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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

43 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Depressionen, Psychisch Krank ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:05
Stellt euch vor jemand würde zu einem Querschnittsgelähmten sagen: "Steh gefälligst auf! Du kannst sehr wohl laufen. Du bist ja selber schuld wenn du es nicht versuchst". So eine Äußerung wäre gegenüber einem Querschnittsgelähmten äußerst dumm, respektlos und verletztend. Oder nicht?

Was mich nun so enttäuscht ist, dass man noch heute im Jahr 2015 kaum jemanden trifft, der versteht, dass man auch psychisch einen irreparablen Schaden nehmen kann, der einen vollkommen lähmt. Wenn hier z.B. jemand offen frustriert ist, oder sich negativ über bestimmte Dinge äußert heißt es gleich: "Du hast keinen guten Bezug zu dir selbst", "Du musst nur wollen, dann kann man alles ändern" "Denk doch nicht so negativ!" usw. Aber diese Aussagen klingen für einen psychisch kranken genauso wie es für einen Querschnittsgelähmten klingt wenn man ihm sagt er möge doch bitte aufstehen. Häufig folgt dann noch Sarkasmus um denjenigen weiter zu provozieren. Das ist auch das gleiche als würde man einen Querschnittsgelähmten mit seiner Behinderung aufziehen.

Aber das checken die Leute nicht. Sie meinen wenn jemand frustriert oder deprimiert und entmutigt, vielleicht sogar schon zynisch und Menschen ablehnend ist, dann ist er selber schuld, könnte das jederzeit problemlos ändern und muss noch weiter aufgezogen und fertig gemacht werden damit er merkt wie scheiße er ist.

Mal ganz ehrlich: Was soll das?


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:12
Zitat von jimmy82jimmy82 schrieb:Sie meinen wenn jemand frustriert oder deprimiert und entmutigt, vielleicht sogar schon zynisch und Menschen ablehnend ist, dann ist er selber schuld, könnte das jederzeit problemlos ändern und muss noch weiter aufgezogen und fertig gemacht werden damit er merkt wie scheiße er ist.
eben, betreffende wollen oft sogar, geben aber schnell auf weil man nur akzeptiert wird wenn man in die Masse passt..


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:13
Sarkasmus kann auch gutes hervorbringen, sprich eigdl. stecken dahinter in der Regel gute Absichten, auch wenn das nicht jedermann gleich auf Anhieb bewusst wird.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:21
Wovon soll man ausgehen?
Wissen die zynischen Leute, ob derjenige psychisch krank ist oder nicht?


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:23
Es hat sich in punkto psychische Krankheiten sehr, sehr viel getan. Das muss man auch mal festhalten. Leider gibt es immer noch viele Bereiche, in denen die Menschen kein Verständnis aufbringen können: Das gilt noch für Depressionen, aber beispielsweise auch für Phobien und ähnliches. Es ist eben für Außenstehende kaum vorstellbar, wie sich ein psychisch kranker fühlt. Bei körperlichen Erkrankungen kann man sich meist irgendwie den Schmerz vorstellen und auf sich selbst projizieren.

Trotzdem: Wir haben in dieser Gesellschaft sehr große Fortschritte gemacht - sowohl was Behandlungen als auch eine größere Akzeptanz anbelangt.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 21:32
Zitat von jimmy82jimmy82 schrieb:Stellt euch vor jemand würde zu einem Querschnittsgelähmten sagen: "Steh gefälligst auf! Du kannst sehr wohl laufen. Du bist ja selber schuld wenn du es nicht versuchst". So eine Äußerung wäre gegenüber einem Querschnittsgelähmten äußerst dumm, respektlos und verletztend. Oder nicht?
„Dumm" trifft es in der Tat sehr gut. Unwissend gar engstirnig, müsste man annehmen. :ok:

„Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht."


