Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
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Krieg, Erlebnisse, Verwandte ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
10.06.2010 um 23:23Meine Oma erzählt mir immer wieder mit Freude das sie Adolf Hitler persönlich mal die Hand geschüttelt hat (-.-). Der ist in unser Dorf gekommen als hier der Westwall (so hieß der glaub ich) fertiggestellt wurde.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 10:26Nicht alle Kriegsverbrechen sind mit Vorsatz begangen worden. Aber sie kommen vor, ebenso wie die sogenannten Kollateralschäden, bei denen unbeteiligte Zivilisten zu Schaden kommen.
Dessen ist sich jeder staatlich lizenzierte Waffenträger hoffentlich bewusst, egal ob Soldat oder Polizist. Es ist eben nicht so, dass man sich wie im (idealisierten) mittelalterlichen Kampf Mann gegen Mann gegenüber steht, oder wie im Wilden Westen, wo überlebt, wer zuerst zieht.
Weiss der Jabo-Pilot wirklich, wen seine Bomben treffen? Weiss der Artillerist sicher, dass die Granaten seiner Batterie nur Soldaten töten. Weiss derjenige, der in einer Gefahrensituation schiesst, ob er wirklich nur einen bewaffneten Feind trifft? Mag sein,aber Zweifel sind nicht mit Sicherheit auszuräumen. Manchmal hat man auch gar keine Zeit, lange nachzudenken, weil man unter Umständen sonst selbst tot ist.
Ich kenne Leute,die in solchen Situationen waren, rückwirkend betrachtet, falsch gehandelt haben und darunter ein Leben lang litten.
Erinnerlich ist mir die Geschichte eines jungen Soldaten, der als Fallschirmjäger in einer besetzten Stadt in Frankreich 1944 auf Streife ging. Es hatte in den Tagen vorher Überfälle der FFI auf deutsche Streifen gegeben, bei denen Partisanen Waffen aus Kinderwagen genommen hatten und Soldaten erschossen. Der deutsche Soldat sah eine Frau, die in einem Kinderwagen hantierte. Aus reiner Angst feuerte er eine Garbe aus seiner MP 40 auf Frau und Kinderwagen ab. Er tötete die Frau und das Baby. Waffen waren keine im Kinderwagen. Er ist über dieses Erlebnis zeitlebens nicht hinweg gekommen.
War er ein Mörder, ein Kriegsverbrecher? Oder hat ihn die Situation dazu gemacht? Wer trägt die Schuld? Er? Die Frau? Seine Vorgesetzten? Die FFI? Deutschland, das Frankreich besetzt hielt? Zwei Menschen tot, einer traumatisiert.
Wie hätten wir in einer vergleichbaren Situation gehandelt? Welche Schuld hätten wir auf uns geladen? Wie gingen wir damit um?
Nein, Soldaten sind nicht pauschal Mörder. Aber ist es ein "Handwerk" wie jedes andere auch? Oder eines mit besonderer Verantwortung und besonderen Risiken?
Darüber sollte man sich im Klaren sein, wenn man sich die Verantwortung dieses Berufes auf die Schultern legt. Es gibt keine klare Linie: Hier Held - da Mörder.Es gibt nur ein weites Feld mit Schattierungen dazwischen.
Der Soldat war übrigens mein Vater.
Dessen ist sich jeder staatlich lizenzierte Waffenträger hoffentlich bewusst, egal ob Soldat oder Polizist. Es ist eben nicht so, dass man sich wie im (idealisierten) mittelalterlichen Kampf Mann gegen Mann gegenüber steht, oder wie im Wilden Westen, wo überlebt, wer zuerst zieht.
Weiss der Jabo-Pilot wirklich, wen seine Bomben treffen? Weiss der Artillerist sicher, dass die Granaten seiner Batterie nur Soldaten töten. Weiss derjenige, der in einer Gefahrensituation schiesst, ob er wirklich nur einen bewaffneten Feind trifft? Mag sein,aber Zweifel sind nicht mit Sicherheit auszuräumen. Manchmal hat man auch gar keine Zeit, lange nachzudenken, weil man unter Umständen sonst selbst tot ist.
