 4).
Das heißt also: Zuerst wurde infrage gestellt, dass Gott gesprochen hatte, und dann folgte
offener Widerspruch gegen Gottes Wort. Diese ernste Tatsache zeigt, wie gefährlich es ist,
eine Frage bezüglich der Fülle und Echtheit der Aussage Gottes im Herzen aufkommen
zu lassen. Ein verfeinerter Rationalismus ist nahe verwandt mit dem offenen Unglauben,
und der Unglaube, der das Wort Gottes zu beurteilen wagt, ist nicht weit entfernt vom
Atheismus, der die Existenz Gottes leugnet. Eva wäre wohl kaum ruhig stehen geblieben,
als die Schlange Gott widersprach, wenn sie nicht vorher der Gleichgültigkeit gegenüber
seinem Wort Raum gegeben hätte. Ihr Unglaube machte schnelle Fortschritte, und sie ertrug den Widerspruch eines Geschöpfes gegen Gott aus dem einfachen Grund, weil sein Wort
die Autorität über ihr Herz und Gewissen verloren hatte.
Das ist eine ernste Warnung für alle, die in Gefahr sind, von den Schlingen des Rationalismus
umstrickt zu werden! Es gibt nirgends wahre Sicherheit, als nur in dem unerschütterlichen
Glauben an die göttliche Eingebung und unumschränkte Autorität der ganzen Heiligen
Schrift.
„Und es gibt gar nichts Neues unter der Sonne“ (Pred 1,9). Das gleiche Böse, das heute in
ganz Europa die Quellen aller religiösen Gedanken und Gefühle verdirbt, führte im Garten
Eden das Herz Evas ins Verderben. Der erste Schritt auf ihrer abschüssigen Bahn war ihr
Horchen auf die Frage: „Hat Gott wirklich gesagt?“ Und dann ging sie von Stufe zu Stufe
weiter, bis sie sich endlich vor der Schlange niederbeugte und sie als ihren Gott und als
die Quelle der Wahrheit anerkannte. Ja, die Schlange verdrängte Gott, den Herrn, und die
Lüge der Schlange trat an die Stelle der Wahrheit Gottes. So war es mit dem gefallenen
Menschen, und so ist es mit den Nachkommen des gefallenen Menschen. In dem Herzen
des nicht wiedergeborenen Menschen findet das Wort Gottes keinen Platz, wohl aber die
Lüge der Schlange. Man braucht das menschliche Herz nur einer Probe zu unterwerfen,
und man wird entdecken, dass es so ist. Daher hat das zu Nikodemus gesprochene Wort so
große Bedeutung: „Ihr müsst von neuem geboren werden“ (Joh 3,7).