So oder so ähnlich verhält es sich auch mit der Sorte Mensch, die keinerlei Verständnis für solcherlei Erkrankungen aufbringt/aufbringen möchte. Mitunter konservativ eingestellte Menschen, die sich vermutlich nie mit einem solchen Krankheitsbild/mit einer solchen Thematik befassen/auseinandersetzen mussten und sich dementsprechend auch nicht wirklich auskennen.
Ich kenne dieses Verhalten selbst zu Genüge und muss sagen, dass es ziemlich anstrengend sein kann, sich dauernd rechtfertigen zu müssen. Irgendwann ist man es Leid und nimmt es hin bzw. meidet jene Menschen, welche einem nicht gut tun.

Das Traurige ist, dass manche Menschen so engstirnig sind, dass sie es sich nichtmals erklären lassen wollen, in keinster Art und Weise. Sie haben Recht und man selbst soll sich nicht so anstellen, sondern 'mal etwas schaffen, seinen Hintern hochbekommen etc. (Bspw. Depressionen)

Unwissenheit gepaart mit Unverständnis.

P.S.: Ich kenne/kannte viele Menschen, die sehr wohl Verständnis aufbringen konnten und vorallem wollten; aufgeschlossene Menschen.

:ok:


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 22:31
Zitat von jimmy82jimmy82 schrieb:Sie meinen wenn jemand frustriert oder deprimiert und entmutigt, vielleicht sogar schon zynisch und Menschen ablehnend ist, dann ist er selber schuld, könnte das jederzeit problemlos ändern
Das sind aber doch alles keine psychischen Krankheiten. Was du aufzählst, kann wirklich jeder an sich selbst verändern. Psychische Krankheiten sind dagegen nicht nur "reine Kopfsache".


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

10.06.2015 um 23:19
@jimmy82
Das Problem ist zu unterscheiden was tatsächlich psychisch krank und was pure Faulheit Unlust und motivationslosigkeit ist.
Grade im Internet gibt es viele kiddis die denken Sie sind Selbstmord gefährdet weil ihr freund sie verlassen hat oder Sowas und das sie nicht mehr leben wollen.
Schwupp nen Monat später haben sie nen neuen und sind "4eva2getha" .
Klar soll man nicht alle über einen Kamm scheren, dass ist das selbe Spiel wie wenn man sagt alle Ausländer sind böse, alle deutschen sind Nazis und alle Amis fett.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 01:22
Es herrscht ja schon Unverständniss, wenn jemand mit den Anforderungen des Alltags in dieser Gesellschaft nicht klar kommt. Probleme werden da halt individualisiert und für jedes Problem bist du selbst verantwortlich und musst dir Ratgeber besorgen.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 05:36
@jimmy82

in deinem beispiel ist ein kleiner denkfehler.
der querschnittsgelähmte, ist von seinem wesen, sozial gerecht zu seinen mit menschen aber der psychisch erkrankte verhält sich auf grund seiner erkrankung, nicht sozial gerecht.

dieses verhalten verursacht bei anderen menschen eine abwehrreaktion und eben dieses feindliche verhalten gegen über den psychisch erkrankten, ist das ergebnis.

das verhalten beruht nicht auf dummheit sondern auf ein konflikt der erst aufgelöst werden muss.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 07:19
Ich denke, das große Problem an psychischen Erkrankungen ist, dass man diese nicht sieht. Sich der "Gesunde" auch nichts darunter vorstellen, wie es dem Erkrankten denn geht.

Ich bleib jetzt mal bei dem Beispiel mit dem Querschnittsgelähmten. Den sieht man und jeder weiß, dass er nicht aufstehen kann, nicht gehen kann.
An einen Stuhl gefesselt zu sein, darunter kann man sich etwas vorstellen. Das kann man nachvollziehen, wenn man möchte bis zu einem gewissen Grad auch "nachspielen".

