Warden schrieb:Du hast auf die Frage nach Deutschsein letztendlich (auch) den historischen Kontext als primären Grund dafür gebracht, was dich daran stört. Ich will im Kern entgegen, dass es relativ ist, was jemand darunter verstehen kann, und dass man meiner Meinung nach auch andere eigene Definitionen heranführen kann die auch nicht in einem negativen Lichte dargestellt werden. So wie du historische Beispiele gebracht hast wie "Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen, die anderen hatten ja schon ihre tollen größeren Nationalstaaten" (als Beispiel), so kann jemand auch andere Beispiele aus der Neuzeit heranführen. Wieso auch nicht?
Ok, ich versuche das mal ausführlicher zu erläutern, selbst wenn das nur ein einziger Aspekt war, der jetzt nicht unbedingt primär-auschlaggebend ist.
Wir sind uns wohl einig, das sich gegenwärtig dieses - ich nenne es mal weiter "Deutschsein" - eher weniger aus "Oh man, England und Frankreich hatten vor uns einen Nationalstaat" speist und das eher keine Rolle spielt.
Dieses Konstrukt aus "Dichter und Denker", Kultur und Abstammung lebte aber fort und ist auch gar nicht so unaktuell.
Ob man sich des Ausgangspunktes dessen bewusst ist, spielt da erstmal keine Rolle.
Aber selbst wenn man mal annimmt, dass das nun weniger aktuell wäre, schließt das das eingängliche Postulat ja nicht aus.
Ich würde sogar sagen, dass Komplexe aufgrund der NS-Vergangenheit da mittlerweile eine viel größere Rolle spielen.
Das zeigt sich nicht nur in "Oh man, wie lange will man uns das noch anhängen...hier darf man gar nichts gegen 'Ausländer' sagen....ich will auch mal wieder stolz sein....blablabla" sondern auch auf ganz "konträrer Seite".
Weil man ganz doll Verantwortung für die Vergangenheit übernimmt, ganz doll "Niiiiiie wieder" brüllt und sowieso wegen Ausschwitz in die Politik gegangen ist, ist man nun Aufarbeitungs- und Moralweltmeister. Das nennen einige den "Wieder-gut-gewordenen-Deutschen".
Was habe ich nun für ein Problem damit?
Na ja, bei vielen Punkten, bei denen man das nicht vermuten würde, liegt es nahe, dass es im Endeffekt ja doch nur um "deutsche Befindlichkeiten" geht - selbst wenn dabei auch partiell "Gutes" herauskommt.
Wenn man z.B. jedes Mal den Zentralrat der Juden zitiert, wenn der was gegen "Nazis sagt" und sich dann doll auf die Schulter klopft, aber die Klappe hält, wenn Leute mit Kippa von Menschen aus Syrien mit Gurteln verprügelt werden, kann wohl kaum eine fundamentale Opposition zu Antisemitismus zugrunde liegen, oder?
Und ist der fanatische Antiamerikanismus, der sich natürlich als Kritik an Imperialismus und Krieg versteht, sich dann aber mit den menschenverachtendsten Diktaturen solidarisiert, solange es "gegen den Westen" geht, nicht eine 1:1 Projektion....Amerikaner, Besatzung, Diktatur...mmmh.
Aber jetzt stellen wir sie mal an den Pranger, so wie sie uns. Ihr habt auch....ihr macht auch...
Oder der Antisemitismus, der sich als Israelkritik gibt. Existieren nicht Leute, die sich über Antifaschismus selbst davon freizusprechen versuchen? Und ist das nicht auch wieder von "Ihr habt auch", ihr macht auch" motiviert?
Genauso wie "Wir haben uns aus allem rauszuhalten und dann nachher nur rumzumoralisieren" als Lehre aus der Geschichte verkauft wird, aber im Endeffekt doch nur ein Ausdruck von Isolationismus ist.
Man könnte ewig weitermachen.
Der Fokus der obigen Aufzählung lag jetzt bewusst nicht bei "rechts", da das da wohl jedem klarer sein sollte.
Er steht aber auch nicht pauschal für "links", bevor mir das jemand unterstellt.
Eya schrieb:Bitte in Idiotendeutsch, ich habe nämlich keinen Plan was du meinst oder sagen willst.
In Deutschland (oder was mal Deutschland werden sollte) gab es bis Anfang des 18 Jhr kein Nationalbewusstsein.
Diese Identität konstruierte man aus einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber Frankreich und England, weil das eben Nationalstaaten waren, während man selbst nur einen Haufen zersplitterte Reichsstände hatte.
Man musste sich nun ausdenken, warum man denen trotzdem überlegen war...und da kam man darauf, dass man eine große "Kulturnation" sei, von "Hermann" dem Cherusker abstamme, Dichter und Denker sei und deshalb ja viel toller als England und Frankreich.
Was im Englischen und Französischen als Zivilisation bezeichnet wurde, konnotierte man als "schlecht", unnatürlich, mechanisch, dekadent und stellte dem als deutsche Eigenart die "Kultur gegenüber.
Die letzte Phase einer Kultur nennt Spengler „Zivilisation“, ein Begriff, der in der deutschen Tradition als Antonym zu Kultur verwendet wurde. Spengler ordnet die beiden Zustände erstmals historisch an. Zivilisation sei der Tod der Kultur, genauer: Der Kulturtod vollziehe sich, indem Kultur in Zivilisation übergeht.
Wikipedia: Der Untergang des Abendlandes"Zivilisation" als Untergang einer Hochkultur.
Edit: Das endete mehr oder minder im "Arier"