Mindslaver schrieb:Gibt es hier welche, die eine ähnliche Problematik haben?
Bei mir hieß der entsprechende Glaubenssatz, dass ich mich nicht verteidigen dürfe - es wurde immer als "Angriff" (Unverschämtheit!) gewertet. Für die Erfüllung meiner Bedürfnisse hatte ich selbst zu sorgen (bin die älteste von drei Geschwistern), kombiniert wurde der Mist noch mit "wer schreit hat Unrecht". Bei drei kleinen Kindern ziemlich wasserdicht, die Nummer.
Mindslaver schrieb:Und wie kann man lernen seine Bedürfnisse mitzuteilen?
Indem man es tut, kurz gefasst.
Dabei ist dann enorm hilfreich, wenn man zwei Unterscheidungen trifft, zum Einen, was das Bedürfnis angeht,
also ob es etwas sehr wichtiges ist oder besonders dringend oder eher was allgemeines, nur manchmal wichtiges.
Oder wie wichtig es ist, es direkt umzusetzen oder ob ich Zeit habe, bzw. wie viel Spielraum ich überhaupt in der Sache habe (den "Handlungsbedarf" nenn ich das.)
Und zum Anderen, mit wem ich da reden muss, ob ich die Person kenne, vielleicht befreundet oder bekannt bin, oder ob es wer Fremdes ist, bei einer Behörde oder ein Vorgesetzter. Weil es dann ja unterschiedlich schwer ist, bzw. überhaupt unterschiedliche Erwartungen da sind.
Und es bei dem Problem "wie mach ich das" erfahrungsgemäß viel bringt, wenn ich derartige Details auseinander halten kann.
Mindslaver schrieb:Deshalb habe ich bis heute Probleme damit meine Bedürfnisse zu äußern. Weil ich mir sicher bin, dass diese ignoriert oder als unwichtig herabgesetzt werden.
Da mischt sich, möchte ich wetten, noch das Bedürfnis danach, dass dir überhaupt zugehört wird, rein, richtig?
Und jemand, der dir "gut" zuhört, hat es dann leichter, dir was auszureden, oder?
Wenn beides zutrifft, reduziert sich die Antwort auf ein "indem du dir selber glaubst", also dir dein Bedürfnis nicht ausreden lässt.
Wenn das Problem eher darin liegt, dein Bedürfnis zu formulieren (also du kennst es, bekommst aber nicht den "richtigen Ton" hin, wenn du danach fragst), könnte es helfen, es vorher aufzuschreiben - und dir dabei nicht (nur) die Person vorzustellen, mit der du reden musst, sondern (zum Üben) wen, mit dem du dich wohl fühlst. Weil man dann automatisch anders formulieren, bzw. argumentieren kann, finde ich jedenfalls.
Und wenn dein Problem darin liegen sollte, dass du deine Bedürfnisse ganz schlecht erkennen kannst, naja, dann musst du halt noch kleinschrittiger vorgehen. Es ist ja auch gar nicht so selten, dass man erst hinterher merkt, was man eigentlich gebraucht hätte - dafür kann man auch um "Platz bitten", also ankündigen, dass es evtl. nötig werden könnte. Auch wenn man noch gar nicht weiß, wofür man den Platz brauchen würde.
Und, auch wichtig:
Mindslaver schrieb:dass meine Bedürfnisse nachrangig seien und sich den Bedürfnissen anderer unterzuordnen sind
So was fühlt man dann auch als Erwachsener so und kommt gar nicht richtig auf den Gedanken, dass man ja jetzt "groß" ist und sowieso der Einzige, der dafür verantwortlich ist, dass es passiert.
Da geht es dann nicht darum, seine Bedürfnisse erst zu formulieren, sondern darum, sie real umzusetzen - auch wenn die Menschen um einen herum vielleicht andere Bedürfnisse haben.
Dabei geht es auch gar nicht darum, wessen Bedürfnis wichtiger sei (es ist wichtig, einschätzen zu können, inwieweit man dem Anderen dabei ins Gehege kommt - aber generell ist es völlig o.k., dass einem das Eigene wichtig ist), sondern um eine Art "Vorfahrtsregelung":
wer warten muss, sollte auch was dafür bekommen (z. B. die Sicherheit, bei seinem Bedürfnis unterstützt zu werden.)
Als letztes vielleicht noch: das "Mitteilen": es geht nicht nur darum, dass du (endlich) deine Bedürfnisse äußerst;
was da in deiner Erziehung ausgefallen ist, wäre ja ein Dialog gewesen, indem deine Eltern mit dir auch bereden,
wie das im Detail gehen könnte.
Und nicht alle, die dir "spontan widersprechen" sind dagegen, dass du dein Bedürfnis umsetzt - manche möchten dich vielleicht auch vor schlechten Erfahrungen schützen, die sie selber gemacht haben, halten es aus diversen Gründen für schwer bis unmöglich, was du dir da wünschst.
Oder, auch krass, sagen "Ja!" zu deinem Bedürfnis, meinen aber dann was anderes, als du im Sinn hattest. So Leute sind ja manchmal dann sauer, wenn sie einen nicht "glücklich machen dürfen".
Da sind wir dann wieder bei der Notwendigkeit, sich selber zu glauben und das vermitteln zu können:
"Ich bin halt bisl anders als du, aber wir wollen doch beide nur nach der eigenen Fasson glücklich werden".
Ich hoffe, dass diese Ausführungen zu deinem Bedürfnis gepasst haben!