Eine psychische Erkrankung ist nicht greifbar. Man sieht das Gebrechen nicht. Man kann sich einfach nicht in den Gegenüber hineinversetzen.
Da es sich um eine nicht greifbare Erkrankung handelt mit sichtbaren Einschränkungen, fallen leider oft solche Sätze wie "mach doch mal" oder "so schwer ist das doch nicht", etc.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 07:50
Könnte auch daran liegen dass es eine Hand voll Diagnosen vom Hausarzt hinterhergeworfen gibt wenn man mit "eindeutigen" Symptomen kommt.
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Es herrscht ja schon Unverständniss, wenn jemand mit den Anforderungen des Alltags in dieser Gesellschaft nicht klar kommt. Probleme werden da halt individualisiert und für jedes Problem bist du selbst verantwortlich und musst dir Ratgeber besorgen.
Naja wenn ich von einem Job überarbeitet bin bringts nix 1 Jahr lang rumzujammern, 2 Wochen zur Kur zu fahren und sich dann wieder 3 Jahre bis zur nächsten Kur durchzubeißen. Selbst geschaffenes Problem.

Ich hab die Erfahrungen gemacht dass auch viele Leute welche angeblich Depressionen haben oder Burn out o.Ä. sich teilweise Probleme selbst geschafft haben und diese dann als Ursache dieser "Erkrankungen" ansehen. Ist mMn eigentlich ein heftiger Arschtritt für Jeden mit einer wirklichen erheblichen Einschränkung und überhaupt nicht mit einer physischen Einschränkung zu vergleichen.

Einer ist unzufrieden mit seinem Leben und ein anderer hat nur noch ein Bein. Hmm.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 08:18
@jimmy82

Ich würde das nicht so pauschal beantworten.

Jeder Mensch ist anders und hat auch etwas andere Probleme.
Und zum Teil ist es tatsächlich so, dass die Leute selbst Schuld sind an ihren Situationen, an psychischen Schwierigkeiten und so.

Denk beispielsweise an jemanden, der als Jugendlicher nur ständig Party gemacht und nichts gelernt hat und dann in einem Job landet, der gering bezahlt wird oder den er nicht mag. Oder er dauerhaft arbeitslos wird.
Ich hab das schon häufiger gehört von Erwachsenen, wie die gesagt haben:,,Wäre ich mal lieber weiter zur Schule gegangen/hätte ich mal lieber mehr in der Schule gemacht...".


Ebenfalls ist es auch richtig, dass man eine Menge eigenen Einfluss auf seine Situation hat.

Nimm zum Beispiel eine depressive Situation:

Wenn du den ganzen Tag nur rumsitzt und dir denkst:,,Alles Scheiße, besser wird`s auch nie, ich kann nichts, keiner mag mich, bestimmt platzt gleich noch das Rohr im Bad und es steht alles unter Wasser...", dann zieht dich das immer mehr runter.
Dann kommst du da nicht raus.

Und es kann niemand mit dem Finger schnippen und bang, sind deine Sorgen, deine depressiven Verstimmungen weg.

Man kann dir nur helfen, dir selbst zu helfen!

Aber deine negativen Gedanken anhalten, dich bewusst auf positivere Dinge konzentrieren, damit die dein Denken bestimmen und du dich schließlich besser fühlst, das kannst nur du selbst, niemand sonst.
Da gibt es auch kein Medikament für, welches das für dich erledigt.


Ich stimme zu, dass man auf psychisch Kranken nicht rumhacken und sie fertigmachen sollte!


Je nach Situation und Typ kann es aber absolut sinnvoll sein, einen mal, metaphorisch gesehen, bei den Armen zu packen, zu schütteln und zu sagen:,,Beweg mal deinen Arsch!"

