Peter0167
Diskussionsleiter
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
anwesend
dabei seit 2014
dabei seit 2014
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
Notruf 112 ... oder doch besser 116117?
17.11.2021 um 11:38Notfälle kommen meist unverhofft, niemand will sie, und dennoch muß man damit umgehen können, weil u.U. Leben davon abhängen. Aber wie reagiert man in einem Notfall richtig? Ich denke, die wenigsten machen sich Gedanken darüber, bis so ein Fall tatsächlich mal eintritt, und dann wird oft falsch reagiert. Daher lasst uns in diesem Thread ruhig und sachlich Erfahrungen und Meinungen austauschen, von denen wir und andere Mitleser vielleicht irgendwann einmal profitieren können.
Quelle
Die Idee zu diesem Thread kam mir heute Morgen auf der Fahrt zur Arbeit. Auf Info-Radio wurde über die hohe Zahl an Notrufen berichtet, und das die Feuerwehr (in Berlin) fast jeden zweiten Tag den Ausnahmezustand ausrufen muss.
https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/202111/17/640634.html (Archiv-Version vom 17.11.2021)
Die Rettungskräfte beklagen sich zunehmend darüber, dass der Notruf auch bei Bagatellfällen gewählt wird, und damit Ressourcen gebunden werden, die an anderer Stelle dringender gebraucht werden. Aber wann handelt es sich um eine Bagatelle? Für jemanden, der da tagtäglich mit zu tun hat, ist die Sache glasklar, aber Unfallopfer und Ersthelfer sind in der Regel medizinische Laien. Hinzu kommen noch Stress und Ängste, irgendetwas falsch zu machen.
Ich selbst war bisher zwei mal in einer Situation, den Notruf wählen zu müssen, beides Autounfälle, wo ich als Ersthelfer vor Ort war. Beim ersten Mal fuhr ein junger Mann direkt vor meiner Firma gegen eine Laterne auf dem Mittelstreifen (hatte während der Fahrt mit dem Handy gespielt). Die Laterne stürzte dabei um und fiel auf der Gegenfahrbahn auf ein weiteres Auto (niemand verletzt, nur Blechschaden). Der Unfallverursacher saß benommen und bedingt ansprechbar im Fahrzeug. Ein weiterer Passant und ich entschieden uns, ihn aus dem Fahrzeug zu holen, nachdem wir festgestellt hatten, dass er Arme, Beine und Kopf bewegen konnte. Er lief dann zum Teil selbstständig die 10 Meter rüber in meine Firma, wo er sich setzen konnte.
Danach rief ich den Notruf 112, und innerhalb weniger Minuten waren ganze Heerscharen von Rettungskräften vor Ort (ich schätze mal über 35 Personen in 8 bis 10 Fahrzeugen). Mehrere Ärzte/Sanitäter untersuchten ihn kurz und dann ging es auch schon los ins Krankenhaus. Einer der Sanitäter sagte dann noch im Gehen, es wäre richtig gewesen, den Notruf zu wählen, und ließ mich grübelnd zurück. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es nicht richtig gewesen ist.
Naja, und ca. ein Jahr später kam ich während der Fahrt zur Arbeit als erster an eine Unfallstelle. Eine Frau ist mit ihrem Kleinwagen aus der Kurve geflogen und hatte sich mehrfach überschlagen. Irgendwie hatte sie es schon allein geschaft, aus dem Wrack rauszukommen, und saß benommen ein paar Meter daneben. Aus dem Auto qualmte es wie verrückt, vermutlich nur Kühlwasser, dennoch hatte ich die Befürchtung, dass es gleich anfangen könnte zu brennen.
Ich fragte die Frau nach irgendwelchen Beschwerden, und ob sie aufstehen könne, um den Abstand etwas zu vergrößern, falls es anfängt zu brennen. In dem Moment stand die Frau auch schon auf, lief zum Auto und lallte irgendwas von "Handtasche". Zum Glück fand ich die recht schnell, und dann setzte ich sie in sicherer Entfernung auf einen umgestürzten Baumstamm und rief anschließend die 112.
