codexgigas schrieb:du hattest glück das du einen solchen chef hattest
ja, aber er auch mit mir :-]
ich war ja als pflichtbewußter Europäer ein braves Arbeitstier, das niemals gejammert hat. Mein Job (Astronom) erfordert ja naturgemäß viele Nacht- u. Wochenend-Schichten. Die US-Kollegen mochten das nicht so gerne. Da wanden sie sich wie Würmer dagegen und erfanden Ausreden ohne Ende. Der eine mußte am Wochende dringendst immer nach Georgia auf die Jagd, der andere nach Vegas zum zocken, der andere wieder an die Beach in Kalifornien, und einige wollten (wohl vielleicht aus gutem Grunde) ihre Frauen nachts nicht so gerne alleine lassen.
Mir war das alles egal, ich hab klaglos vor mich hingewerkelt. Das hat man auch sehr geschätzt, und im Exchange dafür gabs die "Insurance" (die ja keine war, aber eben eine Zusage, wenn es mal hart auf hart kommt, treten sie dafür ein, was sie auch eingehalten haben. Zwar wie ich schon sagte, mit der Rechnung hat der Chef noch lange vor meiner Nase herumgewedelt, und allzu oft hätte ich das wohl nicht wiederholen dürfen, sonst hätte man mich sicherlich rausgeschmissen oder mich dazu gepreßt, selber eine Versicherung abzuschließen.
codexgigas schrieb:sogar mit einer schusswunde nicht ins krankenhaus wollen
nun ja, das mit der Schußwunde ist vielleicht ein etwas unglückliches Beispiel. Vergiß nicht, bei sowas gibts jede Menge lästige Fragen ... und wenn die Wunde nicht als z.B. Jagdunfall erklärbar ist, sondern Gott bewahre auch noch vom Mob (=das dortige organisierte Verbrechen, Cosa Nostra) ist, dann überlegt man sich das natürlich aus klaren Gründen schon mal genau, ob man damit zu einem Arzt geht. DEr muß das ja melden, und dann hat man möglicherweise ein ziemliches Problem.
codexgigas schrieb:weil du nicht nur den arzt bezahlst sondern den ganzen erhaltungsaperrat des krankenhauses
logisch. die rechnen sich das genau aus.
Ist ja nicht schwer: z.B. 500 Patienten haben wir, davon sind 50 Vollzahler. Die zahlen nun genau so viel, damit die restlichen 450 auch behandelt werden können. Sozusagen "pro bono" ... wie man dort sagt, also gratis. Die bekommen natürlich nicht soviel Aufmerksamkeit, aber immerhin - behandelt werden sie.
Am Schluß schließt das Krankenhaus dann mit Plusminus-Null ab oder so Gott will auch einem Gewinn. Jedes Krankenhaus sieht also auf diese Weise zu, wie es überlebt.
In reichen Vierteln geht das gut, die paar Armen werden mit inhaliert ... und in armen Vierteln zahlen die Reichen wieder überproportional viel, sofern überhaupt welche dort reingehen.
Bei uns ist es anders. Da zahlen z.B. 50 Millionen Bürger 200 Milliarden ein im Jahr. Real kosten tut unser Gesundheitswesen meinetwegen 300 Milliarden. Der Verlust wird dann halt im Haushaltsloch verbucht oder sonstwo und der nächsten Regierung übergeben, die dann wenigstens gleich wieder was hat, wo sie die Vorgänger mit beschuldigen können, - und dann weitermachen wie gewohnt wie gehabt. Auch nicht ganz das Pralle auf lange Sicht.
codexgigas schrieb:weil so ziehmlich alle krankenhäuser in privater hand sind und somit keine unterstützung vom staat bekommen
es gibt staatliche Krankenhäuser, die kannste aber größtenteils vergessen. Das ist furchtbar dort.
Dann gibts noch Schrecklicheres: Das sind Massenbehandlungen. Das findet in großen Bierzelten statt, da kommen Ärzte und auch Zahnärzte, und die Armen können hingehen mit ihren Problemen.
