@DieSache Ich denke, es hatte eher mit der allgemeinen Aufbruchsstimmung der "vierten Generation des Feminismus" zu tun.
Die erste Generation geht bis zurück zur französischen Revolution, in der Frauen die theoretischen Grundlagen legten und erste Forderungen stellten.
Die zweite Generation wären die Suffragetten, die sich, von England ausgehend, hauptsächlich für ein Wahlrecht der Frauen einsetzten.
Die dritte Generation wären die jenigen Frauen, die eine "praktische Gleichberechtigung" lebten, bzw. leben mussten, weil Männer Kriege führten und sie in der Produktion, in Verkehrsbetrieben und auch im Kriegsdienst "ihren Mann stehen mussten", als Trümmerfrauen der Nachkriegszeit ohnehin.
Die vierte Generation war dann die Bewegung, die vollständige Gleichberechtigung forderte und auch Fragen der Sexualität thematisierte.
Nach jeder "Emanzipationswelle" erfolgte ein Roll back, d.h. Männer sicherten ihre angestammten gesellschaftlichen Positionen oder stellten sie wieder her, in dem sie Frauen wieder zurück drängten.
Der ersten Generation wurde zum Teil noch der Kopf abgehackt und sie fielen der Vergessenheit anheim.
Die zweite Generation war erfolgreicher und setzte nach dem Ersten Weltkrieg das Frauenwahlrecht, die Studienmöglichkeiten und neue Berufsfelder weitgehend durch, thematisierte beispielsweise auch Sexualaufklärung, Verhütungsmittel oder den § 218. Diese Ära endete im Deutschen Reich allerdings 1933.
Die dritte Generation musste nach beiden Weltkriegen erleben, wie sie zusehends aus der Rolle der Arbeiterin und Kämpferin wieder in die Rolle der Hausfrau und Mutter zurück gedrängt wurde. Vergleiche dazu das Rollenbild und die Gesetzeslage in der BRD nach 1948. Damals konnte der Mann den Aufenthaltsort der Familie allein bestimmen, den Job seiner Frau kündigen oder ihre Geschäfte rückgängig machen. Erst der Arbeitskräftemangel des späten Wirtschaftswunders hat in der BRD die Frauen als billig entlohnte industrielle Reservearmee reaktiviert.
Die vierte Generation wiederum stellte, teils in sehr revolutionären Forderungen, radikal das überkommene Rollenbild in Frage und ging weiter als die Emanzipationsbewegungen vor ihr. Sie war zweifelsohne auch erfolgreicher. Gesetze, die Frauen diskriminierten oder benachteiligten, landeten auf dem Müll. Themen, die vorher keine Beachtung fanden, fanden ihren Weg in die Medien und die öffentliche Wahrnehmung. Weibliche Hetero- wie Homosexualität wurde zum Thema. Die Selbstbestimmung über die Nachwuchsplanung war möglich, hohe schulische wie berufliche Qualifikation wurde zusehends auch für Mädchen und Frauen selbstverständlich. Frauen wurden im Grossen und Ganzen gesehen unabhängiger, selbstständiger und selbstbewusster als ihre Mütter und Grossmütter zuvor.
Die Frauen, die danach aufwuchsen oder sozialisiert wurden, neig(t)en möglicherweise dazu, die Errungenschaften als selbstverständlich anzusehen, sie nicht mehr für verteidigenswert zu halten, und Männer reagieren genervt mit einem "Was wollt ihr denn nun noch alles?"