jafrael
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Spiritualität & Intellektualität - Widerspruch?
17.12.2004 um 01:42Ken Wilber II
Er wurde gefragt:
Macht der Begriff des "Wesensverlustes" überhaupt Sinn? Und daher der Gedanke, daß sich menschliche Wesen "zum Wesen zurückwenden" sollten?
Seine Antwort:
Oh, natürlich. Auf jeden Fall. Aber das ist nicht etwas, das auf Altersstufe eins oder zwei oder drei verloren ging! Die Weisheitstraditionen sprechen alle von der Schöpfung des Universums als einem "Wegfallen" vom Wesen oder von der Gottheit oder vom Geist (im Original verwendet Wilber hier das deutsche Wort "Geist" - A.d.Ü.) - welchen Ausdruck Sie auch immer bevorzugen. Dieses "Wegfallen" oder "Entleeren" (zum Beispiel Hegels Abfall, oder die Kenosis der christlichen Mystiker - es gibt so viele Beispiele!) ist nicht an sich "schlecht" - es ist eher des Geistes Überfluß, des Geistes Fülle, des Geistes Art und Weise des Erschaffens.
Aber wir Menschen - durch eigene Verantwortung - lassen uns von dem phänomenalen Schauspiel derart intensiv in Beschlag nehmen, daß wir es für wirklich halten. Wir glauben an das Phänomen und keineswegs an das Numen. Daher leiden wir. Daher haben wir Teil an der Mathematik des Schmerzes und an dem Foltermechanismus namens "Selbst".
Aber dieser "Fall" ereignet sich nicht während des biologischen Geburtsvorganges, oder während des ersten Lebensjahres, oder irgend so was. Er ereignet sich mit dem Big Bang: Samsara tritt in die Erscheinung, als ein wundervoller Ausdruck der freudvollen Schöpfung des Geistes, einer Schöpfung allerdings, die durchblickt werden will, bis hin zu ihrer Quelle, glasklar. Und das Kleinkind lebt ganz entschieden nicht in der Quelle. Da geht in den Vorstellungen eine ganze Menge durcheinander. Das Kleinkind muß wachsen und sich entwickeln - genau wie die anderen Teile der Evolution - vom präpersonalen Stadium zum personalen und transpersonalen, vom Unterbewußten zum Selbst-Bewußtsein zum Überbewußtsein, vom Instinkt zum Ich zum Geistigen - um hierin seine höchste Identität wieder zu entdecken. Aber, sehen Sie, das hat nun gar nichts mit der Geburt von der biologischen Mama zu tun.
Das amerikanische Magazin New Age hat kürzlich in einem Artikel über Sie bemerkt: "So warm und sympathisch er auch auf der persönlichen Ebene sein mag, Wilber ist ein Samurai-Krieger, der keine Gefangenen macht". Kommentare dazu?
Wir alle im transpersonalen Bereich - das brauche ich Ihnen nicht zu sagen - werden von konventionellen Theoretikern betrachtet als völlig schrullig, übergeschnappt, abgedreht, verrückt. Man sieht uns als eine Art Phrenologen des Universums an. Wohlmeinend, aber völlig spinnert.
Als Schriftsteller habe ich daher versucht, sehr kritisch, sehr genau, sehr scharf, sehr intensiv zu sein. Wenn man das "Samurai" oder "Krieger" nennen will, bitte schön. Das stört mich nicht. Der Punkt ist jedoch ganz einfach, daß man in der Tat eine sehr mystische und transpersonale Sichtweise anbieten kann, die überhaupt nicht abgedreht ist. Kierkegaard weist darauf hin, daß sich die Wahrheit nur enthüllt, wenn man sie mit der Intensität der Verrücktheit angeht - keine Gefangenen! - und ich stehe in dieser Tradition.
Allerdings bedaure ich es, daß sich manche Leute von diesem leidenschaftlichen Ansatz und Stil verärgern lassen. Auf der emotionalen Ebene fühle ich mich überhaupt nicht wohl mit Konflikten - ich wünsche mir wirklich, daß sich alle mögen. Aber bedauerlicherweise schafft das Ringen um Wahrheit auch Feinde. Und vielleicht sind meine Ansichten völlig falsch, vielleicht richtig. So oder so, schafft das Gegner, und ich habe lernen müssen, damit klarzukommen.
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Ich übe das noch, Tunkel. Und allmy ist dafür ein hervorragendes Terrain.
