Was passierte mit Flug MH370 von Malaysia Airlines? Das Schicksal der Maschine wird immer rätselhafter, im Netz grassieren Verschwörungstheorien. Zwei Australierinnen erheben nun schwere Vorwürfe gegen den Copiloten.
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Zwei Touristinnen haben in Australien skandalöse Geschichten über den Copiloten des verschwundenen Malaysia Airlines-Flugzeugs erzählt. Der 27-Jährige habe mit ihnen bei einer früheren Gelegenheit während des ganzen Flugs, inklusive Start und Landung, im Cockpit herumgealbert und dort auch geraucht, hieß es in Medienberichten. Beides ist streng verboten.
„Wir sind schockiert“, teilte die Fluggesellschaft am Mittwoch mit. Die Vorwürfe würden sehr ernst genommen, hätten aber noch nicht überprüft werden können. Der 27-Jährige saß zusammen mit einem sehr erfahrenen Piloten im Cockpit von Flug MH370, der seit Samstag spurlos verschwunden ist.
An Bord waren 239 Menschen.
Was tatsächlich mit der Maschine von Malaysia Airlines geschehen ist, darüber werden im Internet die wildesten Spekulationen und Verschwörungstheorien verbreitet. Die Boeing 777 sei möglicherweise von einem Meteoriten getroffen worden, heißt es da, oder zu einem stillgelegten Flughafen entführt worden. Auch ein irrtümlicher Abschuss durch Militärs wird hier nicht ausgeschlossen – 1988 hatte ein US-Kriegsschiff im Persischen Golf tatsächlich versehentlich einen iranischen Airbus mit einer Rakete zerstört.
Warum wird erst jetzt bekannt, dass die Maschine zur Straße von Malakka flog, wo Piraten ihr Unwesen treiben?
Inzwischen scheinen die Ermittler indessen ernsthafte Hinweise dafür zu haben, dass die Boeing 777 nach ihrem Verschwinden von den Radarschirmen gewendet hat und in niedriger Flughöhe in Ost-West-Richtung bis zur Straße von Malakka geflogen ist. Zeugen berichteten der örtlichen Polizei in Kota Bharu an der Ostküste, dass sie die Lichter einer tief fliegenden Maschine gesehen hätten.
Malaysische Medien zitieren den Luftwaffenchef, General Rodzali Daus, wonach die Luftraumüberwachung des Militärflugplatzes Butterworth auf dem militärischen Radar beobachtet hat, wie die Boeing das Festland überquerte. Sie sei zuletzt rund 70 Minuten nach dem offiziellen Verschwinden nahe der Insel Pulau Perak lokalisiert worden, die in der Straße von Malakka etwa auf halber Strecke zwischen Malaysia und dem indonesischen Sumatra liegt. Die Straße von Malakka ist eine stark befahrene Schifffahrtsroute, die wegen verbreiteter Piraterie umfassend überwacht wird. In Pilotenforen im Internet wird darüber spekuliert, dass die malaysischen Behörden nicht alle ihnen vorliegenden Erkenntnisse über den Flug MH370 publik machen. „Was genau wissen die Malaysier“ fragt dort ein Teilnehmer. Unweit südlich von Kota Bharu befindet sich die Luftwaffenbasis Gong Kedak, wo die elfte Staffel der Royal Malaysian Air Force mit russischen Su-30-Kampfflugzeugen stationiert ist.
Die Passagiere mit gestohlenen Pässen waren keine Terroristen
Bei den beiden Passagieren mit gestohlenen Pässen handelt es sich um die Iraner Pouri Nour Mohammadi, (19) und Delavar Seyed Mohammadreza (30). Beide waren mit ihren richtigen Pässen aus dem arabischen Doha (Katar) kommend nach Malaysia eingereist und mit den in Thailand gestohlenen Pässen eines Italieners und eines Österreichers an Bord des Malaysia Airlines-Fluges nach Peking gegangen. Von dort aus wollten sie weiter über Amsterdam nach Frankfurt und Kopenhagen reisen, offenbar um dort Asyl zu beantragen. Ein terroristischer Hintergrund liegt bei den beiden offensichtlich nicht vor. Die Tickets waren über einen Mittelsmann im thailändischen Pattaya bei China Southwest gebucht worden, die den Peking-Flug unter gemeinsamer Flugnummer mit Malaysia Airlines anbieten. Der Reisebürokunde hatte die jeweils preiswerteste Verbindung unabhängig von der Fluggesellschaft verlangt.
Malaysian Airlines hat inzwischen erste Angaben korrigiert, wonach fünf eingecheckte Passagiere nicht an Bord des Fluges MH 370 gegangen waren und deren Gepäck daraufhin wieder ausgeladen worden war. Tatsächlich seien vier Fluggäste nicht erschienen und auch keine unbegleiteten Koffer an Bord gelangt.
Ertönten wirklich Freizeichen bei den Mobiltelefonen?
Völlig rätselhaft bleiben Berichte, wonach bei Anrufen auf die Mobiltelefone von Passagieren und Crewmitgliedern ein Freizeichen zu hören war. Während des Fluges dürfen Handys normalerweise nur im „Flight Modus“ betrieben werden. Dann springt bei Anrufen – falls aktiviert – sofort die Mailbox an oder die Anrufer erhalten eine Ansage, dass das Telefon nicht erreichbar ist, sagt Julika Witte vom Informationszentrum Mobilfunk. Bei einem plötzlichen Absturz wäre kaum Zeit geblieben, die Telefone zu aktivieren. Wenn die Meldung richtig sein sollte, dass ein Freizeichen ertönte, hieße das, dass die Handys aktiviert wurden und die Empfänger noch lebten. Die Telekom teilte auf Anfrage mit, sie habe bei Anrufen kein Freizeichen gehört.
Die Boeing 777-200 ist mit dem ACARS-System ausgestattet, das bei Störungen von Bordsystemen automatisch Fehlermeldungen via Satellit an die Airline übermittelt. Vom Flug MH370 hat es weder solche Meldungen noch Notrufe gegeben. Zu den Spekulationen zählt auch eine Fehleinstellung des Kabinendrucks. Ist dieser zu niedrig, wird die Luft an Bord dünn. 2005 hatten die Piloten einer Boeing 737 der griechischen Helios Airways auf dem Flug von Larnaca nach Prag deshalb das Bewusstsein verloren. Die Maschine flog noch automatisch in die Warteschleife des Athener Flughafens ein und stürzte dann wegen Treibstoffmangels ab, alle 121 Menschen an Bord kamen ums Leben.
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/malaysia-airlines-schwere-vorwuerfe-gegen-copiloten-der-verschwundenen-boeing/9602564.html