feklah schrieb:Glaubst du nicht, die Deutschen hätten gegen Italien gern mehr Ballbesitz gehabt?
Glaubst du nicht, dass es auch um die Reife der Spieler geht. Um die eigene Ruhe und natürlich die Erfahrung?
Das glaube ich in der Tat nicht. Ich glaube Ballbesitz war nicht unbedingt der taktische Faktor, auf den es Jogi Löw ankam. Eigentlich interessiert der Ballbesitz auch keine Sau. Die Spiele werden nach Toren entschieden und nicht nach Spielanteilen. Einer der wenigen trainer, deren Philosophie diesen Zirkel quadriert, ist eben Pep Guardiola, dessen Fußball auf einem stabilen und sehr flexiblen Spiel mit dem Ball beruht, häufigen Läufen in den freien Raum, ständiger Bewegung im Spiel und einer hohen taktischen Anpassungsfähigkeit der Spieler sowie höchster technischer Qualität. Zumindest bei Barcelona verzichtete man um diese Spieler stellen zu können, häufig auf die Anwesenheit körperlich robuster Spielertypen, was vor der Ära Tiki-Taka eigentlich undenkbar gewesen wäre. Es gab da immer einen Abräumer im Mittefeld und eine Art 10, die im offensiven Mittelfeld das Spiel machen musste. Im Rahmen des modernen Fußballs wurde damit Schluss gemacht, und unter Guardiola musste ein defensiver Mittelfeldspieler Spielmacher sein (was allerdings ein allgemeiner Trend war) und vor allem die Fähigkeit besitzen sich ins Aufbauspiel mit einzubeziehen. Die Ära des Kurzpasses und des Possessionplay mit absurden Ballbesitzstatistiken, und extrem hoher Passgenauigkeit. Das hat Guardiola seinen Bayernspielern eingepflanzt, und das vergessen sie natürlich auch in Brasilien nicht. Und für mich war genau das auch der entscheidende Faktor, der dazu beitrug, dass die Nationalmannschaft in diesem Wettbewerb anders als in den vielen zuvor hohe Ballbesitzzahlen erspielen, und so nach einem 1:0 auch Ball und Gegner laufen lassen konnte.
Natürlich sind die Spieler auch gereift. Aber das wiederum hängt auch damit zusammen dass beispielsweise Özil, Khedira und Schürrle aus der Bundesliga in ausländische Spielklasse gewechselt sind, wo sie neue Erfahrungen sammeln und vor allem auch die Spieler kennen lernen, gegen die sie bei der WM dann spielen müssen. Das sind dann keine Fremden mehr die man nur aus dem Fernsehen oder von CL-Partien kennt, sondern das sind alles Spieler die man mal bespielt und vielleicht auch schonmal auf Vereinsebene besiegt hat. Das macht einen gewaltigen psychologischen Unterschied. Also auch hier der entscheidende Faktor, dass die Spieler eben NICHT mehr in deutschen Vereinen spielen, sondern auf internationaler Ebene (Spanien, England) Erfahrungen gesammelt haben. Also auch hier hat das mit "UNS" eher weniger zu tun, als damit dass die Spieler gerade nicht hier bei "UNS" in Deutschland spielen.