@Luceindra Mir hat man auch mal so etwas vorgeworfen (übrigens jemand, den ich nur vom Sehen her kannte!). Dabei hatte ich damals das Problem, dass ich mir Gefühle nicht leisten konnte. Ich war gezwungen, mein Inneres für mich zu behalten, um überhaupt irgendwie durchzukommen. Und auch heute noch bin ich extrem misstrauisch und kann mich nur öffnen, wenn ich sicher weiß, das man mir keinen Strick daraus drehen wird. Das ist bei nur ganz wenigen Menschen der Fall.
Ob das bei dir ähnlich ist, kannst natürlich nur du wissen. Vielleicht bist du ja wirklich so gestrickt, dass du nicht zu besonders heftigen Emotionen neigst. Vielleicht sind/waren deine Eltern und Großeltern auch schon so. Na und? Jeder Mensch ist eben anders, auch in seinem Gefühlsleben.
Wie es um die Beziehung zwischen dir und deinem Freund steht, geht deinen Kumpel vom Balkon überhaupt nichts an. Er muss sich eben damit abfinden, dass ihr als Paar anders wirkt, als er es gewohnt ist. Wenn er das nicht kann (obwohl es ihn ja gar nichts angeht), ist das eben sein Problem und nicht deins. Wenn es ihm aber doch noch gelingen sollte, dein (in seinen Augen) nicht-konformes Verhalten zu akzeptieren, dann hat er etwas an Toleranz gelernt.
Ich glaube, du hast das Problem vor allem, weil du eine Frau (oder ein Mädchen) bist. Männern gesteht unsere Gesellschaft viel eher zu, dass sie ihre Gefühle für sich behalten. Mir persönlich sind übrigens solche Menschen sympathischer als die, die immer über-emotional reagieren, denn letztere empfinde ich oft als anstrengend. Außerdem verlangen Menschen, die selbst nicht zu viel von sich preisgeben, auch seltener, dass man es selber tut, und akzeptieren eher die Distanz, die man (noch) wahren will. Weil sie selbst ihre Distanz brauchen.
Was deine Bücher und Kette betrifft: Kann es sein, dass du um die so sehr trauerst, weil du damit Stunden verbindest, in denen du ganz allein entscheiden konntest, ohne dass dich jemand deswegen kritisiert hat? Zum Beispiel, welches Buch du liest, oder was du mit deinem Restgeld machst? Vielleicht fühlst du dich durch deine Umwelt zu stark eingeengt, wenn du dich sogar für deine Gefühle oder nicht-vorhandene-Gefühle rechtfertigen musst.
Dabei besteht für eine solche Rechtfertigung überhaupt kein Grund. Du bist eben, wie du bist, und selbst, wenn du es versuchen würdest, würde es dir nicht gelingen, dich nach den Wünschen deiner Freunde umzukrempeln. Das tun die schließlich auch nicht. Wozu auch? Du bist so in Ordnung wie du bist. Es gibt niemanden, der jedem gefällt. Dafür gibt es aber zig andere Leute, die so ähnlich ticken wie du.