Ich kenne Leute,die in solchen Situationen waren, rückwirkend betrachtet, falsch gehandelt haben und darunter ein Leben lang litten.
Erinnerlich ist mir die Geschichte eines jungen Soldaten, der als Fallschirmjäger in einer besetzten Stadt in Frankreich 1944 auf Streife ging. Es hatte in den Tagen vorher Überfälle der FFI auf deutsche Streifen gegeben, bei denen Partisanen Waffen aus Kinderwagen genommen hatten und Soldaten erschossen. Der deutsche Soldat sah eine Frau, die in einem Kinderwagen hantierte. Aus reiner Angst feuerte er eine Garbe aus seiner MP 40 auf Frau und Kinderwagen ab. Er tötete die Frau und das Baby. Waffen waren keine im Kinderwagen. Er ist über dieses Erlebnis zeitlebens nicht hinweg gekommen.
War er ein Mörder, ein Kriegsverbrecher? Oder hat ihn die Situation dazu gemacht? Wer trägt die Schuld? Er? Die Frau? Seine Vorgesetzten? Die FFI? Deutschland, das Frankreich besetzt hielt? Zwei Menschen tot, einer traumatisiert.
Wie hätten wir in einer vergleichbaren Situation gehandelt? Welche Schuld hätten wir auf uns geladen? Wie gingen wir damit um?
Nein, Soldaten sind nicht pauschal Mörder. Aber ist es ein "Handwerk" wie jedes andere auch? Oder eines mit besonderer Verantwortung und besonderen Risiken?
Darüber sollte man sich im Klaren sein, wenn man sich die Verantwortung dieses Berufes auf die Schultern legt. Es gibt keine klare Linie: Hier Held - da Mörder.Es gibt nur ein weites Feld mit Schattierungen dazwischen.
Der Soldat war übrigens mein Vater.
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11.06.2010 um 10:37@Doors
Ich glaube, man muß auch noch unterscheiden, ob jemand freiwillig Berufssoldat wird, oder eingezogen wird.
Doors schrieb:Der Soldat war übrigens mein Vater.Wenigstens hat er darüber gesprochen, wie es scheint ...
Ich glaube, man muß auch noch unterscheiden, ob jemand freiwillig Berufssoldat wird, oder eingezogen wird.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 10:44@Thalassa
Er wurde 1941 mit 18 zur Luftwaffe eingezogen und hat sich danach freiwillig zu den Fallschirmjägern gemeldet. Diese "Elitetruppe" bestand, bis das Menschenmaterial ab der zweiten Hälfte des Jahres '44 knapp wurde, ausschliesslich aus Freiwilligen.
Er wurde 1941 mit 18 zur Luftwaffe eingezogen und hat sich danach freiwillig zu den Fallschirmjägern gemeldet. Diese "Elitetruppe" bestand, bis das Menschenmaterial ab der zweiten Hälfte des Jahres '44 knapp wurde, ausschliesslich aus Freiwilligen.
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11.06.2010 um 10:49@Doors
Der erste Mann meiner Mutter, der ja dann plötzlich wieder auftauchte (hab ich vor ein paar Seiten beschrieben) , war auch ein Freiwilliger - ich hab das ungute Gefühl, er war sogar bei der Waffen-SS , er war ja hauptsächlich in der Ukraine. Geheiratet haben die beiden ohne "große Liebe", er hätte als Unverheirateter keinen Heimaturlaub bekommen und meine Mutter hätte zum Arbeitsdienst gemußt ... diese Zweckehe war also für beide von Vorteil.
Der erste Mann meiner Mutter, der ja dann plötzlich wieder auftauchte (hab ich vor ein paar Seiten beschrieben) , war auch ein Freiwilliger - ich hab das ungute Gefühl, er war sogar bei der Waffen-SS , er war ja hauptsächlich in der Ukraine. Geheiratet haben die beiden ohne "große Liebe", er hätte als Unverheirateter keinen Heimaturlaub bekommen und meine Mutter hätte zum Arbeitsdienst gemußt ... diese Zweckehe war also für beide von Vorteil.
