martenot schrieb am 28.12.2020: Dazu kommen die Gerüche, das Fühlen von Wind, Regen, Wärme oder Kälte, etc. Auch die Schattenseiten gehören zum Reiseziel dazu (Schäbiges, Langweiliges, zu heiß, zu kalt, etc.)
Ich finde halt auch so Kleinigkeiten super ... meine Eltern saßen immer nur daheim rum. Als ich klein war, machten wir noch Tagesausflüge, aber irgendwann zogen pflegebedürftige Angehörige ein und ich saß wirklich ein Jahrzehnt "daheim fest". Ich bin dann früh ausgezogen und habe so auf dem Existenzminimum gelebt, dass Urlaub (sogar eine Zugfahrt in die Nachbarstadt) nicht drin waren. Ich habe mir immer wieder billige Fahrräder gekauft - die aber auch immer wieder gestohlen wurden.
Irgendwann hatte ich zu Studizeiten dann so viele Rücklagen, dass ich mir einen Sommerjob in Schottland suchen konnte. Ich hatte ja nicht viel Reiseerfahrung ... aber das war so schön. Ich wohnte bei einer schottischen Familie, die sich schon beömmeln konnten, dass ich jeden Tag nach der Arbeit ans Meer ging ... ich war so fasziniert von einem Stück Strand - den anderen Vögeln, dem Rauschen des Meeres. Daher kann ich dich da sehr gut verstehen.
Ich mag am Reisen auch, andere Leute in ihrem Leben zu besuchen ... ich fahre heute noch immer supergerne nach Schottland und wir sind oft da (auch, weil meine Kinder nun alle in der Schule Englisch lernen, wir Anknüpfungspunkte haben = Freunde und Bekannte). Es sind dann auch 1000 Kleinigkeiten, die ich echt schön finde ...
martenot schrieb:Aber spätestens dann, wenn ich kaum noch vor die Haustür darf (wie aktuell in Bayern), dann fühle ich mich wirklich eingesperrt, und auch wenn ich die Notwendigkeit einsehe, geht es mir trotzdem nicht besonders gut damit.
So habe ich auch gedacht, allerdings habe ich mir konsequent eine Liste mit Dingen geschrieben, die praktisch vor meiner Haustür liegen und wo ich noch nie - oder schon sehr lange nicht mehr wahr, weil sie so nah sind, dass man das Gefühl hat, man kann sie immer machen - und dann doch nie macht ... Es war ein echt schöner Sommer, in dem ich so viele schöne Ecken entdeckt habe. Von daher auch wieder eine Bereicherung.
Mir mach die Ausgangssperre um 20 Uhr viel mehr zu schaffen - ich drehe nämlich abends gerne noch eine Runde, vorm Schlafengehen und da fühle ich mich echt doof. Klingt sehr doof, habe aber wirklich schon überlegt, ob ich den Nachbarn bitte, ob ich den Hund abends ausleihen darf ... (falls der Lust hat).
Hornisse schrieb:Mir fehlt auch mein Sommerurlaub.. , das Meer... die Luft... das Klima.. usw. daran zehrte ich immer für das restliche Jahr.
Mir haben die Erlebnisse gefehlt, auch die kulturellen Erlebnisse. Wir schauen im Urlaub immer, dass wir viel Neues erleben und oft bekomme ich da neue Impulse und Ideen, google noch Fragestellungen - schon im Vorfeld setzen wir uns viel mit den Möglichkeiten auseinander. Das hat mir auch gefehlt. V.a. ist es mir in dem Sommerferien nicht jeden Tag gelungen, was Sinnvolles zu machen - es hat auch eine Woche viel geregnet, da haben wir einfach gegammelt - war vom Erholungswert nicht so toll.
V.a. habe ich vermisst, aus meinem getakteten Leben und der Struktur auszubrechen - sonst sind wir eben einfach "nicht da". Dieses Mal war es eben so, dass die betagten Nachbarn uns baten, zu helfen, den Kirschbaum abzuernten, etc. So hatten wir für viele Tage doch ein gesetztes Programm und wenig richtige "Freizeit".
Hornisse schrieb:Letztendlich aber soll uns diese Pandemie sagen.... das wir so nicht mehr weiter machen dürfen.
Mein Gewissen ist ziemlich rein - obwohl ich immer locker vier Wochen oder länger Urlaub mache. Aber wir gehen zelten, kochen selbst (würden wir daheim auch machen), gehen in Frankreich viel auf Wochenmärkte und unterstützen so die lokalen Bauern, .... Wir brauchen weder viel Platz noch Infrastruktur ... daher ... ich denke, wir können so wirklich weitermachen.
martenot schrieb:Ich baue oft eine emotionale Bindung zum Reiseland auf, die über längere Zeit bestehen bleibt.
So geht es mir auch ... ich liebe Schottland und die gesamte englische und britische Kultur und Geschichte. Ich lese dann auch total viel nach, etc.