In diesem Moment kam ich gar nicht auf die Idee, dass dies falsch sein könnte. Die Frau stand offensichtlich unter Schock, hatte aber keine sichtbaren Verletzungen. Nachdem ich die Lage aus meiner Sicht am Telefon geschildert hatte, fragte mich der Mann nochmal, ob eine akute Gefahr bestehe und ein Rettungswagen-Einsatz wirklich nötig wäre. Und hier musste ich passen, ich wusste es einfach nicht, ich kann als Laie doch nicht beurteilen, ob vielleicht innere Verletzungen vorliegen und die Frau womöglich innerhalb von Minuten verblutet.
Letztlich wurde kein Rettungswagen geschickt, sondern nur die Polizei zur Unfallaufnahme. Ich habe den Beamten den Fall geschildert, meine Kontaktdaten hinterlassen und bin dann losgefahren. Mich hat das alles noch lange Zeit beschäftigt, und hat bei mir bis heute ein Gefühl von Unsicherheit und Hilflosigkeit hinterlassen, insbesondere wenn man die Ähnlichkeiten bei beiden Fällen betrachtet. Beim ersten Fall soll es richtig gewesen sein, und beim zweiten Fall unnötig!?
Was ist nun richtig? Im Zweifel doch lieber den Notruf wählen? Oder Gefahr laufen, die Lage falsch einzuschätzen, und gesundheitliche Schäden des Opfers riskieren, oder gar den Tod?
Gestern Abend lief in dieser Rubrik eine ähnliche Diskussion ab, die sehr unschön endete. Auch wenn mir bei der Schilderung des Falls viele Ungereimtheiten auffielen, sah ich den Rettungseinsatz dennoch für gerechtfertigt an. Andere sahen das anders und konnten das auch gut begründen. Und nachdem ich heute den Bericht bei Info-Radio hörte, bin ich komplett verunsichert. Im Nachhinein ist es immer leicht zu entscheiden, was richtig oder falsch ist, aber wie verhalte ich mich nun in einer Notsituation richtig, und wann ist es überhaupt eine Notsituation?
Ich hoffe, wir können hier gemeinsam einige dieser Fragen klären (und zwar gesittet!).
Quelle
Die Idee zu diesem Thread kam mir heute Morgen auf der Fahrt zur Arbeit. Auf Info-Radio wurde über die hohe Zahl an Notrufen berichtet, und das die Feuerwehr (in Berlin) fast jeden zweiten Tag den Ausnahmezustand ausrufen muss.
https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/202111/17/640634.html (Archiv-Version vom 17.11.2021)
Die Rettungskräfte beklagen sich zunehmend darüber, dass der Notruf auch bei Bagatellfällen gewählt wird, und damit Ressourcen gebunden werden, die an anderer Stelle dringender gebraucht werden. Aber wann handelt es sich um eine Bagatelle? Für jemanden, der da tagtäglich mit zu tun hat, ist die Sache glasklar, aber Unfallopfer und Ersthelfer sind in der Regel medizinische Laien. Hinzu kommen noch Stress und Ängste, irgendetwas falsch zu machen.
Ich selbst war bisher zwei mal in einer Situation, den Notruf wählen zu müssen, beides Autounfälle, wo ich als Ersthelfer vor Ort war. Beim ersten Mal fuhr ein junger Mann direkt vor meiner Firma gegen eine Laterne auf dem Mittelstreifen (hatte während der Fahrt mit dem Handy gespielt). Die Laterne stürzte dabei um und fiel auf der Gegenfahrbahn auf ein weiteres Auto (niemand verletzt, nur Blechschaden). Der Unfallverursacher saß benommen und bedingt ansprechbar im Fahrzeug. Ein weiterer Passant und ich entschieden uns, ihn aus dem Fahrzeug zu holen, nachdem wir festgestellt hatten, dass er Arme, Beine und Kopf bewegen konnte. Er lief dann zum Teil selbstständig die 10 Meter rüber in meine Firma, wo er sich setzen konnte.
