Verblödung der Massen! Gang des Zeitgeistes oder Übertreibung?
25.09.2011 um 13:38
Immer das Argument, es sei schon immer so gewesen. Mag stimmen. Nur mit ein paar kleinen Unterschieden. Vor 100, 500, 1000 Jahren gab es noch keine Fernseher oder Computerspiele. Die Kinder hatten handfeste Sachen mit denen sie sich beschäftigten, wussten mit 14 Jahren, wie man einen Hammer benutzt. Sie konnten sich mit Sicherheit auch was zu essen machen. Sie wuchsen vielleicht ärmer und nicht so frei auf wie heutige Kinder aber sie haben in jungen Jahren genug gelernt um später zurecht zu kommen.
Die Mutter meines Wehrführers ist seit 30 Jahren Grundschullehrerin. Sie kann das "war doch schon immer so" auch nicht mehr hören. Nach ihren Worten gab es diese hyperaktiven Kinder vielleicht zwei mal pro Klasse. Sie sagt, heute besteht die Hälfte einer Klasse aus solchen Sonderfällen. Es ist kein effektiver Unterricht mehr machbar, die Eltern kommen angeschissen, wenn das Kind mal eine 3 bekommen hat und diese Eltern beschuldigen dann den Lehrer, dass er seinen Job nicht draufhätte. Ich mein wo sind wir hier? Wer schlecht ist, kriegt schlechte Noten, was will man machen, wenn man das Kind leistungsgerecht benotet und die Eltern dann versuchen ne bessere Note rauszupressen.
Noch eine Erfahrung, die sie uns mitteilte war, dass etliche Kinder heute nicht mal sagen können, wo sie wohnen. Ich wusste das als ich in die erste Klasse kam. Ich konnte sogar irgendwann fehlerfrei meinen Namen schreiben, das sind so Sachen, mit denen Lehrer heute zu kämpfen haben und so wie sie sagt ist das nicht der ganz normale Generationenkonflikt sondern ein gewaltiger Schnitt, der weit über das normale Maß an jugendlichem Chaos drüberchießt.
Aber ich kenn auch selbst solche Fälle. Einer von denen wuchs nur vor dem Fernseher auf. Der ist jetzt 13 und benimmt sich wie 7. Der konnte bis er 10 war nicht normal reden. Er kann sich auf nichts konzentrieren, plappert nur dazwischen, ist vorlaut und man könnte denken, er sucht den Ärger. Nen anderer Fall, selbes Alter, wenn man ihn drauf hinweist, dass er etwas nicht so gemacht hat, wie er sollte.....fackt er irgendwelches Zeug in die Ecke und zieht beleidigt von dannen. Null Kritikresistenz. Das waren nur zwei Beispiele, mir schwirren da noch mehr im Kopf rum. Ich kann aber ruhigen Gewissens sagen, dass ich beim Zurückdenken mich nur an zwei Leute aus unserem kompletten Jahrgang an der Schule erinnern kann, die so drauf waren. Und heute schwirren 4 solcher Leute schon allein in der Jugendabteilung unserer FW rum.
Brauch auch mir keiner erzählen, dass so etwas noch mit Normalverteilung zu erklären wäre. Was zu meiner Zeit noch ein Klaps auf den Arsch war, der bekanntermaßen noch nie jemandem geschadet hat, das zählt ja heute schon fast unter Vergewaltigung. Kein Wunder, dass die Kinder nicht mehr merken, wenn sie Grenzen überschreiten. Und dann setzen die Eltern das Kind vor die Glotze anstatt in einen Kindergarten. Da ist das Kind den ganzen Tag in den gleichen vier Wänden, hat bis auf Mutter und Vater keinerlei soziale Interaktion und dar sich den ganzen Tag die kunterbunte Reizüberflutung reinziehen. Ja kein Wunder, dass die Wänster abstumpfen.
Wenn ich schon lese, wie als Alternativen zum Fernsehen dann Radio und MP3 Player genannt werden....wie siehts denn damit aus, mal das Haus zu verlassen? Ich war in den Sommerferien als Kind den ganzen Tag im Sommerbad. Und wenn nicht dort, dann bin ich im Herbst im Wald rumgestromert oder war mit dem Fahrrad unterwegs und im Winter gings halt Schlittenfahren, ist sowas heute nicht mehr in Mode? Ich hab mit 10 Jahren schon lange ohne elterliche Aufsicht draußen gespielt und war immer in der Lage wieder heimzufinden. Klar, wenn ich mal später kam, dann gabs mörderischen Ärger, Eltern machen sich ja Sorgen. Auf jeden Fall hockte ich nicht 24/7 in der Bude sondern begann früh, eigenständig was zu machen. Natürlich immer innerhalb der gesteckten Grenzen. Heimkommen, wenn die Straßenlaternen angehen und nicht mit Fremden weggehen und sowas halt.
Wer aber nur daheime hockt....was lernt so jemand? Außer das, was man ihm in der Schule beibringt? Ein Kind muss die Welt nunmal erleben, da reichts nicht, ihm irgendwelche Bilder im Fernsehen zu vermitteln, die Sachen kann er weder anfassen noch sonstwie damit interagieren. Wer nur daheime sitzt, lernt die Grenzen seines Körpers nicht, lernt keine soziale Interaktion, Menschenkenntnis, Selbsteinschätzung usw. kann man doch alles vergessen. Dann gehts vielleicht daheime noch nach der Pfeife des Kindes. Was machen solche Leute dann aufm Arbeitsmarkt? Wenn der Chef denen ne Aufgabe gibt und die aufhören, wenn sie keine Lust mehr haben?