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11.06.2010 um 10:52Luftwaffe war allgemein sehr gefährlich. Als Pilot bestand immer die Gefahr, abgeschossen zu werden, und als Fallschirmjäger bestand auch die Gefahr, von einer Kugel getroffen zu weden, noch bevor er den Boden erreicht. In Der Luft, ist der Fallschirmjäger am Verwundbarsten.
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11.06.2010 um 12:54Es ist nicht so, das mein Opa immer nur unglücklich war zu dieser Zeit. Auch wenn Krieg war. Bis zu seinem Tod hatte er fast jede Nacht Alpträume davon. Allerdings sagte er mir, dass es die Leute damals auf der anderen Seite besser hatten als heute vom Lebensstil her. Er sagte, das es noch mehr Zusammenhalt gab. Den Unterschied von früher zu heute hatte er mir erklärt. Da sie arm waren hatten sie nichts. Jeder half jedem so gut er konnte und Nachbarn kannten sich und Freunde liessen einem nie im Stich. Heutzutage ist es so, das man Freunde suchen kann. Viele wollen nichts mehr von dir wissen wenn du z.b. keine Arbeit hast. Hinzu kommt, das zig Leute immer besser sein wollen als andere. Der eine hat z.b. ein bestimmtes Auto und der andere versucht was besseres zu haben. Wir haben eine materialistische Gesellschaft und da damals jeder in die gleichen Fußstapfen treten musste und jeder ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, konnten die Leute besser mitfühlen und andere in ihren Notlagen besser verstehen. So hatten sie einen guten Zusammenhalt. Mein Opa schimpfte durch die Blumen "öffentlich" über die Nazis und Hitler und hat dabei sein Leben riskiert. Er wollte damit so gut wie es ging sich von den Nazis ausschließen, hat sie verarscht und sich lustig über sie gemacht. Warum ihm nichts passierte dadurch konnte er selber nicht beantworten aber ihm war durchaus bewusst was passieren kann. Als unsere Stadt bombadiert wurde ging sein Freund in einen anderen Keller als er. Mein Opa hatte Glück aber sein Kumpel starb. 2 mal war mein Opa in Gefangenschaft. Einmal in Virginia und die andere Stelle weiss ich nicht mehr. In einem Gefängnis waren viele Schwarze. Obwohl er ein Gefangener von ihnen war, lernten sie sich zu mögen. Sie mochten ihn und er mochte sie. Er kam gut mit Menschen dunkler Hautfarben klar. Jedenfalls lag unsere Stadt, wie natürlich zig andere auch, unter Trümmern. Eine Frau wurde von den Trümmern getroffen, fiel vom Trümmerberg und verletzte sich. Sie rief um Hilfe. Als die Flieger weg waren kam ein Mann ihr zu Hilfe. Er fasste sie an den Händen und zog sie den Trümmerberg hinauf um mit ihr auf der anderen Seite wieder runterzusteigen. Gerade hatte er sie an der Hand und schon ging der Alarm wieder los und vor lauter Schreck die Flieger würden wieder zurückkommen, ließ er sie fallen und sie starb aber es war ein Fehlalarm. Während der Bombadierung entdeckte ein deutscher Soldat ein Klavier draußen. Er setzte sich an das Klavier und spielte ein schönes Lied das von Frieden herrschte auf dem Klavier während der Bombadierung. Als er das Lied spielte, hörten sie auf zu schießen und flogen einfach nur umher. Als es zu Ende war schossen sie weiter. Das Kind was meine Oma vor dem Angriff noch kennenlernte starb auch und beide hatten viele Freunde verloren. Mein Opa hasste Feuerwerk. Immer wenn er am Sylvester Feuerwerk hörte, erinnerte es ihn an diese Zeit. Er hasste Sylvester und wollte nie was davon wissen. Man muß aber auch dazusagen, dass sie trotz der Kriegszeit auch sehr lustige Erlebnisse hatten aber da das hier nicht in den Thread gehört, werde ich es unterlassen davon zu erzählen.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 13:52@Marina1984
Solche Geräusch- oder Geruchstraumata bringt man leicht mit, wenn man in Kriegseinsätzen steckt.
Egal, ob es um Sirenengeheul, Feuerwerk oder auch nur den Geruch von Grillfleisch geht.
