Link: de.wikipedia.org (extern)Hier noch einige fachliche Betrachtungen.
Uneindeutigkeiten desKörpergeschlechts können verschiedene Ursachen haben:
Chromosomale Variationen:Statt den häufigsten Karyotypen 46,XX (weiblich) und 46,XY (männlich) gibt es unteranderem auch die Varianten 45,X, bekannt als Turner-Syndrom mit einem weiblichenPhänotypus und einem weiblichen Identitätsgeschlecht), und 47,XXY, dasKlinefelter-Syndrom mit männlichem Phänotypus und meist männlichem Identitätsgeschlecht,sowie Mosaike mos45,X/46,XX, mos45,X/46,XY und den Chimerismus chi46,XX/46,XY. Daschromosomale Geschlecht ist die Basis aller weiteren Geschlechtsausprägungen.
Gonadale Variationen: Fehlende (Agonadidsmus), ganz oder partiell zu sog.Streifengonaden nicht oder nur teilweise ausgebildete (Gonadendysgenesien), ovarielle undtestikuläre Gewebeanteilen in entweder denselben (Ovotestes) oder getrennten Gonaden.
Hormonelle Variationen: Auffällige Serumspiegel bei Geschlechtshormonen und derenVorläufern, teils mit Folgen wie Gynäkomastie (Brustentwicklung bei Männern) oderHirsutismus bei Frauen, teils aber auch die sexuelle Differenzierung insgesamtbetreffend. Diese kann unterschiedliche Ursachen (chromosomale, gonadale undnephrologisch bedingte Varianten, Enzymdefekte) haben.
Anatomische Variationen: vonSyndromen mit unspezifischen Ursachen bis zu eher kulturell bedingten Einschätzungen(Grundlage des sozialen Geschlechts) wie „zu kleiner“ Penis oder „zu große“ Klitoris sindsehr viele Variationen bekannt.
Viele intersexuelle „Syndrome“ bestehen nicht nuraus einer einzigen nachweisbaren Variation, sondern entstehen im Zusammenspiel mehrererFaktoren, so zum Beispiel bei AIS (Androgen-Rezeptor-Defekt, Androgenresistenz hier sindzu unterscheiden CAIS = complette, PAIS = partielle sowie MAIS = minimale AIS zu nennen).Bei (vollständigem) AIS entwickeln sich zum Beispiel bei einem Fötus mit XY-ChromosomenHoden, die im Körper verbleiben können. Die Rezeptoren für Testosteron fehlen jedoch,sodass sich ein "weiblich aussehendes" äußeres Genital (allerdings ohne weibliche innereOrgane) entwickelt; das Erziehungsgeschlecht ist dann meist weiblich. Bei wenigerausgeprägter Resitenz kommt es laut Pschyrembel Wörterbuch der Intersexualität zuunterschiedlichen Ausbildungen der männlichen Sexualorgane (Hypospadie; Kryptorchismus,Azoospermie) u. körperlicher Feminisierung z.B. Gynäkomastie, s. Reifensteinsyndrom)
Bei einem xy-chromosomalen Menschen mit Swyer-Syndrom mit Deleteion des SRY sindauch Vagina und Uterus ausgebildet, in Gewebsproben findet sich allerdings keinBarrkörperchen, was bei jeder xx-chromosomalen Frau zu finden ist. Bei einemxy-chromosomalen Swyer-Syndrom ist also von einer männlichen Vagina und einem männlichenUterus zu sprechen.
Die Häufigkeit von Intersexualität wird äußerstunterschiedlich geschätzt – von 1:100 bis 1:2000.
Die Bandbreite deshistorisch belegten Umgangs mit intersexuellen Menschen reicht von Verehrung bisErmordung. In den westlichen Kulturen der Neuzeit wurde (und wird teilweise noch)angenommen, dass es wissenschaftlich möglich sei, das "wirkliche" Geschlecht eines jedenMenschen zu bestimmen. Aufgrund dieser Annahme wurde die überwiegende Zahl derIntersexuellen zu so genannten Pseudohermaphroditen („Scheinzwittern“) "hinwegerklärt".
Gleichfalls wurde und wird noch immer angenommen, dass es im Interesse desintersexuellen Menschen läge, ihre Körper einem "wirklichen" Geschlecht anzupassen. Diesgeschieht durch Operationen z. B. Genitaloperationen (Reduzierung des uneindeutigenGenitals durch Beschneidung auf z. B. weibliche Größe, Anlage einer Neovagina) undKastration mit anschließender contra-chromosomaler Hormonersatztherapie. Zu fordern istes, die Genitaloperationen erst dann durchzuführen, wenn der intersexuelle Mensch dieserOperation aus eigenem Willen möchte und zustimmen kann. Außerdem ist z. B.xy-chromosomalen Intersexuellen Menschen eine adäquate Testosteron-Hormonsubstitution aufWunsch angedeihen zu lassen.