Eigentlich egal, was nun in der Glotze läut, ob arte oder RTL. Ein Kind gehört nicht den ganzen Tag davor. Vielleicht abends, wenn der Tag rum is oder Nachmittag, wenns ne Serie ist, die ihn interessiert, ich durfte ja auch nie mein MacGyver verpassen, aber wenn nach dem Aufwachen schon die Glotze das erste Highlight ist und sich das dann durch den Tag durchzieht....nee, da kann nichts bei rumkommen. So züchtet man sich gleichgültige Zombies.
Aber das ist wohl der Preis möglichst grenzenloser Freiheit. Seit jeher haben die Natur und suboptimale Umstände dem Menschen Grenzen gesetzt. Und der Mensch hat sich ganz erfolgreich damit arrangiert und entwickelt. Mittlerweile gibt es für jedes Problem ne automatisierte Lösung, keiner muss sich mehr groß anstrengen, das Gehirn kann auf Standgas laufen und die Sachen, die uns die Notwendigkeit für Grenzen abnehmen, werden nach unten weitergegeben. Google is ne tolle Sache aber ich bin als Kind noch in die Bibliothek gegangen, da musste man noch nen paar Takte nachdenken, wo man überhaupt seine Suche starten soll.
Übertriebener Humanismus stellt sich mittlerweile so weit über natürliche Erziehungsstrategien, dass die Kinder sogar vorm selbstverschuldeten Scheitern bewahrt werden sollen. Am besten bei Geburt schon ein Einser Abizeugnis ausstellen um Allem aus dem Weg zu gehen. Wenn das Kind mal nicht so will, wie die Eltern...ach einfach gewähren lassen. Dann isses ja ruhig. Nur nicht anecken. Dass man damit langfristig dem Kind schadet, naja aus den Augen aus dem Sinn. Und bloß nicht das Kind 5 Minuten alleine lassen. Klar, wenn es bisher immer nur betütelt wurde, würd ichs auch nicht aus den Augen lassen, muss man schon mit rechnen, dass ein systematisch verdummtes Balg den kürzesten Weg sucht, sich wehzutun. Sei es ne heiße Herdplatte oder ein kuscheliger Eisbär im Zoo, den man mal streicheln will. Weil Knut war ja so süüüüß.
Scheißegal, ob der Sender arte oder RTL heißt. Ein Kind gehört tagsüber nicht vor die Glotze sondern an die frische Luft. Das mag vielleicht nicht so lehrreich sein wie der Mark Chagall Themenabend bei 3sat aber das Kind lernt dafür den ein oder anderen Handgriff, den es im Leben auch mal anwenden kann. Man gebe dem Kind ein Taschenmesser und nen Stock....Schnitzen is gut für die Feinmotorik. Und wenn es sich mal in den Finger schneidet....Pflaster drüber, heilt wieder. Ich hab mir auch diverse male die Knie aufgeschlagen und lebe noch. Ich denke, diese panische Angst, dass dem Kind was passieren könnte trägt mit dazu bei, dass es oft drinne hockt und hohl wird. Klar, passieren kann immer was, so ist das Leben. Sowas muss Sohnemann nunmal lernen.
Nächstes Thema....Eltern schicken Kind mit Laufrad auf den verkehrsberuhigten Bürgersteig. Irgendwann mit kriegt das Kind ein richtiges Fahrrad und kann nicht gradeaus- oder freihändig fahren, weil die risikopanischen Eltern das Kind jahrelang auf Laufrad konditioniert haben, Gleichgewicht ist zwar da aber Koordination ist vollkommen im Eimer. Was ist so schlimm, das Radfahren mit einem Fahrrad mit Stützrädern beizubringen? Hat milliardenfach funktioniert und heute werden die armen Kindergehirne systematisch mit irgendwelchem angeblichen Sicherheitsmüll ruiniert und verkrüppelt, tief verwurzelte Fähigkeiten werden auf den Müll geschmissen, weil man vollkommen falsche Sachen eingraviert, die u.U. irreversibel sind und den kurzen Menschen schon bei Zeiten versauen.
Eins weiß ich sicher. Laufräder, Glotze und google gäbs für meinen Sprössling nicht. Ok, google, wenns schnell gehen muss. Will das Kind was wissen, gehts in die Bibliothek. Und zwar mit einem richtigen Fahrrad, da lernts gleich noch die Verkehrsregeln. Zum Spielen gehts raus in die Natur, Buden bauen im Wald, handwerkliches Geschick is unabdingbar. Und wenns regnet? Naja....Wozu gibts Jacken mit Kapuzen? Und wenn ich ihn erwische, wie er nachts heimlich unter der Bettdecke liest? Dann....gibtsn Lob, dann kann ers wenigstens und stottert dem Lehrer im Deutschunterricht keine Wortfetzen vor.
Man kann soviel machen um ein Kind zum Menschen werden zu lassen. Und dann liest man hier was von "Umschalten" als Alternative zur Verblödung. Erbärmlich, wie weit es fortgeschritten ist.