Asexualität
09.07.2008 um 00:23
Nach den schwammigen, grobschlächtigen Definitionen der sog. Wissenschaftler dieser fragwürdigen Foren ist nahezu jeder Mensch "asexuell".
Wenn schon eine Zeitschrift wie "Gehirn & Geist" einen Titel aufmacht, wie "Werden wir ein Volk von Asexuellen?", weil die gestreßten (und manchmal auch psychisch angeschlagenen) Menschen in unseren Industrienationen eben vielleicht nicht zweimal die Woche gleich alles poppt, was bei Drei nicht auf dem Baum ist...oder nicht täglich Sexspielzeug benutzt, oder sich was irgendwo reinsteckt oder irgendwie an der Palme wedelt......*peng!* Da bekomme ich Psychoanalytikerphobien. Wer lässt solche Leute auf die Menschheit los? Die erklären einfach große Teile der Bevölkerung zu "Lust-Autisten".
Man sollte sich zunächst einmal Gedanken darüber machen, was "Anti" und "sexuell" überhaupt bedeuten.
Homo-, Hetero- und Bisexualität sind Orientierungen (weil sich diese im Laufe des Lebens - einmal für sich gefunden - nicht verändern).
Was Du leichtfertig "Asexualität" nennst, PM, nenne ich wesentlich feiner: "echte Asexualität" oder"geringere sexuelle Intensität" oder "assexuelles Verhalten" (die beiden letzteren mit zahlreichsten möglichen Ursachen).
Und es ist ein RIESENUNTERSCHIED, ob ich nun wirklich "asexuell" bin...darunter verstehe ich wirklich einen Menschen, der überhaupt keinen Bezug zum sexuellen Empfinden hat (so wie eben ein Blindgeborener zum Sehen), weil da irgendwas im lymbischen System nicht "funktioniert". Also sein Geschlecht nicht wahrnimmt.
Oder ob ich eben jemand bin, der beim Sex etwas fühlen kann....vielleicht nur mit "geringerer Intensität".....
Dann muss ich noch unterscheiden, ob eine "geringere sexuelle Intensität" neurologische oder psychologische Ursachen hat (oder eine Kombi aus Beidem).....und ich muss unterscheiden, ob ein "asexuelles Verhalten" psychische oder hormonelle Ursachen hat.
Letzterdings...wenn ich es nicht erkenne, mache ich mir selbst etwas vor. Und das kann Jahre andauern.
Konkret:
Ich könnte mir stundenlang ohne Unterbrechung einen von der Palme wedeln, ohne dass es zu einem Orgasmus käme. Alles was ich dazu tun muss, ist mich gedanklich überhaupt nicht mit dem Geschehen zu befassen (also: ignorieren oder "dicht machen" oder mich verkrampfen). Klappt übrigens bei Männlein wie Weiblein. Dass man Sex so nicht genießen kann, sollte eigentlich klar sein. Oder? Wenn Nein, sollte man sich mal mit sich selbst befassen.
Anders: bekomme ich einen Orgasmus, dann spüre ich auch etwas. Dabei kann man sich aber auch behindern, sich eben dennoch nicht richtig auf das Geschehen einlassen. Beispiele:
Zum Thema "Verkrampfen": Wenn beim "Koitus Interruptus"...der Schuß doch losgeht...fühlt es sich NICHT ANNÄHERND so intensiv an, wie ein Orgasmus, den ich vollends "geschehen" lasse. "Rücknahme" wirkt also erheblich gefühlshemmend, "Annahme" gefühlsintensivierend.
Oder aber es hat andere körperliche Ursachen (ein Beispiel: selbst querschnittsgelähmte Frauen können einen Orgasmus empfinden, Männer brauchen dazu technische Stimuli).
Also haben wir es schon mit einem "sexuellen Menschen" zu tun....denn er (bzw. sein lymbisches System) nimmt ja seine Geschlechtlichkeit schon wahr, nur eben mit "geringerer sexueller Intensität". Oder?
Wenn ich aber nie wirklich lerne, die eigene Sexualität anzunehmen, damit umzugehen, aus welchen Gründen auch immer (sogar eine asexuelle Erziehung in frühen Kindesjahren, verborgene Ängste und dauerhafter Streß im Beruf und dergleichen natürlich auch)....nehme ich mir über längere Sicht (Monate, Jahre, Jahrzehnte) die Chance, diese Erlebensebene in Ihrer möglichen Intensität überhaupt richtig kennenzulernen.
Dann gibt es noch andere Gründe, die einem das "Erleben" auf Dauer wirklich vermiesen können.
Zum Beispiel haben so einige Frauen beim Geschlechtsverkehr nicht selten Schmerzen...selbst wenn sich der Partner die größte Mühe gibt, Ihr keinen Schmerz zuzufügen.... Dies kann "insbesondere" (also: nicht nur) zweierlei Gründe haben:
Ein verdrängtes Missbrauchstrauma (bei dem es nicht zwingend zum GV gekommen sein muss; auch schmerzhafte Berührungen im Scham- und Analbereich könnten dies bewirken) aus frühen Kinderjahren ("verdrängt" bedeutet: das Gehirn kapselt es selbst vor dem Betroffenen verborgen, dauerhaft ein - bis es irgendwann im Leben einmal massiv hervorbricht oder sich der- oder diejenige aus einem Verdacht heraus für eine Therapie entscheidet) oder "Vaginismus" (eine rein körperliche Ursache bei welcher der Fach-: sprich Frauenarzt sehr gut und zu einem Teil auch zusätzliche Gleitmittel helfen können).
Danach sagt man sich wahrscheinlich verständlicherweise "Liebkosungen mit Hand, Mund und Zunge zähle ich zu den Zärtlichkeiten, GV ist Sex und wirklich Scheiße!"
Also...ich würde erst einmal so einiges hinterfragen...auch, welche Ängste, körperlichen und psychosomatischen Symptome ich habe....bevor ich nach einem Zeitschriftentest oder der Recherche im Internet für mich feststelle: "Ich bin ein echter Asexueller!"
Ich habe mir jahrelang selbst vorgemacht, ich bräuchte keine Gefühle....zu guter Letzt hatte ich irgendwann fast keine mehr....
Also...ich bin heute verdammt froh, nicht wirklich alexithym zu sein. Aber der Schein....war fast perfekt....Tarnung nach Außen und nach Innen, die pure Selbstverleugnung.
Nichts anderes als heftige psychische Verletzungen waren der Grund dafür.
Ich wollte lediglich nach besonders miesen Erfahrungen nicht wieder abgrundtief verletzt, fast vernichtet werden.......leider ist aber Hoffnung manchmal auch ein Trugschluß.
Ich könnte hier ganze Romane schreiben....bringt nur mit Sicherheit nix...deshalb der letzte Post in dem Thread. Jetzt kann das komische blaue Comicweibchen wieder einen Comment abgeben.