Welches Muster verbindet den Krebs mit dem Hummer und die Orchidee mit der Primel und diese vier mit mir? Und mich mit Ihnen? (Gregory Bateson)
Er wurde gefragt:
Macht der Begriff des "Wesensverlustes" überhaupt Sinn? Und daher der Gedanke, daß sich menschliche Wesen "zum Wesen zurückwenden" sollten?
Seine Antwort:
Oh, natürlich. Auf jeden Fall. Aber das ist nicht etwas, das auf Altersstufe eins oder zwei oder drei verloren ging! Die Weisheitstraditionen sprechen alle von der Schöpfung des Universums als einem "Wegfallen" vom Wesen oder von der Gottheit oder vom Geist (im Original verwendet Wilber hier das deutsche Wort "Geist" - A.d.Ü.) - welchen Ausdruck Sie auch immer bevorzugen. Dieses "Wegfallen" oder "Entleeren" (zum Beispiel Hegels Abfall, oder die Kenosis der christlichen Mystiker - es gibt so viele Beispiele!) ist nicht an sich "schlecht" - es ist eher des Geistes Überfluß, des Geistes Fülle, des Geistes Art und Weise des Erschaffens.
Aber wir Menschen - durch eigene Verantwortung - lassen uns von dem phänomenalen Schauspiel derart intensiv in Beschlag nehmen, daß wir es für wirklich halten. Wir glauben an das Phänomen und keineswegs an das Numen. Daher leiden wir. Daher haben wir Teil an der Mathematik des Schmerzes und an dem Foltermechanismus namens "Selbst".
Aber dieser "Fall" ereignet sich nicht während des biologischen Geburtsvorganges, oder während des ersten Lebensjahres, oder irgend so was. Er ereignet sich mit dem Big Bang: Samsara tritt in die Erscheinung, als ein wundervoller Ausdruck der freudvollen Schöpfung des Geistes, einer Schöpfung allerdings, die durchblickt werden will, bis hin zu ihrer Quelle, glasklar. Und das Kleinkind lebt ganz entschieden nicht in der Quelle. Da geht in den Vorstellungen eine ganze Menge durcheinander. Das Kleinkind muß wachsen und sich entwickeln - genau wie die anderen Teile der Evolution - vom präpersonalen Stadium zum personalen und transpersonalen, vom Unterbewußten zum Selbst-Bewußtsein zum Überbewußtsein, vom Instinkt zum Ich zum Geistigen - um hierin seine höchste Identität wieder zu entdecken. Aber, sehen Sie, das hat nun gar nichts mit der Geburt von der biologischen Mama zu tun.
Das amerikanische Magazin New Age hat kürzlich in einem Artikel über Sie bemerkt: "So warm und sympathisch er auch auf der persönlichen Ebene sein mag, Wilber ist ein Samurai-Krieger, der keine Gefangenen macht". Kommentare dazu?
Wir alle im transpersonalen Bereich - das brauche ich Ihnen nicht zu sagen - werden von konventionellen Theoretikern betrachtet als völlig schrullig, übergeschnappt, abgedreht, verrückt. Man sieht uns als eine Art Phrenologen des Universums an. Wohlmeinend, aber völlig spinnert.
Als Schriftsteller habe ich daher versucht, sehr kritisch, sehr genau, sehr scharf, sehr intensiv zu sein. Wenn man das "Samurai" oder "Krieger" nennen will, bitte schön. Das stört mich nicht. Der Punkt ist jedoch ganz einfach, daß man in der Tat eine sehr mystische und transpersonale Sichtweise anbieten kann, die überhaupt nicht abgedreht ist. Kierkegaard weist darauf hin, daß sich die Wahrheit nur enthüllt, wenn man sie mit der Intensität der Verrücktheit angeht - keine Gefangenen! - und ich stehe in dieser Tradition.
Allerdings bedaure ich es, daß sich manche Leute von diesem leidenschaftlichen Ansatz und Stil verärgern lassen. Auf der emotionalen Ebene fühle ich mich überhaupt nicht wohl mit Konflikten - ich wünsche mir wirklich, daß sich alle mögen. Aber bedauerlicherweise schafft das Ringen um Wahrheit auch Feinde. Und vielleicht sind meine Ansichten völlig falsch, vielleicht richtig. So oder so, schafft das Gegner, und ich habe lernen müssen, damit klarzukommen.
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Ich übe das noch, Tunkel. Und allmy ist dafür ein hervorragendes Terrain.
Welches Muster verbindet den Krebs mit dem Hummer und die Orchidee mit der Primel und diese vier mit mir? Und mich mit Ihnen? (Gregory Bateson)