Tourbillon schrieb:Ind diesem Video sieht man einen rennenden Zwerg, soll aber gefaked sein
In der Tat ein Fake. Schau Dir den Schatten des Sprinters an; die Lichtquelle müßte durch die Wand hindurchstrahlen.
Schdaiff schrieb:Allerdings sind die Mythen wohl älter.
In der Tat. Zwerg ist ein gemeingermanisches Wort. Englisch dwarf, altnordisch dwergr. Weder die kleinwüchsigen Bergknappen des Mittelalters incl. der Veneter noch die Kelten (wie auf S.1 geschrieben) kommen als Erklärung infrage. Eben weil das Wort und seine Bedeutung älter ist, aus der gemeingermanischen AUsgangssprache des vielleicht 1.Jt. v.Chr. stammt.
In der ältesten erreichbaren Überlieferungsschicht gehören Zwerge zum elbischen (weißen) Volk, zu den Unterirdischen. Ist auch noch am Namen des wohl berühmtesten "deutschen" Zwerges zu sehen: Alberich. Dabei sind die Zwerge genau wie die Elfen scheu, oft freundlich, hilfsbereit, aber auch schelmisch und sogar boshaft. Wie auch von Trollen usw. wird genauso von Zwergen erzählt, daß sie iMenschenkinder stehlen und gegen ihre eigenen austauschen (Wechselbalg). Gelten Elfen oft als schön, so sind Zwerge eher unansehnlich, verwachsen gar. Während Elfen tanzen und singen und feiern, sind Zwerge arbeitsam.
Im Mittelalter, aber auch schon davor, arbeiteten im Bergbau bevorzugt kleinwüchsige Menschen (auch Kinder/Jugendliche), da kleine, enge Schächte weniger Aufwand bedeuteten. Das Bild des Bergknappen hat die Zwergenvorstellung mehr und mehr geprägt. Zwerge lebten nun nicht mehr einfach unter der Erde, sondern im Berg. Ihre Arbeiit bestand im Graben, in der Förderung und Verarbeitung von Erzen und Edelsteinen. Doch es blieben auch Reste der älteren Vorstellung erhalten. So sind die Kölner Heinzelmänncen arbeitsame Hausgeister, die alle möglichen Tätigkeiten ausführen, nicht nur Erzförderung und so. Die Bezeichnung "Heinzel" dürfte auf die Heinzenkunst zurückgehen, eine mittelalterliche Wasserhebemaschine für Bergwerke.
Spätestens seit dem Mittelalter sind die Zwerge annähernd menschengroß, nur eben kleinwüchsig, eben in Anlehnung an die Bergarbeiter. Gartenzwerge dagegen sind eher Wichtel. Ihr Aussehen ähnelt zwar dem (späteren) Zwergenbild, doch sind sie farbenfroher, exakt wie die nordischen Wichtel (schwedisch tomte), ihre exakten Pendants in Aussehen (Farbe) und Größe. Welche Größe man ursprünglich den Zwergen zudachte, entzieht sich meiner Kenntnis. Wegender Wechselbalggeschichte könnten die elbischen Zwerge auch damals schon annähernd menschengroß gedacht worden sein. Dann wären die Zwerge das Pendant zum Troll. Auch Trolle vertauschen Kinder, gelten ebenfalls als verwachsen, dafür aber eher als (etwas) größer als Menschen. Trolle als Mythenwesen lassen sich nur im Nordgermanischen nachweisen; im südgermanischen dagegen sind mit der Vokabel stets Menschen gemeint. Ein Überbleibsel ist das feminine "Trulla". Man hört förmlich das unschöne, unförmige, groß geratene menschliche Wesen. Auch sonst sind Trolle geradezu komplementär zu Zwergen, Sind jene klein, sind diese groß. Können jene freundlich und hilfsbereit sein, sind diese es nie. Sind jene arbeitsam, so gelten diese als grundfaul.
Wir haben eine neuzeitliche Vorliebe für rationalisierende Erklärungen, weswegen wir es als plausibel empfinden, mythische Vorstellungen von Riesen und Zwergen mit dem historischen Erleben von kleinwüchsigen wie übergroßen Menschen erklärt sein zu lassen. Oder wenn die Griechen Mischwesen aus Pferdeleib und Menschenoberkörper kannten, könnte doch dahinter eine mythisch verarbeitete Erinnerung stehen, als die Protogriechen erstmals Reiter am Horizont erblickten. Doch heißen diese Mytenwesen nicht Kenhippen, sondern Kentauren. Da steckt also nicht "Pferd" im Namen, sondern "Stier". So dürften die Kentauren eher auf die mesopotamischen Mischwesen mit Menschenkopf/-oberkörper und Rinderleib zurückgehen, die "Cheruben" (assyrisch Karabu), das orientalische Pendant zum ägyptischen Sphinx. Und für diese Chimären verbietet sich jegliche rationalisierende Herleitung (außer man wünscht sich genetische Experimente früherer Götter-Aliens zusammen). Für Mythenwesen braucht es keine reale Vorlage. Sokannten die Griechen und Römer ebenfalls Zwerge, die "Pygmäen". Die lebten irgendwo südlich des Mittelmeeres, in Afrika oder Indien. Wenn die Kraniche im Winter Europa verließen, kamen sie in die Heimat der Pygmäen und führten Krieg gegen jene. Historisch? Realer Anhalt? Wohl eher nicht. Pygmê ist griechisch und heißt "Elle".