NordicStorm schrieb:Im gegensatz zu damals, hört man hier gut realistisch nachgestellte Töne von Gewehren, Grananten, Flaks, Sterbenden Leuten, spritzendes Blut.
Man sieht Leichen, voll Blut, manchmal auch zerrissen oder ekelhaft zurichtend.
Diese ganzen Sounds, wirken um unterbewusstsein auf die Psyche.
Es ist also zu real und sollte daher unter Verschluss bleiben?
Das halte ich für zweifelhaft, weil es den Eindruck macht, dass man sich selbst davor schützen will, sich letztlich mit den realen Vorbildern auseinandersetzen zu müssen.
Mittlerweile haben wir die Informationsquellen, um eben nicht mehr alles hinter verschlossenen Türen zu verstecken.
So kann man jetzt anschauen wie Kinder Kopfüber von der Decke hängen und ausgepeitscht werden, oder wie sich Menschen auf offener Straße verprügeln, oder gar wie jemand erschossen wird.
Aber eben weil wir solches Bild- und Videomaterial mittlerweile aus aller Welt abrufen können und dadurch ganz neue Abgründe menschlichen Verhaltens vor Augen geführt bekommen, so meine ich, dass man sich damit früher oder später auch auseinandersetzen muss.
Es ist ein qualitativer Unterschied, ob man in einem Artikel die Zeile, "Heute wurden in <blah> 34 Menschen auf offener Straße erschossen." liest oder ob man dazu noch ein Bild sehen kann, wie die Schützen die Waffe ansetzen oder ob man gar ein ganzes Video mitsamt Tötungsszene anschaut.
Das sind drei Stufen, die beim Beobachter immer mehr emotionale Reaktionen hervorrufen.
Eine vierte wäre wohl erreicht, wenn man hautnah dabei ist und unfreiwillig Augenzeuge wird.
Es mag im ersten Moment vielleicht etwas makaber wirken, aber wir haben gewissermaßen den Luxus uns freiwillig damit zu befassen, in einer Art und Weise, die bisher nicht möglich war.
Dahingehend kommt auch zurecht etwas Sorge auf hinsichtlich dem Aspekt der Gewöhnung, aber in welcher Hinsicht?
Gewöhnung an die Inhalte ist natürlich, weil man sich zunehmend weniger wundert, je öfter man es vor sich hat. Dabei reden wir aber von den bloßen Darstellungen und noch nicht den emotionalen Reaktionen, die im Hintergrund ablaufen.
So konnte ich mich genauso daran gewöhnen, dass halbnackte Frauen mit ihren Exkrementen herumferkeln, ohne das Ekelgefühl zu verlieren. Es ist nur nicht mehr so überraschend, weil ich ja nun schon weis, dass solches Bildmaterial existiert und die anfängliche Verwunderung über dessen Existenz zwangsläufig verschwinden musste.
Aber ich bin mir völlig unsicher, ob es so einfach ist, die natürliche Hemmschwelle auf emotionaler Ebene so einfach zu brechen bzw. zu entwöhnen. Ich erinnere mich an amerikanische Versuchsreihen, in denen ballerspielenden Kindern unter professioneller Anleitung die Möglichkeit gegeben wurde, eine echte Waffe abzufeuern und die Kurzen reihenweise heulend zu ihren Eltern gerannt sind, weil ihre durchs Spiel geprägte Erwartungshaltung völlig fehlerhaft war.
Selbst die bestmögliche Simulation kommt noch nicht an die Realität heran.
Realität dagegen ist, dass man mit einer Waffe (oder einem zu einer Waffe umfunktionierten Gegenstand) augenblicklich ein Menschenleben beenden kann. Und ich kann offen sagen, dass ich schon gerne einmal unter Anleitung eine Handfeuerwaffe abfeuern würde, einfach um allen Simulationen einen Vergleichswert entgegensetzen zu können und auch einmal meine reale emotionale Reaktion darauf zu beobachten, nachdem sich das Adrenalin gelegt hat.
Ich kann es nun natürlich nicht belegen, aber bei aller Beschallung und allen Videos etc. die wir täglich abrufen und konsumieren, kann ich mir nicht vorstellen, dass man der Überraschung der Realität mit visuellem Material allein vorgreifen könnte.
Aber selbst wenn dies nachweislich so sein sollte, dann sind doch nicht weniger in der Pflicht, uns genau damit auseinanderzusetzen und eine Diskussionslandschaft zu erschaffen, in der man mal offen darüber sprechen kann?
Bisher sehe ich ja nur "Ja, aber es könnte ja jemand Schaden davon tragen.", aber wenn jemand ernsthaft anfällig ist, dann passiert der Knall so oder so bzw. wenn nicht durch dieses Spiel, dann eben vielleicht durch ein Video, ein anderes Spiel, oder sonst etwas.
Ich sehe einfach keine Besserung dadurch, dass man dabei verharrt, es als gefährlich oder potentiell verstörend zu deklarieren und dann mit Empörung, Totschweigen und Wegsperren darauf zu reagieren.
Das selbe haben wir doch auch immer, wenn es um immer früher einsetzende Pubertät und die sexuelle Aufklärung geht. Es ist doch für Hormonspiegel des Kindes völlig egal, ob die Eltern Sex mit 13 für zu jung halten. Und es ist doch Schwachsinn, das Kind dann mit einem Verbot abzuspeißen, sich selbst zu überlassen und dann hinterher allem möglichen die Schuld zu geben, weil man nicht realisiert oder zugeben will, dass man sich nicht selbst gekümmert hat.
Wo ist da der Unterschied dazu, dass man jemandem (ob Kind oder Erwachsenem) irgendeine Sorte Spiel verbietet und ihnen anschließend wieder den Rücken kehrt, während sie verwirrt von ihrem PC sitzen?
Die bösen Comuterspiele oder Marylin Manson Platten haben sie verstört... na klar...