Ich habe in den 80-er Jahren 4 Jahre in einem Strafhaus verbüßt. Daher muß ich gottlob nicht nach Berichten im Internet suchen.
Es gab zwar seitdem einige Justizvollzugsreformen, die sich für die Gefangenen auch gut anhören, aber die Mauern eines Gefängnisses sind dick, und dahinter spielt die Musik seit jeher nach eigenen Regeln. Nach Vorschrift wird nur verfahren, wenn mal Leute vom Ministerium auf Inspektion da sind.
BlackPearl schrieb am 23.09.2010:Klingt vielleicht abgedroschen, aber die Häftlinge sind nicht zu ihrem Vergnügen im Knast sondern sollen drüber nach denken was sie getan haben
dazu kann ich Dir eines sagen:
Es gibt im Gefängnis vieles, und je mehr Geld man hat, umso mehr, aber
eines gibt es ganz 100% und in keinem Gefängnis der Welt:
REUE.
Jeder ärgert sich, daß er eingefahren ist, und wenn Du sie fragst, sind sie sowieso alle unschuldig.
Nach Erfahrungswerten sitzen real etwa 10% unschuldig im Gefängnis. Die haben das, was man ein "Luftschmalz" nennt. Es sind meistens Häftlinge, wo die Polizei unbedingt einen Täter liefern mußte, um die Bevölkerung zu beruhigen. Das ist bei gewissen Strataten gängige Praxis.
Schmalz (süddeutsch) = Strafmaß.
1 Meter Schmalz = 1 Jahr.
Lebenslänglich heißt der "Frack".
Die meisten Justizvollzugsbeamten (= gefängnissprachlich "Wachteln") sagen, wenn man mit ihnen mal über das Thema redet, daß wenn es gerecht zuginge, so aussehen müßte:
Ein Drittel gehört sofort entlassen
Ein Dritte okay, kann so bleiben, wie es ist
Ein Drittel gehört nie mehr rausgelassen
Das kommt sehr gut hin.
BlackPearl schrieb am 23.09.2010:Und Langzeit Häftlinge haben in der Regel nen Fernseher
Fernseher ist in jeder Zelle.
Er wird zwar nicht vom Gefängnis gestellt, aber man kann ihn kaufen. Er ist erlaubt.
Das war nicht immer so. Anfang der 80-er haben sie das Paket abgeschafft. Die Verwandten durften keine Freßpakete mehr reinschicken, da die Kontrollen nach Drogen etc. zu aufwendig wurden. Als Ausgleich hat man den Fernseher erlaubt.
Doors schrieb am 23.09.2010:Auf öffentlich-rechtlichen TV-Kanälen gibt's oft genug Dokus aus deutschen Knästen.
mag es geben, nur ist das alles geschönt. Die schönen sauberen Zellen, die man da sieht, die sind in der Praxis nicht belegt, - es sind die Vorzeigezellen, es handelt sich meist um die Zellen in der Krankenabteilung.
Immer wenn ein Filmteam oder eine Kommission vom Minisrterium kommt, dann wird da groß umgelagert, damit auch alles tipptopp aussieht, und streng nach Vorschrift.
Doors schrieb am 23.09.2010:Fünf Jungs aus Duisburg durften erleben, wie „uncool“ es ist, eingesperrt zu sein.
es ist der pure Horror. Hast du keine Arbeit, oder fällt sie mal aus, bist du 23 Stunden am Tag eingesperrt.
Gesellige Typen haben es auf einem Mehrfachbelag noch besser, vor allem, wenn sie sich verstehen auf der Zelle, allerdings gibt es meist dauernd Streit auf den Mehrfachbelägen.
Ich habe damals ein Jahr lang um Einzelhaft gekämpft. War gar nicht einfach, da der Knast hoffnungslos überbelegt war.
Aber in der Einzelhaft hatte ich wenigstens meine Ruhe.
Es ist nicht lustig, wenn dir die anderen dir vor dem Zubettgehen sagen: "Wehe du schnarchst, dann bekommst du den Stich!"
(Stich = Behandlung mit einem zurechtgefeilten Schraubenzieher).
