popcorncandy schrieb: Heutzutage ist es doch eher so dass auch die Religion moderner gelebt werden.
Durchaus, aber mir geht das momentan noch nicht weit genug bzw. ist es mir noch nicht modern genug, wenn man die gesamtgesellschaftliche Bilder betrachtet.
Glaube fängt nicht mit oder in einem Buch an und hört dort auch nicht auf. In der Weltgeschichte mögen an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Religionsmodelle entstanden sein und ich finde es ist an der Zeit die Grenzen zwischen ihnen abzureißen und Glauben wirklich freiheitlich zu machen.
Die grundlegende Herangehensweise, die auch den Kurzen vermittelt wird, finde ich überarbeitungswürdig. Es gibt ein paar Standartmodelle, die unabhängig von einander nebenher existieren und sich auf verschiedenste Weisen selbst limitieren. Glaube wird mir grundlegend in diesen Modellen einfach zu plastisch beschrieben - es gibt nur diesen oder jenen Gott, er hat bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen, es gibt eine bestimmte Rahmenhandlung und ganz gezielte Vorgaben für Ethik und Moral.
Mir wird dabei einfach zu schnell der philosophische Hintergrund vergessen. Ganz egal an wen oder was man glaubt, so sollte man sich doch erst einmal fragen warum überhaupt oder auf welche menschlichen Grundfragen der Glaube meint eine Antwort geben zu können.
Ich denke dabei immer gern an den Mathematikunterricht in Schulen. Leider viel zu oft steht der Lehrer einfach nur vor der Klasse, bringt ihnen bei welches Unterprogramm im Taschenrechner bei welchem Aufgabentyp angewandt werden muss, anstatt ihr bisheriges Wissen zu nehmen, aufzuzeigen wo dieses Wissen an seine Grenzen stößt und ihnen dann die logischen Zusammenhänge zu erklären und so zu ermöglichen Schritt für Schritt auch zu verstehen, was sie da gerade lernen und wofür diese neuen Zusammenhänge überhaupt nützlich sind.
Auch wenn das viele nicht glauben, aber um die Logik der Mathematik zu begreifen braucht es lediglich Ausdauer und etwas Zeit sowie Interesse für diese Theorie. Was ich mir teilweise schon selbstständig für mathematische Zusammenhänge hergeleitet habe ohne zu merken, dass das Ergebnis die ganze Zeit zum Beispiel in meinem Tafelwerk stand. Allerdings hätte mir am Anfang die fertige Formel nichts gebracht, weil ich sie überhaupt nicht verstanden hätte.
Diese Erfahrungswerte habe ich auch versucht sehr viel in meine Auseinandersetzungen mit dem Thema Glaube und Religion einfließen zu lassen und auch jetzt nach wie vor derart anzuwenden.
Ich kann mit einem fertigen Religionskonstrukt nichts anfangen. So manches mal war ich doch erstaunt, was für Teilaspekte meiner Weltanschauung ich dann in religiösen Schriften wiederfinden konnte, jedoch war ich genauso erstaunt, was in diesen Schriften dann noch für eine Menge an Zeug stand mit dem ich dagegen rein gar nichts anfangen konnte.
Wer glauben möchte, der braucht keine Schrift oder Propheten, die ihm sagt, was er zu glauben hat oder wie der Gott zu sein hat den er anbetet, sofern es überhaupt einen Gott in seinem Glauben gibt.
Glaube ist eben kein Wissen, aber eben weil es kein Wissen ist, so gibt es dabei auch kein richtig oder falsch. Entweder man glaubt an etwas oder eben nicht. Weitere Differenzierungen oder Einschränkungen sind da einfach nicht nötig. Es ist ja an sich nicht einmal wichtig, ob man das, was man da glaubt auch anderen gegenüber explizit als Glauben bezeichnet.
Mir ist doch vollkommen egal, ob das was ich persönlich glaube nun dem christlichen Glauben zuordbar ist oder nur zu 20% und 40% sind dem islamischen Glauben zugeordnet. Diese Haarspalterei ist doch vollkommen überflüssig und macht das, was ich für Glaube halte in keinster Form irgendwie schlechter oder besser.
Die Fehlerquelle Mensch ist dabei aber auch nicht zu vergessen. Wir haben ja scheinbar noch ein sehr großes Verlangen nach einem Gemeinschaftsgefühl, weswegen wir ja in Schubladen unterteilen und uns selbst regelmäßig in diese einsortieren. Das bringt aber für das Praktizieren von Glaube genauso wenig wie für die fast aufgezwungene Wahl einer bestimmten primär gehörten Musikrichtung.
Anstatt einfach Musik zu hören, weil sie uns gefällt, institutionalisieren und kategorisieren wir am laufenden Band und begrenzen uns dadurch selbst an Stellen, wo diese Grenzen vollkommen überflüssig sind und die Grundmotivation, warum Musik gemacht wird und warum wir sie hören, Stück für Stück verloren geht.
Es ist meiner Ansicht nach an der Zeit, dass wir begreifen, dass wir momentan Kämpfe führen, die wider jeder Grundlage des umkämpfen Themas sind und im Zuge dieses Begreifens ist ausnahmslos jeder in der Pflicht, Gläubiger wie nicht Gläubiger, zu überprüfen, was ihn zum oder vom Glauben fernhält und direkt anschließend zu hinterfragen und zu verstehen, warum es vollkommen legitim ist, dass jemand eine andere Ansicht hat.
Die uns selbst auferlegten Denkverbote zu hinterfragen und zu überwinden war schon immer eine sehr große Herausforderung für den Menschen und sich dieser zu stellen ist eine Pflicht, die jeder, der meint bei klarem Verstand zu sein, zu erfüllen hat.
P.s. Und vor allem immer schön locker bleiben und nicht jeden Witz, jeden Zyniker oder jede vermeintliche zu paschalisierte Aussage als Grundlage nehmen um sich provozieren zu lassen und an die Decke zu gehen.
:)