@shurly "Mobbing" ist in der Tat keine Neuheit im Schulalltag. Früher hiess es noch "Schikanieren" und war verdammt noch mal nicht mehr oder weniger verbreitet als heute. Schöner für die Opfer war es früher auch nicht. Was es allerdings vor 40, 50 Jahren in der Schule nicht gab, war ein Hilfeangebot für Opfer wie Täter. Dafür gab es zu meiner Schulzeit, abgesehen von Ohrfeigen durch Lehrer, "Kollektivstrafen": Einer hat Msit gebaut, dann durfte die ganze Klasse ein, zwei Stunden nachsitzen oder bekam Strafarbeiten aufgebrummt mit dem diskreten Hinweis des Lehrers: Dafür könnt ihr euch ja bei X. bedanken, der ist Schuld. Dass X. nach der Schule von seinen Klassen"kameraden" grün und blau geprügelt wurde, muss ich nicht extra betonen, oder?
Mathe war auch früher schon ebenso schwierig wie heute. Zumindesten für mich. Wenn ich heute sehe, dass meine Kinder die Richtigkeit einer Aufgabe mit einem Taschenrechner nachprüfen dürfen, dann bin ich neidisch. Zum meiner Zeit hätte ein Computer zur Beherrschung der Grundrechenarten die Turnhalle gefüllt.
Den Schulstress hat auch nicht erst das 21. Jahrhundert eingeführt. Dazu empfehle ich einfach mal Biografien von "berühmten Leuten" zu lesen, was die über die Hölle ihrer Schulzeit so zu berichten haben.
Nun gut, das Gewicht des Schulranzens wäre noch ein Argument. Meine Kinder haben allerdings in der Schule Schliessfächer, wo sie einen grossen Teil ihrer Materialien deponieren können, ausserdem packen sie abends nur das in die Taschen, was sie lt. Stundenplan am nächsten Tag brauchen.
Während der Grundschulzeit gingen meine Kinder nach der Schule ausgesprochen gern in den Hort. Auf dem platten Land sind Kinder dünn gesät, da nutzen sie diese Möglichkeit sozialen Lebens sehr gern. Dort haben sie Hausaufgaben gemacht, bekamen eine warme Mahlzeit, spielten Theater, gingen ins Kino oder zum Schwimmen, spielten am PC oder draussen und waren jedesmal stinkig, wenn ich sie abholte, weil es vorbei war.
Heute haben sie Ganztagsangebote in der Schule und sind ausgesprochen glücklich darüber.
Freizeitgestaltung bei Kindern ist natürlich eine Sache, die man mit ihnen abstimmen sollte und in Einklang mit dem Terminplan der Eltern und den Anforderungen der Schule bringen sollte. Ich habe meine Kinder nie zu etwas gewungen, die wollten immer alles von sich aus, und konnten dies auch, so lange es ihnen Spass machte.
Meine Jüngste spielt Fussball, macht Karate, reitet, ist im Schützenverein, singt und tanzt und hilft darüber hinaus Flüchtlingskindern bei den Hausaufgaben. Da ist natürlich jeden Tag etwas los - und ich kann nur sagen: Ich hasse Auswärtsspiele am Wochenende!
Aber bitte - so lange ihre schulischen Leistungen (Notenschnitt 1,7) unter ihrem Engagement nicht leiden, sehe ich keine Notwendigkeit, einzuschreiten.
Mein Sohn hat, dadurch, dass an Gymnasien in SH das Abi nach 12 statt 13 Jahren üblich ist, allerdings einen Arbeitsplan, der dem von Erwachsenen in nichts nachsteht. Trotzdem findet er noch Zeit, sich sportlich und kulturell (Theater, Schülerzeitung) zu betätigen und denkt über die Mitarbeit in einer Jugendorganisation nach.
Anderswo und zu anderen Zeiten mussten Kinder im Alter unserer GrundschülerInnen harte körperliche Arbeit leisten, wurden ausgebeutet von Familien und Arbeitgebern, schlagen sich als Flüchtlinge durch oder kämpfen in Kriegen.
Nicht, dass ich meinen Kindern das gönnen wollte, aber ich glaube, Überbehütung ist mindestens ebenso gefährlich wie Überforderung.