Abahatschi schrieb:dass die Gesundheitsämter die angeblich tracken können
Da habe ich wieder ganz frisch was:
Bereits 290 von 400 Gesundheitszentren hätten Sormas "installiert", verkündet das Bundesgesundheitsministerium. Eigentlich hätte das Programm schon seit Ende Februar in allen Ämtern im Einsatz sein sollen. Das ARD-Politikmagazin Kontraste hat alle 400 Gesundheitsämter angeschrieben. Ergebnis: Nur rund 90 Gesundheitsämter arbeiten tatsächlich mit der Software. Bei den allermeisten ist Sormas nicht aktiv, sondern "im Testbetrieb".
Quelle:
https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/gesundheitsaemter-sormas-software-101.htmlBald ist auch hier das erste Jahr der Unfähigkeit voll...
Besonders interessant dabei:
Es gehe insbesondere um Schnittstellen, um den Export von Daten aus dem bisherigen System in das neue. "Wir brauchen Spezialisten, die uns begleiten und Fragen schnell beantworten", so Tinnemann.
Die angebotenen Schulungen reichen ihm nicht. Fünf Ansprechpartner des Helmholtz-Zentrums stehen für die Sormas-Einführung, den sogenannten "Roll-out" bereit, heißt es in einer internen E-Mail, die Mitte Dezember an das Bundesgesundheitsministerium ging. Und: Die Sormas-Hotline für 400 Ämter sei nur mit einer einzigen Person besetzt.
Kein Konzept für "Roll-Out"
Das Bundesgesundheitsministerium hatte für die flächendeckende Einführung offenbar kein umfassendes Konzept aufgestellt. Helmut Krcmar von der TU-München, der selbst zwei Gesundheitsämter in Bayern bei der Einführung betreut, spricht von einem "Anfängerfehler, der nicht passieren darf".
Anfänger als Beruf. Es gibt aber einen Lösungsansatz:
Ein "Roll-Out-Konzept" ist bei der Einführung einer neuen Software zentral. Nötig wären zahlreiche Teams von IT-Experten, die bundesweit ausschwärmen und die Einführung von Sormas individuell begleiten - so lange, bis alles klappt. Drei bis fünf Tage würde das pro Amt etwa dauern, schätzt Sax.
Gemeinsam mit der Björn-Steiger-Stiftung hatte Sax dem Bundesgesundheitsministerium im vergangenen Jahr sogar ein entsprechendes Konzept vorgestellt. Etwa acht Millionen Euro würde demnach ein "Roll-Out" kosten. Umgesetzt wurde das Konzept jedoch nicht. Sax kommentiert das recht diplomatisch: "Ich würde mir wünschen, dass das Bundesgesundheitsministerium ein bisschen mehr Verantwortung übernimmt."
Acht Millionen Euro. Zum Vergleich: nur der extrem überteuerte Masken-Deal mit der Firma Emix, eingefädelt von einer CSU-Prominenten, hat rund 1 Milliarde Euro gekostet. Eintausend Millionen. Das 125-Fache. Dafür war Geld da.
Und es geht noch weiter:
Es gibt noch eine andere Hürde. Dabei geht es um eine Schnittstelle zu einem Programm aus den 1990er-Jahren. Es nennt sich SurvNet und gehört dem Robert Koch-Institut (RKI). Mit SurvNet werden Infektionskrankheiten an das RKI übermittelt: Masern, Pocken - aber auch Coronafälle. Damit das klappt, müssen beide Programme miteinander harmonieren. Doch genau diese Schnittstelle funktioniert nicht. Bekannt ist das Problem seit fast einem Jahr. Gelöst ist es nicht.
Um die Coronafälle an das RKI zu melden, müssen Mitarbeiter daher jeden einzelnen Namen aus Sormas per Hand in das SurvNet-Programm übertragen: Name für Name, Straße für Straße. Jede Angabe zu einem positiven Corona-Fall müssen sie noch mal abtippen. Die Ämter, die Sormas schon länger nutzen, verzweifeln mittlerweile: "Ein Termin nach dem anderen wurde gerissen und wir wissen immer noch nicht, wann die Schnittstelle endlich funktioniert", schreibt ein Amt aus Berlin.
Lächerlich. Innerhalb der Ämter kursieren bereits Verschwörungstheorien, weil pure Inkompetenz das Versagen eigentlich nicht erklären kann:
"Das Programmieren dieser Schnittstelle bricht uns das Genick", sagt der IT-Manager. Das verbrauche die meiste Energie - andere Arbeiten zur Weiterentwicklung blieben liegen.
Löbke beschreibt eine Art Katz-und-Maus-Spiel: Das RKI füge immer wieder neue Anforderungen in Survnet ein, verändere Felder - so dass die Programmierer von Sormas ständig "hinterher programmieren" müssten. Hinter vorgehaltener Hand erzählen Insider, das RKI versuche Sormas zu boykottieren, das neue Programm werde dort offenbar als Konkurrenz gesehen. IT-Spezialist Löbke hält die Architektur von SurvNet zudem für veraltet, ungeeignet für die Zwecke einer Pandemie. Der Münchner Wissenschaftler Krcmar kommt zur selben Bewertung: "Es ist, als ob sie den neuesten Porschemotor in einen alten Fiat einbauen - es bleibt ein Fiat und wird kein Porsche."
Interessant auch noch: Spahn könnte das Problem mit einem Federstrich lösen, und hätte das wohl auch das ganze vergangene Jahr jederzeit gekonnt. Warum das nicht passiert? Weiß ich nicht.
Spahn könnte das Problem lösen
Nach fast einem Jahr Schnittstellen-Chaos sieht Löbke nur einen Ausweg: Bundesgesundheitsminister Spahn müsse das RKI als untergeordnete Behörde anweisen, Corona-Meldungen direkt aus Sormas zu empfangen. Damit wäre der Umweg über SurvNet automatisch weg, das Thema Schnittstelle hätte sich erledigt.
Das Ministerium antwortete auf Kontraste-Anfrage dazu: Die Anbindung zwischen Sormas und SurvNet sei technisch umgesetzt und werde "sukzessive" ausgerollt.
Es stellt sich mir die Frage:
Wenn man im Ernstfall praktisch bei Null anfangen und alles ganz neu aufziehen muss, für was haben wir dann die Ämter all die Jahre lang aufgebaut und bezahlt?