Ob das gut oder schlecht ist, hängt vom jeweiligen Menschen ab.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 08:40
@Kc
na da hast Du aber offensichtlich wenig Ahnung von psychischen Erkrankungen.......was Du beschreibst als Arsch hochkriegen, selbst etwas ändern etc. funktioniert so nicht unbedingt, sonst wäre der Betroffene erst gar nicht so weit gekommen und "selbst schuld" zu sein, an einer psychischen Erkrankung, ist wirklich anmaßend, ganz ehrlich. Eine psychische Erkrankung hat erst einmal nichts damit zu tun, dass man nicht das Leben hat, was man sich erträumt hat aber die Träume nicht umgesetzt hat, dann gäbe es ja noch mehr psychische Erkrankungen.
Du hast eine sehr oberflächliche und vereinfachte Sichtweise, vielleicht solltest Du Dich mal mit psychischen Erkrankungen (und derer gibt es viele) etwas mehr befassen. Denn genau solche Meinungen wie Deine sind ja das Problem, um das es hier geht.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 09:02
@Tussinelda
Dieses "Spiel nicht mit der Psyche, denn sonst spielt sie mit Dir!"-Ding, kann halt nur nachvollziehen, wer sich intensiv damit beschäftigt hat, oder wer betroffen war, oder ist.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 10:06
@Tussinelda

Ich verstehe deine Einwände ehrlich gesagt nicht.

Ich habe ganz klar geschrieben, dass es viele Formen psychischer Schwierigkeiten gibt und auch viele unterschiedliche Typen Mensch.

Es gibt Typen, die können mit einer klaren Ansage weitaus mehr anfangen, als mit einem freundlichen Kopfstreicheln oder langen, tiefsinnigen Gesprächen.
Die brauchen Struktur, die brauchen einen angemessenen Schubs.

Das hat nichts mit Arroganz oder Oberflächlichkeit meinerseits zu tun, sondern mit angemessener Differenzierung.

Was machst du denn, wenn meinetwegen die Idee ,,schreib ein Erfolgstagebuch", etwas, was häufig bei depressiven Verstimmungen empfohlen wird und definitiv hilfreich ist, bei einer Person nichts bringt, weil die nicht der Typ dazu ist?
Einfach nochmal empfehlen:,,Schreib ein Erfolgstagebuch"?

Nein, ich denke, du änderst dann dein Vorgehen, deine Empfehlungen, deine Behandlungsweise. Jedenfalls wenn du ein guter Seelsorger, Psychiater oder auch nur Berater bist.
Aus Prinzip an einer Behandlungsform festhalten, die offenbar keinen Erfolg hat, ist Unsinn.


Tatsache ist, dass kein anderer Mensch mit den Fingern schnipsen kann und psychische Leiden einfach weggeblasen sind.
Auch die bloße Gabe von Drogen, die zur Stimmungsaufhellung beitragen sollen, halte ich für eine suboptimale Lösung.
Damit unterdrückt man nur die Leiden oder ihre Symptome.

Will man jemandem wirklich helfen, muss man ihm helfen, sich selbst zu helfen.

Ich kann, wenn jemand zu mir kommt und sagt, er habe Angstzustände, diese nicht wegzaubern. Ich kann mich mit ihm unterhalten, ich kann versuchen, mit ihm gemeinsam angemessene Lösungen zu entwickeln, um diese Ängste in den Griff zu kriegen.

Überwinden kann er die aber nur selbst, innerlich. Nur er selbst kann sich freimachen.
Wenn er dazu nicht bereit ist und das nicht schafft, kann ich mir den Mund fusselig reden und erreiche trotzdem nichts, Unterstützungen und Behandlungen bringen nur was, wenn der Hilfesuchende oder Patient mitarbeitet.
Andere Wege gibt es da nicht.

Und je nachdem, was für ein Typ der Hilfesuchende ist - das muss man beachten, rausfinden, analysieren - kann es auch sinnvoll sein, einen Angstzustand durch Konfrontation zu beenden.
Die Person, die sich vor dem Wasser fürchtet, an die Hand nehmen und sagen:
,,Komm, wir gehen jetzt mal an den See, da gibt`s eine klare, seichte Stelle, da gehen wir jetzt mal rein und ich zeige dir, dass du keine Angst vor dem Ertrinken haben musst."


