knopper schrieb:wenn du es nicht machst, dann machen wir das mit dir bzw. dann bist du selber dran.
Wie gesagt, das mag auf manche KZ-Aufseher zugetroffen haben, aber eben bis auf absolute Einzelfälle nicht auf Stasi-Spitzel.
Das solche Leute das gerne behaupten ist normal, wie erzählt man der Mutter seines Kindes denn sonst, warum sie nach der Wende Papiere in die Hand bekommt aus denen sie ersehen kann, dass es eine "Liebe" die zu Ehe und Kind führte nie gegeben hat, sondern sie in den Berichten ihres Ehemanns als "Subjekt" auftaucht, dass "betreut" wird und dass es über jedes noch so intime Detail der Ehe und ihres Lebens ganz trockene, ausführliche Berichte über ihr Tun, Denken und Reden gibt, alle unterschrieben von ihrem "Ehemann".
Da zu behaupten "sonst hätten die mich eingesperrt" ist da das Letzte was man noch versuchen kann ehe man ne Hand im Gesicht hat (oder ne Axt im Kopf).
knopper schrieb:ja richtig. Aber eben genau das zeigt doch wieder dass diese Flüchtlinge sofort als Deutsche angesehen wurden, weil sie halt aus dem anderen Deutschland kamen...und nicht etwa aus dem Ausland.
Nicht wirklich.
Für viele Westdeutsche waren DDR-Bürger gewissermaßen "Geiseln", "Kriegsgefangene", wenn Du so willst und das erklärt auch ganz gut, warum die DDR für uns sogar weit fremder war als "Ausland".
Für uns wart ihr "Gefangene" von denen sich einige eben mit den Bedingungen arrangiert haben und die dann auch alles Recht der Welt hatten damit glücklich zu sein (auch wir wussten, dass es nicht jedem schlecht ging), dann gabs eben welche, die damit nicht leben konnten und die "rüber" wollten, bei denen war es dann selbstverständlich, dass sie "zu uns" gehören, wenn sie es schaffen und dass es jemandem schon recht ernst sein muss, wenn er mit dem was er am Leib hat flieht, dabei riskiert zu Tode zu kommen und die, die er zurück lassen muss ggf nie wieder sieht.
abberline schrieb:Wobei man bei manchen Spitzeln auch sagen muss, dass sie quasi gezwungen wurden. Zumindest hab ich das so gelesen.
Wo hast Du das denn gelesen?
Wir haben einen unserer Lehrer dazu gekriegt ne intensive Unterrichtseinheit zu dem Thema zu machen und was die Stasi-Spitzel, explizit die IMs, dann spielte Zwang in ganz wenigen Einzelfällen eine Rolle.
Z.B. wenn man jemanden der irgendwas plante bzw wusste erwischte und dem dann "Strafmilderung" versprach, wenn er dabei behilflich sei an mehr "Verräter" ran zukommen.
Das blieb aber bei diesen ganz wenigen Ausnahmen, einfach weil auch die DDR "Obrigkeit" nicht so dumm war nicht ganz schnell zu begreifen, dass Menschen so einfach nicht funktionieren.
Folter wurde in unserem Kulturkreis nicht nur abgeschafft, weil wir zu furchtbar zivilisiert sind, sondern weil man nie weiß wieviel Verlass auf Infos ist, die man unter Folter und Zwang bekommt.