Wer einmal brennende Menschen gerochen hat, geht ausgesprochen widerwillig und appetitlos auf Grillparties.
Solche Geräusch- oder Geruchstraumata bringt man leicht mit, wenn man in Kriegseinsätzen steckt.
Egal, ob es um Sirenengeheul, Feuerwerk oder auch nur den Geruch von Grillfleisch geht.
Wer einmal brennende Menschen gerochen hat, geht ausgesprochen widerwillig und appetitlos auf Grillparties.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 14:42Mein Vater war Jahrgang 1909, hat also beide Weltkriege mitgemacht. Er war Musiker (Pianist, später Komponist) und war für zwei Dienstzeiten bei der Wehrmacht (das habe ich erst lange nach seinem Tod irgendwelchen Rentenunterlagen entnommen). In der ersten war er Funker. Das war wohl ein Job der gerne an Musiker vergeben wurde, weil ein gewissen Taktgefühl beim Morsen wohl durchaus hilfreich ist. Sein Glück als Funker war jedenfalls, dass er eben nicht an vorderster Front gekämpft hat (bzw. wenn, er im sicheren Unterstand war).
Seine zweite Dienstzeit hat er dann als Fahrlehrer verbracht. (Auch ich habe von ihm mit 12 das Fahren gelernt (aber das ist eine gaaaaanz andere Geschichte)) Erst kurz vor Schluss musste er selber raus und Munition/Verpflegung/etcpp durch die Gegend fahren. Er ist dann in Niendorf in Schleswig Holstein in englische Gefangenschaft geraten. Sein Glück war, dass er als Musiker der Dresdner Staatskapelle häufiger mit internationalen Künstlern zu tun hatte und wohl auch selber eine zeitlang eine englische Freundin hatte. Jedenfalls sprach er fließend Englisch, weshalb er nach kürzester Zeit zwar immer noch im Gefangenenlager war, aber dort eine Sonderposition als Dolmetscher hatte. Alles in allem ist es ihm wohl recht gut ergangen. Mein Vater gehörte auch zu denen, die kein Freund von Sylvester waren, weil er auch sagte, dass er genug "Feuerwerk" für den Rest seines Lebens gehabt hätte.
Es gab, wenn man so will zwei Spätfolgen des Krieges für meinen Vater: zum einen war er Zeit seines restlichen Lebens Fördermitglied beim DRK. Selbst als Anfang der 80er einige Spendenskandale ans Licht kamen, war er nicht davon abzubringen, weil er sagte: ich habe gesehen, was die Jungs im Krieg geleistet haben, und ich habe gelobt, wenn ich hier heil rauskomme, werde ich deren Arbeit nach Kräften unterstützen. Und das zweite war, dass er eher nur das Fleisch und das Gemüse gegessen hat, als sich seine Pellkartoffeln selbst zu schälen. Auch hier war er der Meinung, dass er für den Rest seines Lebens genug Kartoffeln gepellt hätte.
Meine Mutter (Jahrgang 1936) hat die Bombenangriffe auf Berlin als kleines Mädchen miterlebt. Und ich werde nie vergessen, wie panisch sie wurde wenn die Sirene unserer Freiwilligen Feuerwehr (Anfang der 70er gab es noch keine Piepser) ging. Sie hat nicht viel aus der Zeit erzählt, lediglich eines ist mir in Erinnerung geblieben. Anfangs wurde ja noch versucht das Alltagsleben aufrecht zu erhalten. Als an einem Tag nach einem der Bombenangriffe eine Klassenkameradin in der Schule fehlte, wurde der Aufruf ihres Namens von einer anderen Klassenkameradin mit einem lapidaren: "Volltreffer" quittiert. (Die wenigsten Bunker/Luftschutzkeller waren wirklich bombensicher ausgelegt. Und ist eine Bombe wirklich direkt in ein Haus gefallen (hat eben voll getroffen), dann wurde das Haus auch bis in den Keller zerstört. Überlebt hat das im Normalfall niemand.)