Danach rief ich den Notruf 112, und innerhalb weniger Minuten waren ganze Heerscharen von Rettungskräften vor Ort (ich schätze mal über 35 Personen in 8 bis 10 Fahrzeugen). Mehrere Ärzte/Sanitäter untersuchten ihn kurz und dann ging es auch schon los ins Krankenhaus. Einer der Sanitäter sagte dann noch im Gehen, es wäre richtig gewesen, den Notruf zu wählen, und ließ mich grübelnd zurück. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es nicht richtig gewesen ist.
Naja, und ca. ein Jahr später kam ich während der Fahrt zur Arbeit als erster an eine Unfallstelle. Eine Frau ist mit ihrem Kleinwagen aus der Kurve geflogen und hatte sich mehrfach überschlagen. Irgendwie hatte sie es schon allein geschaft, aus dem Wrack rauszukommen, und saß benommen ein paar Meter daneben. Aus dem Auto qualmte es wie verrückt, vermutlich nur Kühlwasser, dennoch hatte ich die Befürchtung, dass es gleich anfangen könnte zu brennen.
Ich fragte die Frau nach irgendwelchen Beschwerden, und ob sie aufstehen könne, um den Abstand etwas zu vergrößern, falls es anfängt zu brennen. In dem Moment stand die Frau auch schon auf, lief zum Auto und lallte irgendwas von "Handtasche". Zum Glück fand ich die recht schnell, und dann setzte ich sie in sicherer Entfernung auf einen umgestürzten Baumstamm und rief anschließend die 112.
In diesem Moment kam ich gar nicht auf die Idee, dass dies falsch sein könnte. Die Frau stand offensichtlich unter Schock, hatte aber keine sichtbaren Verletzungen. Nachdem ich die Lage aus meiner Sicht am Telefon geschildert hatte, fragte mich der Mann nochmal, ob eine akute Gefahr bestehe und ein Rettungswagen-Einsatz wirklich nötig wäre. Und hier musste ich passen, ich wusste es einfach nicht, ich kann als Laie doch nicht beurteilen, ob vielleicht innere Verletzungen vorliegen und die Frau womöglich innerhalb von Minuten verblutet.
Letztlich wurde kein Rettungswagen geschickt, sondern nur die Polizei zur Unfallaufnahme. Ich habe den Beamten den Fall geschildert, meine Kontaktdaten hinterlassen und bin dann losgefahren. Mich hat das alles noch lange Zeit beschäftigt, und hat bei mir bis heute ein Gefühl von Unsicherheit und Hilflosigkeit hinterlassen, insbesondere wenn man die Ähnlichkeiten bei beiden Fällen betrachtet. Beim ersten Fall soll es richtig gewesen sein, und beim zweiten Fall unnötig!?
Was ist nun richtig? Im Zweifel doch lieber den Notruf wählen? Oder Gefahr laufen, die Lage falsch einzuschätzen, und gesundheitliche Schäden des Opfers riskieren, oder gar den Tod?
Gestern Abend lief in dieser Rubrik eine ähnliche Diskussion ab, die sehr unschön endete. Auch wenn mir bei der Schilderung des Falls viele Ungereimtheiten auffielen, sah ich den Rettungseinsatz dennoch für gerechtfertigt an. Andere sahen das anders und konnten das auch gut begründen. Und nachdem ich heute den Bericht bei Info-Radio hörte, bin ich komplett verunsichert. Im Nachhinein ist es immer leicht zu entscheiden, was richtig oder falsch ist, aber wie verhalte ich mich nun in einer Notsituation richtig, und wann ist es überhaupt eine Notsituation?
Ich hoffe, wir können hier gemeinsam einige dieser Fragen klären (und zwar gesittet!).