Kc schrieb am 23.09.2010:Diese Leute haben andere Menschen ganz oder fast umgebracht, absichtlich, sie haben Menschen halb tot geschlagen aus nichtigsten Gründen, Kinder oder Frauen vergewaltigt, Rauschgifte im großen Stil verkauft und damit zahllose Menschen in die Drogensucht mit all ihren Konsequenzen getrieben.
Solche Leute würde ich auch nicht in Luxus schwelgen lassen.
du kannst gewiß sein, daß da nicht geschwelgt wird, - dafür sorgen schon die Mithäftlinge.
Es gibt eine klare Hierarchie nach Deilkten. Die ärmsten Schweine sind die Kinderschänder. Die knallen beim Duschen immer so unglücklich gegen die Fliesen, und das jeden Tag, und die Beamten schauen genüßlich weg. Die Vergewaltiger werden meist zum Zellenputzen eingeteilt und vom Zellenboß als Blasjungen abgerichtet und gegen gutes Geld weitergereicht.
An der Spitze der Hierarchie stehen die Mörder und Räuber. Das "angesehenste" Verbrechen ist der Juwelen- oder Bankraub. Ein klares Delikt mit klarer Rechnung. Der Täter hat acht Jahre seines Lebens eingesetzt, für den Fall, daß es nicht gut ging.
Die Betrüger sind so in der Mitte. Meistens unbeliebt, da sie schlau sind und schlauer als die andern. Sie schleimen sich ein und erwirken dadurch Vorteile. Mit mir saß so einer, der hatte eine hübsche Bankenpleite hingelegt. Ein paar Hunderttausend Sparer waren ihre Spargroschen los. Der hatte natürlich Geld, - sogar um Filterzigaretten zu kaufen (die höchste Währung im Knast), bekam die Bücher in der Bibliothek, die er wollte, und durfte länger telephonieren als eigentlich zugemessen.
Bei Ausführungen zum Arzt auch nicht in den Achtern (=Handschellen), der feine Herr.
Hab mich mal beim Kommandanten deswegen beschwert, der zuckte auch nur die Achseln und sagte, schreiben Sie halt ans Ministerium, wenn's Ihnen nicht paßt."
justitia schrieb am 27.09.2010:...nicht, wenn man in der justizanstalt leoben einsitzt
Leoben ist auch kein richtiger Knast.
Das ist ja nur ein Polizeigefängnis bis 18 Monate. Untersuchungshaften und so kurzfristige intermezzi.
Wir reden hier von Straf
vollzugsanstalten, also richtigen
Strafhäusern.
Deren gibt es in Österreich nur vier, als da wären:
- Wien Landesgericht (das "Landl")
- Graz Karlau (das schwarze Schloß)
- Stein bei Krems (der größte Strafhaus)
- Garsten bei Steyr (Oberösterreich)
in allen anderen Anstalten geht es vergleichsweise milde zu, erst wer in einem Strafhaus sitzt, erlebt dann die volle Post.
oiwoodyoi schrieb am 27.09.2010:Ich denke ein Teil wird ihre taten sicher bereuen
nein. Niemand. Es gibt keine Reue im Gefängnis. Nur Zorn und Wut und Haß.
Doors schrieb am 28.09.2010:Es kann nicht schaden, mal Kontakt zu Menschen im Knast zu haben. Da wird man feststellen, dass viele Klischees vom "Luxushotel mit Gitterstäben" nichts mit der Wirklichkeit in einer JVA gemein haben.
Ersteres würde ich nicht unbedingt empfehlen. Du weißt nicht, mit wem Du da drinnen kommunizierst. Er kann Dir viel vormachen und erzählen.
letzteres allerdings ja. Mit Luxushotel hat ein Strafhaus überhaupt nichts zu tun. Aber das kann ich Dir hier ganz unverbindlich auch sagen.
Man hört z.B., dort gibt es die tollsten Sportgeräte.
Gibt es, ja, die sind hier, da sie da sein müssen und das Ministerium Gelder dafür bereitstellt.
Aber komm erstmal ran!