Das nützt aber nicht viel, weil da grade mal Erste Hilfe geleistet werden kann.
Bei schwierigen Sachen können sie auch nicht mehr als ein wenig abtasten und sagen: "tja, in Ihrem Falle, lieber Herr, wäre es sehr gut, wenn Sie zu einem Spezialisten gingen."
Ja, schön, - Spezialist ... aber der macht wieder nix pro bono. :-(
codexgigas schrieb:mich wundert es nur das es komischerweise in kanada geht und in kanada leben auch viele leute
30 Millionen etwa. Aber das ist gar nicht so wichtig. Entscheidend ist der Schritt der Einführung. Wen es mal läuft und alle sich dran gewöhnt haben und auch den Nutzen erkannt haben unterm Strich, dann ist das alles wunderbar. In Canada hat es sich halt schon seit langem rundgelaufen, ist also kein Thema mehr.
Aber wie die US-Amerikaner anfangen zu bocken, wenn denen wegen was auch immer der wöchentliche Scheck gekürzt wird, - das hab ich 10 Jahre lang zur Genüge gesehen. Da gehen sie sofort in Rebellion und Gewerkschaft und Anwalt her und alles :-(
Aber genau diese Leute, die bei jeder gesetzlich verankerten Kürzung Zeter und Mordio schreien, die sind wieder ganz locker, wenn ihnen vom Scheckaufkäufer etwas abgezogen wird.
Das muß ich genauer erklären:
Dort haben nur wenige Leute ein Bankkonto, vor allem solche nicht, die im Tagelohn arbeiten. Wir hatten im Observatorium auch welche (natürlich keine Experten, aber Reinigungs- u. Wartungspersonal). Die bekamen am Abend den Scheck für ihre Arbeit. Draußen vor dem Tor warteten in kleinen Buden schon die Scheckaufkäufer. Die Arbeiter waren ja nicht geneigt, den Scheck selber zur Bank zu bringen, sondern wollten gleich Cash sehen und ab damit in die Kneipe oder sonst wohin.
Die Scheckaufkäufer diskontierten die Schecks im allgemeinen mit 10%, also reinster Wucher.
Eein 200-$-Scheck brachte dann nur 180 $ Bargeld. Auf der Bank hätte er sicher 195 $ gebracht, sogar die vollen 200, wenn bei der Hausbank des Arbeitgebers eingelöst.
Das war merkwürdigerweise wieder okay, damit konnten sie leben. Ich hab die manchmal gefragt, warum zum Teufel reicht ihr die Schecks nicht selber bei einer Bank ein?
Ach nee, zu mühsam, muß man Schlange stehen, zu weit weg, lieber das Geld gleich heute Abend nach der Arbeit und dafür etwas weniger. Was man hat, das hat man.
Aber da sieht man natürlich, bei solcher Mentalität denen auch noch mit festen Abzügen zu kommen, oh je ... das geht nicht gut.
Die sagen dann allen Ernstes: "Wir müssen dem verdammten Scheckaufkäufer schon so viel in den Rachen werfen, und jetzt auch noch diesem scheiß Government!" :-(
codexgigas schrieb:den satz habe ich deswegen geschrieben weil man vater der meinung ist das sich amerika das nicht leisten könnte alle leute zu versichern
naja, nicht leisten können ... bei uns ist es ja auch ein Minusgeschäft. Das ist ja dort auch von Europa bekannt und darum scheut man umso mehr davor zurück.
Wollte man es wirklich kostendeckend einführen, so wäre es wieder unbezahlbar teuer für jeden.
Krankenversicherung auf staatlicher Basis ist und blewibt nun mal kein Geschäft. Nirgends auf der Welt.
Man könnte natürlich als Außenstehender sagen: Soll es doch ein wenig Miese machen, dafür einen Krieg weniger führen und die Geschichte wäre auf Jahrzehnte kein Thema ... aber auf Krieg verzichten wegen sowas ... da gibt es einflußreiche Leute dort, die das dann auch wieder nicht so gut finden würden ...
also alles sehr sehr schwierig und von vielen Seiten zu betrachten.