Der Schmerz unerwiderter Liebe
24.01.2010 um 15:50
Liebe ist von der Natur der Sache her selbstlos, und sie bietet jedem Menschen eine großartige Gelegenheit, in Selbstvergessenheit über sich hinauszuwachsen. Sie beflügelt uns, belebt unser Inneres, so daß die Seele dazu angeregt wird, sich aus dem Bann der lähmenden Alltagsroutine zu befreien und sich emporzuschwingen.
Von Liebe wird zumeist nur gesprochen. In Wirklichkeit herrscht aber fast überall schon ein spürbarer Mangel an Liebe. Denn wir können uns unserem Bedürfnis nach liebevoller Verbundenheit nicht so einfach entziehen. Viele Menschen versuchen aber gerade das, und sie legen einen harten Panzer um ihr Herz, um nicht mehr verletzlich und abhängig zu sein. Liebe kann und soll Selbstvergessenheit erzeugen. Das muß nun nicht nur die Liebe zu einem anderen Menschen sein, es kann auch die Liebe zu einer besonderen Aufgabe betreffen. Entscheidend ist dabei, daß sich der Mensch nicht von selbstsüchtigen Regungen leiten läßt. Ein Forscher zum Beispiel kann bei seinem Tun von Ehrgeiz und Eitelkeit getrieben sein, oder er packt eine Aufgabe einfach deshalb an, weil er sie gelöst sehen will. Nur im zweiten Fall wird er Selbstvergessenheit erreichen und also „liebesfähig“ sein.
Und wer fähig zur Liebe ist, wer sich nicht nur auf die eigene kleine Persönlichkeit beschränkt, läuft auch nicht Gefahr, aus „Liebesmangel“ krank zu werden.
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"Wenn es verletzt, ist es keine Liebe sondern Bedürftigkeit.
Wenn wir an einem gebrochenen Herzen leiden, weil wir einen Menschen verloren haben, dann benutzen wir meist das Maß unseres Leidens als Gradmesser für das Maß unserer Liebe. Doch das ist schlichtweg nicht wahr.
Liebe verletzt nicht, Bedürftigkeit hingegenschon.
Wir alle haben Bedürfnisse, zumindest diesseits der Erleuchtung. Die Stufe, auf der wir mit unseren Bedürfnissen umgehen, spiegelt in der Tat die Stufe unserer Reife wider. Unreife Formen des Umgangs mit Bedürfnissen sind Zorn, Verletzung, emotionale Erpressung, Vergeltung, Ausschweifung, Sucht, Klagen, Angriff, Rückzug, Abhängigkeit, Unabhängigkeit, Bevollmächtigung, Getrenntsein, Schmollen, „Vampirismus", Nehmen, Manipulation, Nötigung, Kontrolle, Festhalten, Machtkämpfe, Wettstreit, Leblosigkeit, Wutanfälle und falscher Glanz (das, was Aufmerksamkeit erregt oder uns scheinbar zu etwas Besonderem macht, indem es versucht, mehr zu haben als unsere Mitmenschen, ob in positiver oder negativer Hinsicht).
Jeder Verlust, den wir loslassen, trägt zu unserer Reife und Weisheit bei. Der kluge Umgang mit unseren Bedürfnissen - durch Offenheit, Kommunikation und die Fähigkeit, auf andere einzugehen - gibt uns die Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln. Unersättlichkeit Verleugnung oder Verlegenheit dagegen lassen kein Wachstum zu.
Es ist wichtig zu wissen, daß der leidende Aspekt des Verlustes, den man erfährt, nicht wahre Liebe, sondern der bloße Ausdruck der Bedürfnisse ist.
Sehr häufig ist das, was wir in einer Beziehung als Liebe bezeichnen, nur „Selbsterhöhung". Wenn es verletzt, ist es ein Gefühl der „Selbsterhöhung", ein Gefühl, etwas Besonderes zu sein, das gelitten hat.
In Wahrheit kann nur das Ego leiden. Wenn es schmerzt, dann bedeutet das lediglich, daß der frühere Partner nicht nach dem Drehbuch gelebt hat, das man ihm zugedacht hat. Er hat Regeln gebrochen, die man in der Beziehung für ihn aufgestellt hatte.
Man kann die Liebe und Verbindung empfangen und erfahren, die vorhanden sind, wenn man seine Bedürfnisse losläßt.
Denn wenn man bedürftig ist, versucht man zu nehmen, kann aber nicht empfangen.
Wenn man sich verletzt fühlt, weil einen der Partner scheinbar grundlos von sich fortstößt, dann deshalb, weil man gibt um zu nehmen.
Wenn man aber nicht versucht zu nehmen, kann man nicht fortgestoßen werden,
denn Liebe und Ganzheit stellen keine Forderungen."
(Letzter Text ist von Chuck Spezzano)