@docmccoy Nosferatu ist einer seiner schlechtesten Filme - keine Frage.
Ein Problem Kinskis war, daß Hollywood nicht recht etwas mit ihm anfangen konnte. Ein Schicksal, daß er mit vielen anderen außergewöhnlichen Schauspielern teilte.
In Hollywood ist das Type-Casting schon seit den frühen 30er Jahren Praxis. Außergewöhnliche Schauspieler hatten hier oft Schwierigkeiten, siehe Peter Lorre, Klaus Maria Brandauer, Bela Lugosi usw.
Trotzdem wurde auch Kinski in der Branche sehr hoch eingeschätzt, von Regisseuren und Kollegen - die Studios schreckten jedoch vor ihm zurück, was auch verständlich ist, wenn man sieht, welche Schwierigkeiten Herzog mit ihm hatte.
Ich finde Herzog wird auch überschätzt - ohne Kinski hat er nicht viel Bemerkenswertes gedreht.
Aber gerade die B-Filme, von denen Du sprichst, zeigen teilweise die Möglichkeiten Kinskis. So wurden Filme von eher unbekannten Regisseuren und Produzenten zu Geheimtips. Beispiele hierfür sind Android, Crawlspace, Schizoid und Venom.
Daß er, abgesehen von Buddy Buddy und Little Drummer Girl, nicht in Produktionen großer Studios zu sehen war, ist kein Argument für seinen Stellenwert in der Branche. Es sind nicht die besten Schauspieler, die in Hollywood die große Kasse machen, das dürfte wohl bekannt sein...
Sein Auftritt in Doktor Schiwago stellt hier eine Ausnahme dar, war aber eben noch zu einer Zeit, in der ein Regisseur in Hollywood noch eigene Entscheidungen treffen konnte.
Seine schauspielerische Qualität zeigte sich außerhalb des Films z. B. beim Rezitieren klassischer Literatur.
Es dürfte klar sein, daß Regisseure wie Fritz Kortner, Billy Wilder oder David Lean und Schaupieler, wie O. W. Fischer, Romy Schneider oder Diane Keaton sich für Kinski nicht ins Zeug gelegt hätten, wenn sie nicht von seinem Talent überzeugt gewesen wären.
Das sind Menschen, auf deren Urteil ich mehr geben würde, als auf das Urteil künstlerisch uninteressierter Studiobosse.
Zur Rezeption Kinskis in Amerika hier übrigens noch ein kurzer Auszug aus seinem Wiki-Artikel:
Kinskis Schallplatten verkauften sich weltweit mehrere Millionen Mal. 1983 trat er unter anderem in der Talkshow von David Letterman auf und erschien 1985 im amerikanischen Playboy mit einer Titelgeschichte. Das amerikanische Filmmagazin American Film titelte im Jahr 1982: „Ist Kinski der größte Schauspieler der Welt?“. Sein Buch Kinski Uncut wurde in den USA ein Bestseller.
Die meisten seiner Wutausbrüche waren wahrscheinlich inszeniert - privat galt Kinski bei Kollegen, Freunden und Verwandten als sanftmütig, ruhig und liebevoll...