Du kannst dort nicht einfach sagen, mir ist gerade nach etwas Bewegung und ich möchte auf das Trimm-Fahrrad!
Erstmal brauchst Du dafür etwas, um den zuständigen Häftling zu bezahlen. Eine halbe Stunde Trimmrad kostet 2 Bund Tabak, sonst kannst Du da 20 Jahre Schmalz absitzen und hast das Trimmrad nie berührt.
Tabak ist die Währung im Gefängnis, da ja Bargeld unbrauchbar ist. Viel zu gefährlich, wenn es gefunden wird. Dann wird es näümlich, wie man dort zu sagen pflegt: "abgebrockt" (gepflückt, konfisziert).
Dasselbe in der Bücherei. Geh mal hin und bitte um "Dostojevsky". Der Bibliothekar lacht dich aus. "Soso, einen Russen willst du lesen? Kostet 3 Bund Tabak!"
Hast du das nicht, dann schmeißt er Dir haltm "Winnetou II" hin :-(
oder wenn Du mal ein ordentliches Stück Fleisch willst. Das gute Fleisch zweigen die Küchebullen natürlich ab und verkaufen es. Es wird in Fruchtsaft-Tetra-Paks neutral verpackt. Auf dem offiziellen Teller landen ein paar Sehnen. Nur, wenn das Ministerium kommt, dann sieht es natürlich anders aus, dann gibt es sogar Petersilie auf den Kartoffeln! :-O
und natürlich Alkohol.
Das Schnapsbrennen im Gefängnis ist eine jahrhundertealte Kunst. Erst wird aus Traubensaft im Tetrapack die Sache vergoren. Daraus wird das, was man "Pomatschka" nennt. Das kann man auch schon saufen, ist wie Most. Aber dröhnt noch nicht voll. Also geht es dann mit Tauchsiedern zu Werke.
Immer vier Zellen hängen an einem Stromzähler. Die Wachtel sieht natürlich sofort an der rasend schnellen Umdrehung des Stromrades draußen, das da in einer dieser Zellen was los ist. Aber es passiert nix. Erst ein paar Tage später wird dann ein Zellenfilz durchgezogen und entsprechend abgebrockt. Daher muß man das Zeug schnell verkaufen oder noch besser schnell saufen.
Drogen bekommst du auch. Aber man begehe nicht den Fehler, sich gleich auf feiner Herr und großkotz mit Heroin einzulassen. Das ist nämlich nicht ganz billig, und sehr bald ist man verschuldet. Dann kommt der Eintreiber, und kannst du den nicht bedienen, dann kriegst den Stich.
Ich hab mich immer schön mit Haschisch begnügt, da behielt ich die Übersicht.
Heute kann man sich auch natürlich illegal ein Handy besorgen, aber das ist immens teuer, und wehe dir, wenn es abgebrockt wird!
Und vor allem, wenn es noch internet-fähig war!
dann gehen sie in puncto Zellenfilz zum Großangriff über, und dann werden Festplatten eingesammelt ohne Ende.
Diese Zeit habe ich aber nicht mehr erlebt. Gottseidank nicht.
Das einzige, was sie dir gerne freiwillig und umsonst geben, sind Tabletten. Valium und dergl. en gros kriegst Du vom Gefängnisarzt soviel du willst. Klar, damit du Ruhe gibst.
Sehr viele Häftlinge verbringen jahrelanges Schmalz auf einem kompletten chemischen Film. Viel Spaß beim Entzug nachher, wenn sie mal wieder draußen sind! :-O
Das letzte, was sie brauchen können, sind randalierende Insaßen. Zertrümmert wieder mal einer in einem Anfall das Zelleninventar und schmeißt das Kleingehackte durchs Gitterfenster raus auf den Hof (das nennt man in der Fachsprache: "einen Osterputz machen"), dann kommen die Beamten, voll aufmagaziniert, und ab gehts ins "Bärenloch" (Absonderung) ... also für beide unangenehm.
Für den Häftling, weil das Bärenloch nicht geheizt ist, und für die Beamten, weil zusätzliche Arbeit.
naja, und so könnte man noch viel und lange erzählen, wies drinnen wirklich zugeht.