@AndanteAndante schrieb:Fakt ist, dass hierzulande kein Covid-Patient nicht die nötige Krankenhausbehandlung bekommen hat. Fakt ist ebenso, dass jeder dieser Patienten, der es brauchte, wochen- und monatelange intensivmedizinische Versorgung erhalten hat, zT noch erhält, und dass es zu keinem Zeitpunkt an Sauerstoff- und Beatmungsgeräten gefehlt hat.
Mir ist nicht ganz klar, worauf Du hinaus willst. „Alles nicht so schlimm?“ oder „nochmal glimpflich davongekommen!“.
Das klingt nach ersterem und falls Du das so meinst möchte ich darauf nochmal eingehen:
Es gab regionale Überlastungen und die freien Intensivbetten waren zeitweise sehr knapp oder regional gar nicht mehr vorhanden.
Dass Deutschland keine Triage im großen Stil anwenden musste und Coronapatienten adäquat behandeln konnte ist kaum ein Zeichen dafür, dass alles ok war.
Dieser Zustand war keine Selbstverständlichkeit, die sich einfach so ergab, weil die Pandemie gar nicht so schlimm war.
Um diese Situation zu ermöglichen waren enorme Kraftanstrengungen nötig.
Das fängt an im Kleinen beim Krankenhaus per, das weit über bisher gewohnte (eh schon hohe) Arbeitslast und psychischen Druck hinaus über Monate im Einsatz war. Dazu gehören pandemiebedingte zusätzliche Belastungen durch die Findung und Umsetzung von Hygienekonzepten, Behandlungsplänen und Umstrukturierungen. In etlichen Bereichen der Medizin hat sich der Verwaltungsaufwand erhöht und auch der für die Logistik sowie für die Aufklärungen für die Patienten und Angehörige.
Im Großen gab es einschneidende Maßnahmen der Regierung, um dieser Pandemie zu begegnen: Lockdowns, Kontaktbeschränkungen, Homeschooling, Maskenpflicht, Schließungen im Einzelhandel, Herunterfahren von Veranstaltungen etc.
Man muss kein Freund dieser Maßnahmen sein und sicher gab es in diesem Zusammenhang viele Fehler.
Aber: nur MIT diesen Einschränkungen ist es gelungen, eine komplette Überlastung zu verhindern.
Um in Deinem Beispiel zu bleiben: jeder Coronapatient in der Notaufnahme war so ein Notfall, auf den andere Patienten Rücksicht nehmen mussten.
Dass z. B. Schlaganfallpatienten deshalb nicht oder schlechter versorgt wurden stimmt natürlich so pauschal nicht. Ich erinnere mich an Berichte über unzureichende (Nach-)Behandlungen bei Krebspatienten, was tatsächlich eine Tragödie ist, wenn es zutrifft.
Dass verschiebbare OPs verschoben wurden war naheliegend und richtig, auch wenn es subjektiv für den jeweiligen Patienten schlimm gewesen sein mag.
Den wirklichen Anteil an zu kurz gekommenen Patienten werden diejenigen stellen, die sich durch die Umstände der Pandemie nicht (rechtzeitig) in Behandlung begeben haben.
Andante schrieb:Ob und ggf. wie viele Menschen hierzulande daran gestorben sind, dass ihre OPs verschoben bzw. sie „blutig“ entlassen wurden, läßt sich im Nachhinein wohl kaum feststellen. Dem gegenüber stehen die Covid-Patienten, die durch adäquate Behandlung gerettet wurden.
Siehst Du hier ein Gleichgewicht? Ein gerechtfertigtes Aufwiegen beider Gruppen?
Du hast es vermieden, ein klares Fazit zu ziehen. Ohne Zahlen und Fakten bleibt das eine Andeutung, in der eine Kritik mitschwingt, die von wissenschaftlicher Neugier bis hin zu Coronaleugnung alles sein kann.
Mein Fazit: aus der Nicht-Überlastung des Gesundheitswesens während der Pandemie darauf zu schließen, dass die Gefahr der Pandemie gar nicht so groß ist, greift zu kurz. Es blendet sämtliche pandemiebedingten Veränderungen aus, die dazu beigetragen haben, dass es keine Katastrophe gab.
Wobei das angesichts von über 90.000 Toten ja gar nicht stimmt. Das sind 90.000 x Familien, Angehörige, Freunde, die Menschen verfrüht verloren haben. Das sind 90.000 Katastrophen.