martenot schrieb:Mein Eindruck ist, dass viele Landbewohner eine verzerrte Vorstellung von Großstädten haben, zumindest was die Wohnviertel betrifft. Ich persönlich finde sogar, dass es in vielen Vierteln der Großstädte ausgesprochen ruhig zugeht, wenn man nicht gerade an einer Hauptverkehrsachse wohnt.
Mag sein; persönlich fand ich (öfter temporär in Großstädten "gewohnt", z.B. bei Besuchen übers Wochenende bis hin zu vier Wochen lang, Firmen-WG während Weiterbildung) an Geräuschen oft lästig: Verkehrslärm, Straßenkehrmaschine, Geräusche aus Geschäften und Restaurants drunter (Belieferung Lokal frühmorgens, An- und Abtransport von Glas bei einer Glaserei), Kneipenheimkehrer.
Mehr Geräusche in einem Hochhaus, selbst dann wenn niemand explizit durch Lärm auffällt.
Neben dem Geräuschpegel: Weniger Platz draußen, also z.B. oft allenfalls ein Miniaturbalkon der oft nicht viel und nur kurz Sonne abbekommt. In Hochhäusern größere Wahrscheinlichkeit dass Geruchsquellen wie Zigarettenrauch, Restaurantabluft, Waschkellerabluft... herüberziehen was für mich, solange das stattfindet, den Balkon auch unbenutzbar macht.
"Landgeräusche" stören mich weniger: Z.B. Eulenrufe abends/ nachts, mal der Rasenmäher (dafür ist seltener als in der Stadt der Laubbläser unterwegs), Heimwerkergeräusche. In einem z.B. Ein- bis Zweifamilienhaus, auch zur Miete, ist der Balkon üblicherweise größer und nutzbar (etwas anbauen, mich zum Lesen oder basteln/werken raussetzen), oft kann ein Garten mitbenutzt werden.
Die Sache mit der Autofahrerei stört mich auf dem Land auch.
Ein guter Kompromiss ist für mich: Ländlicher Vorort, sodass er in Kombination mit einer (möglicherweise weiteren, aber noch nutzbaren) Fußstrecke an den ÖPNV angebunden ist. Z.B. 30 Minuten zu Fuß in den Ortskern laufen um dort einige Einkäufe und Besorgungen zu erledigen (Bäckerei, Markt, Supermarkt, Post, ggf. Optiker, Gärtnerei) und dort in den Bus oder die Straßenbahn einzusteigen.
Bzgl. ÖPNV ist mir v.a. wichtig dass er zuverlässig ist und zu den Arbeitszeiten passt. Auf die genaue Taktfrequenz kommt es mir da nicht an. Hatte z.B. mal (Vorort einer Universitätsstadt) eine Verbindung mit Taktfrequenz einmal pro Stunde (zwischen 5 und 22 Uhr) in die Stadt zum Arbeitsplatz, meine Arbeitszeiten waren lang aber flexibel (musste somit nicht nach Busankunft bis zu einem Schichtbeginn o.ä. warten), somit für gar kein Problem.
Richtig "auf dem Dorf" hingegen: Nächster Bus in die Stadt fährt von einer nur per Auto erreichbaren Haltestelle ab (= man braucht also dafür ein Auto oder eine absolut zuverlässige Person mit der man mitfahren kann - bleibt dann immer noch das Problem, was tun wenn derjenige krank ist oder Urlaub hat), und zwischen einziger Hin- und Rückfahrt dieses Busses passt kein normal langer Arbeitstag. Hatte die Situation als Azubi und habe dann so schnell wie möglich den Führerschein gemacht. Fahrstrecke einfach 40 km. Möchte ich so definitiv nicht dauerhaft.
Habe nun seit gut 18 Jahren kein Auto mehr, da stets ein Wohnort wie oben unter "guter Kompromiss" machbar war: ländlicher Vorort, ÖPNV und zu Fuß reicht. (Potenziell mögliches Fahrradfahren ist für mich aufgrund einer Behinderung keine Option.)