Oder wenn eine Arachnophobie vorliegt, wird diese auch gerne mal dadurch behandelt, dass man unter kontrollierten Umständen die Betreffenden mit ruhigen Vogelspinnen zusammenbringt, damit diese ihre Furcht überwinden.
Das denke ich mir nicht aus :D


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 12:08
@jimmy82

Nachdem ich Jahrzehntelang in der Verlagsbranche mit wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Psychologie/Psychiatrie befasst war, habe ich nach Ende meiner Tätigkeit für meinen Arbeitgeber, einen multinational operierenden Wissenschaftsverlag, umsatteln müssen und arbeite seit über einem Jahr in einer psychiatrischen Einrichtung als "Betreuer". Nach der Theorie also die Praxis. Das ist, wenn man so will, keine medizinisch-therapeutische Aufgabe, sondern nur so eine Art "Dasein" für die Patienten/Klienten, als Ansprechpartner, Zuhörer, Vermittler. Wenn man so will, eine Art Telefonseelsorger ohne Telefon und ohne Theologie. Demnächst beginne ich eine Ausbildung als Demenzbetreuer. Man ist nie zu alt, um noch dazu zu lernen.

Vor Beginn meiner Tätigkeit haben mich viele Leute gewarnt: Uh, ist das nicht gefährlich, verantwortungsvoll, anstrengend etc. Ja, verantwortungsvoll sicherlich, aber die beiden anderen Punkte treffen, jedenfalls auf Basis meiner bislang gemachten Erfahrungen, keinesfalls zu. Der "Irre", im (mediengestützten) Vorurteilsbild von vermeintlich psychisch Gesunden ist entweder so eine Art Axt schwingender Shining-Hauptdarsteller, ein Depressiver, den man dauernd irgendwo abschneiden muss oder ein apathisches, zugedröhntes Medikamentenwrack. Ja, dass kann er/sie auch sein - aber die Regel ist das nicht. Ich habe im Laufe meines Lebens noch nie so geballt interessante Menschen mit aufregenden, beeindruckenden, oft auch erschreckenden Lebensgeschichten kennen und schätzen gelernt.

Ich habe mich einfach über meine eigenen Vorurteile hinweg gesetzt und bemühe mich, unabhängig von tatsächlich oder angeblich selbst- oder fremddiagnostizierten "Störungen", den Menschen zu sehen. Und der ist zunächst einmal so ganz normal verrückt wie alle anderen auch. Natürlich habe ich Einblick in die Krankenakten - weigere mich aber, mir diese anzusehen, um eben genau keine vorgefassten Bilder und damit auch Vorurteile im Kopf zu haben: Ach, Herr A. ist depressiv, Frau B. ist suchtkrank, Herr C. hat Halluzinationen, Frau D. ist Borderlinerin usw. Zack, ab in die Schublade! Für mich sind sie alle in erster Linie vollwertige Gesprächspartnerinnen, mit denen ich so umgehe, wie ich mir wünschen würde, dass man mit mir umgehen würde, wenn ich in der ungewohnten, na gut, für einige durchaus gewohnten, Umgebung einer psychiatrischen Fachklinik sitzen müsste.

Die Störung/Erkrankung thematisiere ich nur, wenn mein Gesprächspartner dies will: "Letzte Nacht waren da wieder diese Stimmen im Kopf!" Dann sind für mich diese Stimmen, die mein Gesprächspartner hört, zunächst einmal so real wie für ihn. Wenn sie ihn beschimpfen, ihn zu bestimmten Handlungen drängen, dann gehe ich damit so um, als würde ihm jemand "reales" das sagen. Wie gesagt: Ich bin nur Gesprächspartner, kein Therapeut. Daher habe ich auch keine Planvorgaben, keine Therapien, keine Bewertungen vorzunehmen oder zu absolvieren. Ich bin einfach nur der nette ältere Herr, der zuhört, Fragen stellt, Ratschläge gibt - ganz so, wie ich es bei jemandem "draussen" auch täte.

