Vereinsamung und Kontaktlosigkeit durch die Abhängigkeit zum Computer
15.06.2011 um 16:54
Ohje... ich glaube ich kann dazu viel schreiben. Ich fasse mich mal kurz. :D
Ich bin auch in einer Generation geboren, die mit Computer und auch Internet groß geworden ist. Schon in der Schule war es "out" in der Bücherei zu recherchieren.
Informationsquelle Internet und die Anfänge von Wikipedia reichten dabei schon völlig aus.
So wie ich das erlebt habe, diese Entwicklung der "neuen" Kommunikation, gefällt mir diese nur ansatzweise.
Spätestens als der Smiley kultiviert wurde, wurde auch klar, was den Menschen insgesamt fehlt: Mimik und Gestik.
Wir müssen uns einmal vor Augen halten, wie wichtig die Körpersprache überhaupt ist. Bevor sich unser Neocortex ausgebildet hat, konnten wir nur rein über den Körper kommunizieren.
Nur weil wir mittlerweile _glauben_, dass wir die Sprache in der wir reingeboren wurden, beherrschen, heißt das nicht, dass wir perfekt kommunizieren.
Dies wird dann oft deutlich durch "da habe ich mich falsch ausgedrückt" o.ä. Durch die verbale Sprache ist nur noch ein weiterer Teil für die Interpretation geschaffen.
Es kommt deswegen noch immer auf das Gesamtbild an. Wie gestikuliert er, wie gibt er sich, wie steht er, wen guckt er an.
In Chats ist dies nicht so einfach ersichtlich. Es fehlen Mimik und Gestik insgesamt. Das bedeutet, dass es musste also Abhilfe geschaffen werden: Smileys. Diese gelben, runden Dinger erleichtern es uns, das gelesene Inhaltlich korrekter zu verstehen. Erst so wurde es auch möglich Ironie usw. zu verwenden, sodass der Leser es sofort identifizieren konnte.
In meinen ganzen Jahren habe ich Pärchen kennen gelernt, der eine im Wohnzimmer, der andere im Schlafzimmer, die per ICQ eine angeheizte Diskussion über ihre Beziehung führten.
Andere wieder herum schrieben schrieben sich E-Mails und befanden sich auf unterschiedlichen Kontinenten.
Zwar ist telefonieren noch eine Stufe persönlicher als chatten, da hier wenigstens die Stimme wirken kann, aber es ist schon eine gewisse Minderung der Wahrnehmung. Letztlich kann nur schwerlich erkannt werden ob derjenige am anderen Ende nun lacht oder gar die Augen zu hat und zurückgelehnt ist. Hier bedarf es einfach einer genaueren Analyse wozu unser Gehirn alleine nicht in der Lage ist.
Daher wird auch hier gerne auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen.
Es kommt immer wieder auf das gleiche hinaus: Es ist das, wozu wir es machen.
Geben wir dem Internet mehr macht, wird es diese auch nutzen.
Jugendliche, so habe ich es zumindest kennen gelernt, ist die Schamgrenze im Internet deutlich niedriger. Eben deswegen streiten gerade junge Menschen gerne per Internet. Kaum auszurechnen wie sie sich verhalten würden, stünden sie sich gegenüber.
Darunter waren häufig Menschen, die im allgemeinen Neu-Deutsch als "Nerds" bezeichnet werden: Introvertiert, grotesker Kleidunsgstil, usw. Diese Menschen bekommen im "echten Leben" die Zähne nicht auseinander.
Im Internet aber können gerade diese Menschen etwas sein. Dort können Sie Lord Baltimore, der Drachentöter und Gildenchef sein. Oder endlich die Persönlichkeit leben können, die sie eigentlich sein möchten, es aber im wirklichen Leben bisher nie getraut haben sich ernsthaft mit ihren Unzulänglichkeiten zu beschäftigen.
Und genau das ist die Gefahr dabei.
