@Helenn @Jimmybondy Ja, das kenne ich auch nur zu gut, solche Phasen hatte ich auch, bislang zwei Mal.
Während der ersten habe ich einer 12qm-Dachkammer mit Außenklo gehaust, von daher waren zumindest Miete und Strom kein Problem, aber es ist eine dunkle Zeit, wenn man den ganzen Tag irgendwo in der Nachbarschaft auf ner Mauer rumhockt und darauf wartet, daß der Hausbesitzer der da grad am rumwerkeln ist, endlich heimgefahren ist, man sich Leitungswasser mit nem Spritzer Zitronensaft in ner Wasserflasche in den Kühlschrank stellt, und damit anfängt, die Kippenstummel aus dem Aschenbecher aufzubröseln und in der Bong zu rauchen, weil die Reste höchstens noch für 3 vollständige Kippen reichen würde, und zum drehen sowieso nur die dünnen Seiten von Dantes Komödie zur Verfügung stehen.
Da habe ich gelernt, daß ich nur eine vollständige Mahlzeit aka Reis mit Soße oder Nudeln mit nix und zwei Tüten Flips brauche, um sieben Tage zu überstehen.
Die interessantere Erfahrung war das letzte Mal, Jahre später, eigentlich gar nicht mal so lange her, da war es nämlich genau anders herum.
Ich habe es da immer geschafft, genug zu essen und trinken zu haben, zu rauchen, Schmerzmittel, Alkohol, Kaffee -wieauchimer- aber mein Budget für Dinge wie Miete, Strom, und sowieso alles andere, lag bei exakt Null.
Und halb betäubt ne Zigarette zum kalten Instant-Kaffee macht nur bedingt Spaß, wenn man mit aufgerissenen Augen angespannt lauscht, ob nicht wieder jemand vor der Tür steht um einen endgültig vor die Tür zu setzen oder schlimmeres, während man verzweifelt versucht mit dem fastleeren Feuerzeug die Kerzen anzuzünden weil der Strom schon länger weg ist.
Kurz vor der "Phase der Ruhe", einem engen Zeitfenster nachdem der Tag schon soweit vergangen ist, daß man keinen unliebsamen Besuch mehr fürchten muß, und vor dem vollständigen Hereinfallen der Nacht, da die reale Furcht vor der Tür durch die irreale Angst im Kopf ersetzt wurde, die einzige Zeit, da man schnell mal raushuschen kann, und sich im Zwielicht an den Häuserwänden entlangdrückt zum nächsten Supermarkt.
Mitgenommen habe ich aus diesen Zeiten einen wie ich finde sehr interessanten Umstand: Ich bin scheinbar in der Lage, mit einem absoluten Minimum an Nahrung, Unterhaltung usw. auszukommen, die Bedrohung des eigenen Heimes, der Trutzburg vor realen und irrealen Schrecken aber, ist seelenzerfetzend fürchterlich.
Sehr lehrreich, doch.
Und dennoch würde ich nicht behaupten wollen, jemals tatsächliche Armut kennengelernt zu haben, was ein sehr beunruhigender Gedanke ist, der mich zumindest in diesem Punkt ein wenig demütiger gemacht hat ...