@cRAwler23 Mein 'Sozialromantik' bezog sich nicht nur aufs damalige Arbeitsleben und -verhältnisse, sondern allgemein gegen die verzerrte Darstellung, des härteren aber besseren Lebens. Ich meine, hier werden ja teilweise die letzten 20, 30 Jahre herangezogen und ich bin selbst in dieser Zeit gross geworden. Wenn man mir erzählen will, dass frühers mehr Kinder auf den Strassen waren, dann lege ich das getrost als Quatsch ab, weil es im Endeffekt eh nur die persönliche Wahrnehmung spiegelt. Auch ich bin als Knirps beispielsweise oft davor gewarnt worden, nicht spätabends an Maisfeldern vorbeizugehen oder ganz klassisch die Geschichte vom Mann, der einen mittels Süssigkeiten in den Wagen locken will. Das Problem gab es damals schon, nur heute sind die Themen halt allgegenwärtiger, weil wir besser vernetzt und informiert sind. Und auch zu meiner Schulzeit wurden genug Kiddies von den Eltern zur Schule gefahren, obwohl eine Busanbindung vorhanden war bzw. man den Weg auch per Fahrrad zurücklegen hätte können. Aber wenn man den Schilderungen mancher User lauscht, scheint das ausschliesslich ein heutiges Problem zu sein, wenn man es überhaupt als Problem bezeichnen möchte.
Was die Arbeit betrifft, der Vater meines Kumpels, ein Landwirt, und mein alter Herr hatten ein Deal, er mäht unser Grundstück und darf dafür den Ertrag behalten. Ich hab einmal mitgeholfen und obwohl es schon recht gut technisiert war, war es auch eine beschissene Arbeit. Vorneweg der Bulldog, dahinter das Mähwerk und an dritter Stelle der Anhänger, auf dem wir standen, die Heuballen abfingen und dann im Anhänger schichten mussten. An sich keine schwere Arbeit, aber nervig, da es schweineheiss war, die Halme kratzen wie Sau und stickig ohne Ende. Auch wenn ich mir dadurch zehn Mark verdiente, was zu der Zeit für mich viel Geld war, mein Kumpel und ich waren heilfroh, als die Arbeit endete und wir zum Weiher fahren konnten.
Bin ich aber deswegen ein härterer Kerl als alles was danach kam? Wohl kaum. Die Behauptung fusst auf sehr dünnem Eis und dennoch wird es hier angeführt. Daher eben Sozialromantik, denn ist es einfach erwiesen, dass die Menschen sich ihre Erinnerungen schöner ausmalen, als sie es eigentlich waren und gerne mal die schlechten Dinge ausklammern, wenn auch ganz unbewusst.