Es ist nicht nur eine neue Form der Kommunikation. Es ist auch ein Lebensstil, bzw. eine Traumwelt. Jeder kann sein wer er möchte und verlernt dazu noch die (kulturellen) Embleme und Illustratoren. Dadurch wird es immer häufiger vorkommen, dass jemand keinerlei Gestik nutzt, die Hände in den Taschen hat während er mit jemanden redet und verlernt Emotionen zu zeigen.
Um das vielzitierte von Samy Molcho nochmal herbeizuholen: Wir können nicht nicht kommunizieren.
Selbstverständlich sind auch die Hände in den Taschen ein Ausdruck.
Wobei es mir darum geht ist, dass Menschen, die viel Zeit (ich meine damit exzessiv viel Zeit) vor dem Computer, bzw. im Internet verbringen, (oftmals) anders in der echten Welt unterwegs sind als Menschen, die sich nur wenig mit dem Computer beschäftigen.
Als Beispiel kann ich alleine schon die Ausdrucksweise der Jugendlichen heran holen. Ich meine nicht das "...,Alter" nach jedem Satz, sondern Akronyme die mittlerweile sogar im Sprachgebrauch Platz gefunden haben.
So haben es viele Jugendlichen verlernt herzhaft zu lachen und stoßen neben dem Grinsen lieber ein "LOL" oder "ROFL" aus.
Genau das ist es, was mir sorgen macht.
Oftmals machen sich diese Menschen nicht einmal Gedanken darüber wie sie auf die Umwelt wirken. Körpersprache ist eben dann eine Begleiterscheinung. "ist doch egal", "Ja und? Dann mach ich halt einfach..." sind beliebte Satzbauten.
Es geht nicht darum, dass wir keine richtigen Emotionen oder anderes über das Internet vermitteln können, sondern nur die Abstumpfung der Kommunikation, WEIL wir keine Emotionen vermitteln können und deswegen auch nicht unsere natürliche Wahrnehmung schulen, die uns von Anbeginn der Menschheit gegeben wurde.
Generell behaupte ich, dass jedes Extrem nicht besonders förderlich ist und in selbst gelegte Grenzen wirft, die sein Denken und Handeln beeinflussen.
Ich möchte aber nicht sagen, dass es nun schlecht ist, tägl. Seifenopern zu konsumieren oder gar Computer zu spielen.
Ich halte es aber für übertrieben, wenn dem Medium Internet mehr zugeschrieben wird, als es eigentlich bedeuten sollte.
Einen Heiratsantrag in einer virtuellen Welt zu machen (wie es in Second Life passiert ist), halte ich für sehr fragwürdig.
Das Thema in einfache Worte zu fassen ist nicht besonders einfach. Letztlich aber ist es eine virtuelle Welt -Sie ist nicht echt.
Was ich aber im selben Bezug sehe ist, dass jeder im Internet der sein kann, der er im echten Leben nicht sein kann. Dort ist mal schnell das Haus gebaut, eingerichtet und die Familie gegründet. Und das beste daran: Unverbindlich. Einfach den Account kündigen und vorbei ist es.
Es ist eben kein Second Life (zweites Leben) sondern ein Spiel um seine Zeit zu vertreiben.
Ich möchte es sogar wagen, die Rate der Depressionskranken mit der Rate, der Menschen, die in virtuelle Welten flüchten (das gleiche gilt für Drogen, wobei ich dies nicht gleich stellen möchte).
Statistiken legen nahe, dass viele unglücklich mit ihrem Job sind, gerne wechseln möchten. Sie trauen sich das aber nicht. Ein Jobwechsel kann weitreichende Konsequenzen haben - positive wie auch negative. In der virtuellen Welt sind es wenige Klicks. Wer zum Beispiel "Die Sims" spielt, kann sogar einfach wieder seinen Speicherstand laden.
Das Internet ist mittlerweile weit mehr als einfach nur eine Informationsquelle.
War doch kurz, oder? :D