Und natürlich hat sie das Thema Russen in Berlin auch hautnah miterlebt. Sie selber war zwar zu jung, aber ihre Mutter hatte genau das richtige Alter. Ihr Vater war im Krieg gefallen und ihre Mutter war der Meinung: sie tun es sowieso, dann muss ich dabei ja nicht leiden und hat sich mehr oder weniger jedem hingegeben. (Was ihr aber wohl auch nicht immer was genutzt hat. Die Jungs konnten mächtig roh werden. Und sie saß/lag in der Ecke und hat das alles miterlebt.)
Später hat sie dann noch als Kind die Blockade mitgemacht und konnte sich gut dran erinnern, wie sie als Kinder die 1 1/2 Stunden von Mariendorf nach Tempelhof gelaufen sind, in der Hoffnung einen der kleinen Fallschirme zu fangen (was ihnen wohl selten genug gelungen ist). Aber das ist ja dann schon nicht mehr 2. WK.
Seine zweite Dienstzeit hat er dann als Fahrlehrer verbracht. (Auch ich habe von ihm mit 12 das Fahren gelernt (aber das ist eine gaaaaanz andere Geschichte)) Erst kurz vor Schluss musste er selber raus und Munition/Verpflegung/etcpp durch die Gegend fahren. Er ist dann in Niendorf in Schleswig Holstein in englische Gefangenschaft geraten. Sein Glück war, dass er als Musiker der Dresdner Staatskapelle häufiger mit internationalen Künstlern zu tun hatte und wohl auch selber eine zeitlang eine englische Freundin hatte. Jedenfalls sprach er fließend Englisch, weshalb er nach kürzester Zeit zwar immer noch im Gefangenenlager war, aber dort eine Sonderposition als Dolmetscher hatte. Alles in allem ist es ihm wohl recht gut ergangen. Mein Vater gehörte auch zu denen, die kein Freund von Sylvester waren, weil er auch sagte, dass er genug "Feuerwerk" für den Rest seines Lebens gehabt hätte.
Es gab, wenn man so will zwei Spätfolgen des Krieges für meinen Vater: zum einen war er Zeit seines restlichen Lebens Fördermitglied beim DRK. Selbst als Anfang der 80er einige Spendenskandale ans Licht kamen, war er nicht davon abzubringen, weil er sagte: ich habe gesehen, was die Jungs im Krieg geleistet haben, und ich habe gelobt, wenn ich hier heil rauskomme, werde ich deren Arbeit nach Kräften unterstützen. Und das zweite war, dass er eher nur das Fleisch und das Gemüse gegessen hat, als sich seine Pellkartoffeln selbst zu schälen. Auch hier war er der Meinung, dass er für den Rest seines Lebens genug Kartoffeln gepellt hätte.
Meine Mutter (Jahrgang 1936) hat die Bombenangriffe auf Berlin als kleines Mädchen miterlebt. Und ich werde nie vergessen, wie panisch sie wurde wenn die Sirene unserer Freiwilligen Feuerwehr (Anfang der 70er gab es noch keine Piepser) ging. Sie hat nicht viel aus der Zeit erzählt, lediglich eines ist mir in Erinnerung geblieben. Anfangs wurde ja noch versucht das Alltagsleben aufrecht zu erhalten. Als an einem Tag nach einem der Bombenangriffe eine Klassenkameradin in der Schule fehlte, wurde der Aufruf ihres Namens von einer anderen Klassenkameradin mit einem lapidaren: "Volltreffer" quittiert. (Die wenigsten Bunker/Luftschutzkeller waren wirklich bombensicher ausgelegt. Und ist eine Bombe wirklich direkt in ein Haus gefallen (hat eben voll getroffen), dann wurde das Haus auch bis in den Keller zerstört. Überlebt hat das im Normalfall niemand.)
Und natürlich hat sie das Thema Russen in Berlin auch hautnah miterlebt. Sie selber war zwar zu jung, aber ihre Mutter hatte genau das richtige Alter. Ihr Vater war im Krieg gefallen und ihre Mutter war der Meinung: sie tun es sowieso, dann muss ich dabei ja nicht leiden und hat sich mehr oder weniger jedem hingegeben. (Was ihr aber wohl auch nicht immer was genutzt hat. Die Jungs konnten mächtig roh werden. Und sie saß/lag in der Ecke und hat das alles miterlebt.)