Viele intersexuelle Menschen sowie immer mehrkritische Wissenschaftler argumentieren hingegen, dass die westliche Vorstellung vongenau zwei sauber unterscheidbaren Geschlechtern (siehe Heteronormativität) falsch ist.In dieser Haltung werden sie häufig von Transgendern unterstützt. Sie konstatieren, dassdie Festlegung auf eines der beiden gegenpoligen Geschlechter oft zweifelhaft sei, und zustarken physischen und psychischen Beeinträchtigungen führen könne. In der Regel handelees sich um einen durch sozialen Druck entstandenen Wunsch des Umfeldes, und nicht um einBedürfnis der Betroffenen selbst. Da die entsprechenden medizinischen Eingriffe (siehegeschlechtsangleichende Operation) oft im Säuglings- und Kleinkindalter vorgenommenwürden, werde darüber hinaus der für die Betreffenden wichtigste Faktor, nämlich ihrnatüliches psycho-emotionales "Identitätsgeschlecht", nicht berücksichtigt.
DieEntscheidungsfindung, so die Kritiker, reiche oft von subjektiver Willkür (Elternwünschten oft in selbst unplausibelsten Fällen eine männliche Zuweisung) übermedizinische Machbarkeit (Gearhardt's zynisches: "Es ist einfacher, ein Loch zu machenals einen Pfahl zu bauen."), bis zu sportlichem Ehrgeiz ("Urologen basteln gerneJungen."). Beleg für den kulturhistorisch bedingten Einfluss sei, dass man von männlichenZuweisungen in 3/4 aller Fälle in der 2. Hälfte des 20. Jh. spricht.
Unbestritten ist, dass viele dieser Zuweisungen sich im Nachhinein als falschherausgestellt haben. Viele intersexuelle Menschen haben aufgrund der schmerzhaftenEingriffe körperliche Schäden davongetragen - etwa wenn bei der Verkleinerung einer "zugroßen" Klitoris die Sensibilität verloren ging, wenn vernarbte Stellen bei sexuellerErregung zu Schmerzen führten, oder wenn schon bei Kleinkindern die angelegte Neovaginabougiert werden musste/muss und dies bis ins hohe Alter. Folgen dieser Operationen sindvielfach starke Traumatisierungen. Auch werden durch die contra-chromosomaleHormontherapie oft multiple Stoffwechselstörungen hervorgerufen.
Ebenso gibt espsychische Schäden. Im Gegensatz zur Erziehung der meisten nicht-intersexuellen Kinderwird hier in der Regel bewusst besonders starker Druck ausgeübt, sich dem zugewiesenenGeschlecht entsprechend zu verhalten. Häufige medizinische Untersuchungen undroutinemäßiges Verschweigen der Diagnose tragen zu der psychischen Verwirrung bei.
Aufgrund von Protesten haben sich erste Anzeichen für eine Änderung dieser Praxisgezeigt. Bei manchen Syndromen zeichnet sich eine Abkehr von der Zwangszuweisung und dendamit verbundenen medizinischen Eingriffen ab.
Die chirurgischen Anpassungen -z.B. Anlage einer Neovagina bei xy-chromosomalen intersexuellen Menschen in westlichenLändern ist vielfach gleichzusetzen mit Genitalverstümmelungen von Mädchen und Frauen inanderen Regionen dieser Welt. Es wird in beiden Fällen als Begründung die geschlechtlicheVereindeutigung genannt.
Des Weiteren sind die Auswirkungen dergeschlechtsangleichenden Maßnahmen im höheren Alter noch gar nicht berücksichtigt. So hatsich die Gerontologie z. B. noch nicht mit Behandlungen alter intersexueller Menschen z.B. mit der Pflege einer Neovagina auseinandergesetzt oder mit der Dosierung und Anwendungeiner Hormonbehandlung contra- bzw. chromosomal. Dies auch in Bezug auf dasPflegepersonal noch nicht befasst.
Einige intersexuelle Menschen nutzen in ihrenBemühungen um gesellschaftliche Akzeptanz die Begriffe "Zwitter" oder "Hermaphrodit" umsich zu benennen, da der Begriff "Intersexueller Mensch" gesellschaftlich wenig bekanntsei, und für sie zudem nur eine medizinische Kategorie darstelle, der sie äußerstkritisch gegenüber stünden.
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