Kohlhaas schrieb: Knapp 1.000 € für 20 qm in Uninähe, ich fasse es nicht! Dass Bafög da nicht reicht, ist klar, das kann aber auch „der Staat“, also der Steuerzahler, nicht finanzieren.Also müssen die Eltern ran, und wenn das nicht geht, selber arbeiten neben dem Studium.
Ja, mein eigenes Kind wohnt (noch) billiger, aber der Mietvertrag läuft aus und die Tochter des Vermieters naht ... sie sucht schon fleißig und wird hoffentlich fündig. Meine Tochter ist gar nicht BAfög berechtigt, auf dem Papier verdienen wir auch nett, aber da wir noch zwei andere Kinder, ein Haus, etc. haben, müssen wir schon auch planen. 1000€ im Monat kann ich für alles berappen, dann wird es kritisch.
Selbst arbeiten geht nicht. Die Uni hat auf die Kritik reagiert, dass das Studium nicht praxisnah sei - so waren die letzten Semesterferien mit Pflichtpraktika gefüllt. Und diese Semesterferien lief eine Vorlesung + Praktikum, die aufgrund von Corona nicht im normalen Semester untergebracht werden konnte. Bis am Sonntag vor dem Start war unklar, wie der Stundenplan war. Dann wechselte er auch noch wöchentlich - keine gute Voraussetzung für einen Nebenjob, v.a., da immer mal wieder auch kurzfristig etwas eingeschoben wurde.
Kohlhaas schrieb:Die Alternative wäre vermutlich billigeres Wohnen auf einem Dorf umzu, dafür Anschaffung eines PKW mit Folgekosten und den üblichen Problemen wie Parkplatz finden in Uninähe etc. Und CO2 natürlich.
Ja, da schaut sie auch. Da ist das Problem, dass sie gerne in der Bibliothek lernt und oft erst gegen Mitternacht die Uni verlässt. Das spart uns sehr viele Kosten für Fachbücher. Im öffentlichen Nahverkehr vor Mitternacht in der Großstadt, v.a., wenn es aus dem Stadtkern raus geht, ist auch nicht so prickelnd.
Kohlhaas schrieb:Ist auch bei uns ein Problem. Als das Bauland in den Dörfern billig war und die Kinder klein, haben Familien massenhaft auf dem Land günstig gebaut. Nun sind die Kinder aus dem Haus, im Dorf gibt es keinen Arzt mehr, auch keinen Laden, man braucht und will keine 2 Autos mehr, Haus und Grundstück sind mit beginnendem Rheuma und fehlenden Hilfen (Gärtner würde ja kommen, aber er hat keine Leute, Fachkräftemangel) nur noch schwer zu bewirtschaften.
Ja, so ist es bei uns auch. Und - bei uns war es fast schon lächerlich, was in den 1980ern und z.T. in den 1990ern für Kästen hingebaut wurden, nach dem Motto "wir zeigen, was wir haben". Heute -unabhängig vom Einkommen- arbeiten ja oft beide Partner und verbringen dann weniger Zeit daheim. Auch sind die Energiekosten völlig andere. Man hat straßen- und viertelweise 1 Familienhäuser auf z.T. 1000qm Grundstücken und mehr gebaut, mit Doppelgarage, mitunter noch mit einer 1 Zimmer Einliegerwohnung - aber z.T. so bescheuert aufgeteilt, dass das Ding für immer eine 1 Zimmerwohnung bleiben wird (Wendeltreppe aus dem Wohnzimmer in den zweiten Stock und solche Scherze).
Der Gärtner verlangt hier für die normale Gartenpflege (Hecken und Bäume stutzen, Gras mähen, ....) mal locker 2000€ - und mit einem einmaligen Besuch ist es auch nicht mehr getan.
Kohlhaas schrieb:Man will also zurück in die Stadt zur Miete oder in eine Eigentumswohnung mit Balkon, wie so viele in gleicher Lage auch. Also wird Wohnen in der Stadt teurer, in den Dörfern gibt es Leerstand.
Unser Dorf ist nahe genug an der Stadt, da ist es nicht so. Bei uns (Einzugsgebiet unserer Schule) ist es eher so, dass manche Gruppen gar nicht erst die Zwischenstation Dorf einlegen. Wir hatten eine große Firma in der Mitte der Stadt - darum herum sind so 1,5 geschossige Arbeiterhäuschen entstanden, die gibt es als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus und Reihenhaus. Die werden sehr gerne gekauft (oder gemietet) und dann wird jeder qm Wohnraum ausgenutzt. Sie haben glaube ich, wenn du das Dach zum Loft ausbaust 150qm Wohnfläche, oft wohnen da aber drei oder vier Familien drin. Kürzlich ist eins ausgebrannt, danach waren 14 Personen obdachlos.
Kohlhaas schrieb:Und vor allem: verstreut in den Dörfern lebende Flüchtlinge sind von der knappen Zahl an Sozialarbeitern, die man hat, für die Betreuung nicht mehr zu erreichen,, nicht ausreichende Dienstfahrzeuge, Zeitverlust durch ständiges Fahren etc.
Mit der Flüchtlingswelle sind bei uns auf dem Dorf (und den Dörfern, die nach uns kommen) einige angekommen. Ehrlich war es auch nicht der Burner für die Flüchtlinge ... habe mal einen mitgenommen, der getrampt ist. Der war auf dem Weg zum Deutschkurs und hatte den Bus verpasst - wohnte 18km von der Stadt, in einer Siedlung mitten im Wald, da ist viel Lehrstand und da hat man dann 100 Flüchtlinge hingepackt - heute ist niemand mehr da. Integration war da nicht möglich, da kommt morgens und mittags der Schulbus vorbei - dann ist es aber auch gut.
Kohlhaas schrieb:Vielleicht bekommt die Natur, wenn nach und nach die Dörfer verlassen werden, weil die Versorgung fehlt, ihre Flächen zurück, und die Menschen ballen sich dann alle in Megacities.
Irgendwann hat das ein Ende, denke ich. Was macht die normale Erzieherin, der Koch, die Bürofachkraft? Eine Freundin von mir lebt mit (beruflich sehr erfolgreichem) Partner in München, sie zahlen 3.600€ Miete - das verdient sie nicht mal annährend. D.h. wäre die Ehe irgendwann beendet, wäre sie zunächst mal obdachlos.