Später hat sie dann noch als Kind die Blockade mitgemacht und konnte sich gut dran erinnern, wie sie als Kinder die 1 1/2 Stunden von Mariendorf nach Tempelhof gelaufen sind, in der Hoffnung einen der kleinen Fallschirme zu fangen (was ihnen wohl selten genug gelungen ist). Aber das ist ja dann schon nicht mehr 2. WK.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 14:48@Doors
Die Versorgung mit Lebensmitteln war in den letzten Kriegsjahren hundsmiserabel (nicht nur in Berlin) und meine Mutter konnte bis zu ihrem Ableben keine Margarine mehr auf der Stulle essen - den Geschmack konnte sie einfach nicht mehr ertragen.
Komischerweise hat mein Vater gerne Graupensuppe gegessen, obwohl er als Kind im I.WK jahrelang kaum etwas anderes zu essen bekommen hat - so verschieden sind die Menschen. Er konnte nun wieder kein Blut mehr sehen bzw riechen, weil irgendwie - als er mal im Lazarett lag - einer einen Eimer mit aufgefangenem Blut von Amputationen umgeschmissen hat...
Doors schrieb:Solche Geräusch- oder Geruchstraumata bringt man leicht mit, wenn man in Kriegseinsätzen steckt.Nicht nur, wenn man in Kriegseinsätzen gesteckt hat!
Die Versorgung mit Lebensmitteln war in den letzten Kriegsjahren hundsmiserabel (nicht nur in Berlin) und meine Mutter konnte bis zu ihrem Ableben keine Margarine mehr auf der Stulle essen - den Geschmack konnte sie einfach nicht mehr ertragen.
Komischerweise hat mein Vater gerne Graupensuppe gegessen, obwohl er als Kind im I.WK jahrelang kaum etwas anderes zu essen bekommen hat - so verschieden sind die Menschen. Er konnte nun wieder kein Blut mehr sehen bzw riechen, weil irgendwie - als er mal im Lazarett lag - einer einen Eimer mit aufgefangenem Blut von Amputationen umgeschmissen hat...
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 14:52Ah, und da das hier ja auch schon Thema war: vor ca. 12 Jahren habe ich einen alten Herren kennengelernt, der mir dann irgendwann erzählte, dass er im 2. WK bei der Waffen-SS gewesen sei. Als ich nachfragte, erklärte er mir, dass er, 16jährig, als Flakhelfer eingezogen wurde. Und er war in Penemünde (dem Testgebiet der V1 / V2) stationiert. Und dort war nun einmal die Waffen-SS. Er hatte sogar noch die Tätowierung mit seiner Dienstnummer am Unterarm. Da er durch die Nummer ja ohne Probleme als Mitglied der Waffen-SS zu identifizieren war, hatte er es nach dem Krieg wohl nicht so leicht. Weniger der Allierten wegen, sondern hauptsächlich wegen der eigenen Landleute, die nicht unterscheiden konnten/mochten.
Und dann noch zum Thema Traumatisierung: der Vater eines Klassenkameraden von mir hat den Kessel von Stalingrad überlebt. Nachdem er bis in die 50er in russischer Kriegsgefangenschaft war, hat er sein Trauma nur noch mit Alkohol im Zaum halten können...
Und dann noch zum Thema Traumatisierung: der Vater eines Klassenkameraden von mir hat den Kessel von Stalingrad überlebt. Nachdem er bis in die 50er in russischer Kriegsgefangenschaft war, hat er sein Trauma nur noch mit Alkohol im Zaum halten können...
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 15:10Lufton schrieb:Er hatte sogar noch die Tätowierung mit seiner Dienstnummer am Unterarm.Meines Wissens war es die Blutgruppe, welche man an der Innenseite des Oberarmes eintätowiert bekam.
Das war oft das Todesurteil für einen SS-Soldaten bei der Gefangennahme.
Auf dem Unterarm wurden (zumeist Jüdische) Insassen von KZ u. Vernichtungslagern mit Nummern-Tätowierungen versehen.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 15:13@Trapper
Ja, kann auch sein. Ich weiß nur, dass er mir die Tätowierung gezeigt hat. Habe ich nicht mehr so in Erinnerung. Ihn hat halt sein Alter gerettet. Er war gerade 17 geworden als der Krieg aufhörte.