Bedrohte man jemanden, dass er "ins tiefe Verlies" wandert, wenn er seine "Komplizen" nicht ans Messer liefert, dann konnte man die Uhr danach stellen, dass:
- diese Person in der Minute auf ewig abtaucht sobald sie die Chance dazu hat
- sich liebend gern ins finsterste Verlies werfen lässt ehe Vertraute ans Messer geliefert werden, allerdings nicht ohne, dass es ein Umschlang mit schönen Details der ganzen Geschichte in den Westen bzw zu den Medien des Westens gelangt (das gab dann für die, die denjenigen ja praktisch "vorgewarnt" haben statt ihn einfach einzubuchten sehr viel mehr Ärger)
- derjenige umgehend jeden Umgang zu seinen "Komplizen" abbricht und die genau wissen, dass das bedeutet, dass er erwischt wurde und sich nun erst recht so schnell als irgend davon machen, zumeist auch nicht ohne den Westmedien dann mitzuteilen, dass es einer aus ihrer Gruppe nicht geschafft hat
- die Person, die man da so clever unter Druck zu setzen meint einem eine falsche Hinhaltestory nach dem anderen auftischt und genau damit dafür sorgt, dass Zeit und Gelegenheit genug da sind um seine Komplizen und ggf ihn selbst außer Landes zu schaffen
Die Liste kann man lange fortführen, aber das Wesentliche wird klar:
all diese, für die Stasi eher ärgerlichen Ausgänge sind um ein vielfaches Wahrscheinlicher, als das jemand, der nicht für 10 Pfennig an all das was die DDR verkörpert hat glaubt mal eben sagt "Ok, ich liefere Euch jeden, der mir vertraut ans Messer und dafür sperrt ihr mich nur die Hälfte der Zeit ein und lasst ab und an ne Lampe brennen."
Wie gesagt: So funktionieren Menschen einfach nicht.
Nicht mit dem "Druckmittel" das die DDR hatte, das eben "nur" hieß "Du landest im Loch." aber eben nicht "Wir knallen Dich und Deine Familie ab."
Und die DDR Obersten auch schon sehr früh gemerkt hat, dass der Westen solche Berichte unglaublich gern und ohne jede Rücksicht fett in den Medien veröffentlicht und das gehörte zu den Dingen, die absolut nicht gewünscht waren.
Also Leute zum "Spitzeln" zu zwingen hatte stets sehr viel mehr Risiken und Nachteile als es Vorteile gab, während man von den IMs, die es einfach super fanden eine derartige Macht über alles was jemandem lieb ist zu haben und sich ganz doll über jedes "Och das hast Du fein gemacht" gefreut hat und all das so tief im nicht vorhandenen Rückgrat hatte, dass die alles und jeden verraten hätten, einfach weil sie es konnte...
Davon gab es genug, man ging kein Risiko ein, dass derjenige Interna an die Westpresse ausspuckt und wurde der Spitzel nicht erkannt und an der Nase herumgeführt, dann konnte man sich auch auf das was er an Infos liefert verlassen.
All diese Quellen, die diese Spitzel als einfach mal ehrloses Pack ausweisen ergeben einfach mal sehr viel mehr Sinn.
Das nach der Wende jeder ehemalige Spitzel behauptet hat man habe ihn gezwungen und damit gedroht ihn bis ins siebte Glied der Familie zu verfluchen wenn er nicht spurrt ist absolut nicht überraschen, aber in all den Berichten, dieser armen, armen Spitzel, die angeblich gar keine Wahl hatten und jede Nacht wach lagen, weil ihr Gewissen sie nicht schlafen ließ gibt es stets massenweise Ungereimtheiten.
Wenn die Schuld so schwer wog, warum machte man dann noch Jahrelang weiter und nahm von sich selbst immer wieder Kontakt zur Stasi auf?
Doors schrieb:Graue Häuser und Strassen mit trotzdem hüpfenden Kindern hatten wir im Westen allerdings auch.
Das ist wohl weniger ne "Ost-Sache" und auch keine "Nachkriegs-Sache", sondern so funktionieren Kinder einfach und genauso sollten sie auch funktionieren.
Ob im Schlamm der Gosse oder zwischen den Gräbern der Pesttoten.. wenn Kinder aufhören zu hüpfen, ganz gleich wie die Kulisse ist, dann hat die Menschheit mal ein echtes Problem.
Meinem Vater diente die DDR übrigens auch als Beispiel dafür, dass er mir seit ich sehr klein bin erklärt hat, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn jemand etwas "überbetont".
Wer einen Satz mit "Die Wahrheit ist..." anfängt, bei dem sollte man damit rechnen, dass er es mit der Wahrheit meist nicht so genau nimmt, oft ohne das zu merken und wenn etwas zu heftig betont wird, dann stimmt was nicht.
Da war ihm die "Deutsche
Demokratische Republik" ein gutes Beispiel, dass mich auch recht früh erkennen ließ, was ich von der "
Volksrepublik China" zu halten habe
:)