Jeder von uns kann auf Grund besonderer Lebensumstände psychische Probleme bekommen. Heute Du, morgen ich. Möchte man dann komisch angesehen und ausschliesslich auf seine Erkrankung reduziert werden?


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 12:21
Meine Mutter ist so eine. Sie reduziert meine aus der Depression hervorgehende Antriebslosigkeit auf reine Faulheit und behandelt mich auch entsprechend. Immer wenn ich mit ihr telefoniere oder so, dann krieg ich immer dieselbe Leier zu hören. "Du musst arbeiten, du musst arbeiten, du musst arbeiten."
Es geht einfach nicht in ihren Schädel, daß ich nicht umsonst berentet bin und keinen Job lange behalten würde.
Sie meinte vor ein paar Wochen auch zu mir daß ich sie gar nicht mehr zu besuchen brauche, bevor ich nicht irgendeine Arbeit hab. Nur darum geht es ihr. Sie meint mich dadurch unter Druck setzen zu können, aber das funktioniert bei mir nicht. Hat es nie und wirds auch nie.

Mein Stiefvater, zu dem ich aber glücklicherweise keinen Kontakt mehr habe, ist noch schlimmer. Er ist doch allen Ernstes der Ansicht, daß man Depressive wie mich einfach nur "in Arbeit prügeln" muss, weil die alle eh nur faules Pack sind, welches dem Staat auf der Tasche liegt.

Intoleranz und dergleichen gegenüber psychischen Krankheiten habe ich schon viel mitbekommen und erleben müssen, davon hab ich fürs Leben genug.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 12:49
@El_Gato
Dito. Es ist sehr traurig zu spüren und zu hören, dass man leider oft für andere Menschen nichts wert ist, solange man deren Erwartungen nicht erfüllt. Und das ist sehr oft die Arbeitsleistung die da erwartet wird. Ich war auch eine zeitlang arbeitsunfähig, sogar "offiziell" durch Amtsärzte und -psychologen bestätigt. Hat meinen Vater einen Scheiß gejuckt, denn "man arbeitet solange, bis sie einen mitte Füße zuerst raus tragen". Er hat in der Zeit nicht mit mir geredet und vielen Leuten erzählt, wie sehr er sich für mich schämt.

Das ist Jahre her. Wir sind mittlerweile wieder sehr sehr eng miteinander und es tut ihm auch leid...aber damals hat mich das schon sehr getroffen. Ich meine, ich habs doch nicht absichtlich getan! Mir ging es sehr sehr schlecht und es war teilweise schon ein Krampf mich zur Toilette zu quälen. Wie festgeklebt, nichts, rein gar nichts, ging. Da fühlt mich sich ja eh schon beschissen. Wenn man dann noch die Schande der Familie ist und ständig über einen hergezogen wird, macht es das alles nicht einfacher.


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Fehlendes Verständnis für psychisch Kranke

11.06.2015 um 12:53
@so.what

Das ist ja übel. Kann dich aber voll und ganz verstehen. Meine Mutter hat das zwar nie so gesagt, aber die Message war immer "Du bist nichts wert, weil du nicht arbeitest". Ich hab ihr das immer vorgeworfen, sie stritt das natürlich ab. Aber was soll ich denn sonst denken, wenn mir gesagt wird:

"Ich geh den ganzen Tag arbeiten während du auf der faulen Haut liegst"?

Da ist die unterschwellige Botschaft eben, daß man nichts wert ist weil man keine kapitalistische Arbeitsdrohne ist die Leistung erbringt.


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