Ja, kann auch sein. Ich weiß nur, dass er mir die Tätowierung gezeigt hat. Habe ich nicht mehr so in Erinnerung. Ihn hat halt sein Alter gerettet. Er war gerade 17 geworden als der Krieg aufhörte.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 15:13@Trapper
Trapper schrieb:Meines Wissens war es die Blutgruppe, welche man an der Innenseite des Oberarmes eintätowiert bekam.Stimmt! Der "Elite" sollte damit im Fall der Fälle schnellstmöglichst geholfen werden können, im Gegensatz zu den einfachen Soldaten .
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11.06.2010 um 15:28Und meines Wissens war das Mindesteintrittsalter in der Waffen-SS 17 Jahre. Eher älter, da man ja wohl zumeist ausgebildete Soldaten der Wehrmacht rekrutierte.
Kann es sein das der alte Herr, den @Lufton kennen gelernt hatte ein bisschen übertrieben hat?
Na ist ja auch egal. Dieser tread soll ja eigendlich keine Fakten darlegen.
Kann es sein das der alte Herr, den @Lufton kennen gelernt hatte ein bisschen übertrieben hat?
Na ist ja auch egal. Dieser tread soll ja eigendlich keine Fakten darlegen.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 15:36das ist ein sehr bewegender thread.
ich komme nicht aus deutschland und finde es ganz speziel das hier solche dinge geschildert werden.
als "nicht aus D kommender" hat man ja immer so ein bild vom grausamen wehrmachts-ss-soldaten der in den krieg gezogen ist wegen des krieges willen (überspitzt gesagt)
und ihr erzählt hier von euren grossvätern die alle mehr oder weniger normale menschen waren, ihre ängste hatten, zum teil sicher auch verblendet waren, aber im grossen und ganzen einfach normale junge männer gewesen sind die von einem regime missbraucht wurden.
ist berührend das zu lesen.....
ich komme nicht aus deutschland und finde es ganz speziel das hier solche dinge geschildert werden.
als "nicht aus D kommender" hat man ja immer so ein bild vom grausamen wehrmachts-ss-soldaten der in den krieg gezogen ist wegen des krieges willen (überspitzt gesagt)
und ihr erzählt hier von euren grossvätern die alle mehr oder weniger normale menschen waren, ihre ängste hatten, zum teil sicher auch verblendet waren, aber im grossen und ganzen einfach normale junge männer gewesen sind die von einem regime missbraucht wurden.
ist berührend das zu lesen.....
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 16:18@Trapper
Lass es mich so formulieren: ich hatte keinen Anlass an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln. So wie er mir das erklärt hat, war er eigentlich ganz "normaler" Flakhelfer. Da aber Penemünde nunmal von der Waffen-SS bewacht wurde, hat man ihn halt auch dort zum Mitglied gemacht. No more, no less.
Lass es mich so formulieren: ich hatte keinen Anlass an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln. So wie er mir das erklärt hat, war er eigentlich ganz "normaler" Flakhelfer. Da aber Penemünde nunmal von der Waffen-SS bewacht wurde, hat man ihn halt auch dort zum Mitglied gemacht. No more, no less.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 16:24@clutys
Nicht wenige allerdings liessen sich gern "missbrauchen" - und die anderen haben brav ihren Kopf hingehalten, ohne lange nachzudenken. Dinge, über die ich schon als junger Mensch oft mit Älteren gesprochen habe.
Nicht wenige allerdings liessen sich gern "missbrauchen" - und die anderen haben brav ihren Kopf hingehalten, ohne lange nachzudenken. Dinge, über die ich schon als junger Mensch oft mit Älteren gesprochen habe.
Kriegserlebnisse von Verwandten im 2ten Weltkrieg
11.06.2010 um 16:27@Doors
Von den Freiwilligen jetzt malabgesehen
Doors schrieb:und die anderen haben brav ihren Kopf hingehalten, ohne lange nachzudenken.Hatten sie denn eine Wahl, wenn der Stellungsbefehl kam?
Von den Freiwilligen jetzt malabgesehen